Bad Salzuflen. Es wird ein großes Stühlesuchen: Wenn am Mittwoch, 5. November, um 17 Uhr der neue Salzufler Stadtrat zu seiner konstituierenden Sitzung in der Konzerthalle zusammenkommt, werden 70 Ratsmitglieder ihre Plätze einnehmen. Zusammen mit dem Bürgermeister kommt die kommunale Vertretung auf 71 stimmberechtigte Mitglieder. Rekord in der jüngeren Geschichte der Stadt Bad Salzuflen (und vielleicht auch in der gesamten Historie). Zum Vergleich: Bisher zählt der Stadtrat 63 Mitglieder (inklusive Stadtoberhaupt). Laut Gemeindeordnung sollte das Gremium „nur“ 48 Sitze (ohne Bürgermeister) zählen. Der Hintergrund: Die CDU hat am Sonntag 22 von 24 Salzufler Wahlbezirken direkt gewonnen. Die übrigen zwei gingen an die SPD. Würde der Rat bei 48 Sitzen (ohne Bürgermeister) bleiben, hätte die CDU fast die Hälfte der Plätze besetzt. Das passt allerdings nicht zu ihrem Ergebnis von gut 31 Prozent. Elf Neulinge siegen direkt Um dieses Missverhältnis auszugleichen, werden sogenannte „Überhangmandate“ über die Reservelisten verteilt. In der Folge hatte bereits der alte Rat ein Plus von 14 Sitzen, der neue wird eines von 22 haben. Die Zahl der Fraktionen bleibt hingegen konstant bei sieben. Die Freien Wähler (künftig nur ein Sitz) haben diesen Status verloren, „Die Linke“ (vier Sitze) hat ihn dazugewonnen. Dass die CDU so viele Direktmandate gewonnen hat, ist auf der Wahl-Party der Union am Sonntagabend in der Diskothek Glashaus groß gefeiert worden. Stadtverbandsvorsitzender Jan Gentemann rief jeden einzelnen Direktkandidaten auf die Bühne, nannte sein Ergebnis, und Applaus brandete auf. 11 der 22 CDU-Sieger vom Sonntag traten übrigens das erste Mal für ein Ratsmandat an. Ansonsten ist Gentemann zufrieden, dass die Union ihr Ergebnis von 2020 fast halten konnte und weiter stärkste Fraktion im Rat ist. Ganz anders sieht es beim ehemaligen Koalitionspartner, den Grünen, aus. „Wir sind natürlich ein Stück weit enttäuscht und hatten mit mehr gerechnet“, sagt Fraktionsvorsitzende Wiebke Kopsieker. Die Grünen verlieren im neuen Rat vier Sitze und sind nur noch mit acht Mitgliedern vertreten. Welche Koalitions-Möglichkeit sieht sie in der neuen Wahlperiode? „Da scheint mit eine Zusammenarbeit von CDU und SPD die einzige realistische Option zu sein“, so Kopsieker. SPD-Stadtverbandsvorsitzender Robin Meier hatte sich noch am Wahlabend froh darüber gezeigt, dass die Sozialdemokraten wie 2020 zwei Wahlbezirke direkt holen konnten. Auf die Frage, ob die SPD in Gespräche mit der CDU für eine Zusammenarbeit einsteigen würde, hatte Meier noch zurückhaltend und mit Verweis auf eine Vorstandssitzung reagiert. Für Gespräche sollten Demokraten aber immer offen sein, sagte Meier allerdings auch. „Die Linke“ will „nerven“ Kim Neef, Bürgermeisterkandidatin der Linken, zeigt sich überwältigt von ihrem persönlichen Ergebnis. Sie hat knapp 26 Prozent der Stimmen erreicht. Mit so einem großen Zuspruch habe sie nicht gerechnet. Auch mit den Stimmen für ihre Partei (5,38 Prozent) ist sie zufrieden, von dem starken Zugewinn der AfD sei sie aber geschockt. Neef kündigt an, dass sie die Linken-Fraktion führen werde. Mit den künftig vier Sitzen wolle die Linke im Rat „nerven“, wie sie sagt. „Wir wollen Bad Salzuflen sozialer machen.“ Sabine Reinknecht, Fraktionsvorsitzende der AfD, ist begeistert von dem starken Ergebnis der Partei, die 19,02 Prozent erreichte und nun mit 13 statt bisher zwei Sitzen im Rat vertreten sein wird. „Das ist überwältigend. Wir werden nun erst richtig Gas geben“, kündigt sie an. „Wir haben eine starke Mannschaft und sind gekommen, um zu bleiben.“ Zwar gehe sie davon aus, dass die Brandmauer von Tolkemitt und Union gegenüber der AfD Bestand haben werde. „Aber wir grenzen niemanden aus und sind grundsätzlich zu Gesprächen bereit. Wenn uns ein Antrag vernünftig erscheint, werden wir wie in der Vergangenheit zustimmen.“ Mit blauem Auge davongekommen Die „Unabhängigen Salzufler Demokraten“ (USD) konnten ihre Ratsmandate von zwei auf vier verdoppeln. Die Partei, die sich erst in der Ratsperiode aus Abtrünnigen der CDU-Fraktion zusammenfand, holte 5,07 Prozent der Stimmen. „Wir sind zufrieden“, sagt Fraktionsvorsitzende Heike Görder. Inwieweit die Fraktion, die den neuen und alten Amtsinhaber Dirk Tolkemitt (CDU) bisher im Großen und Ganzen unterstützt hatte, dies auch weiterhin tue, werde sich zeigen. „Das werden wir alles besprechen“, so Görder. Die FDP hat gegenüber dem alten Rat einen Sitz verloren und kommt nunmehr auf drei Mitglieder. „Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Fraktionsvorsitzende Regina Perunovic dazu, da die Liberalen ihren Fraktionsstatus erhalten konnten. Die FDP in Bad Salzuflen habe ein Stück weit das ausbaden dürfen, „was in Berlin versaubeutelt worden ist“, sagt Perunovic. Ihre Fraktion wolle weiter wichtige Impulse für die Stadt geben - wie beispielsweise zuletzt den Anstoß zum Nachtflohmarkt. Sohn rückt nach Eine besondere Situation ergibt sich für die Freien Wähler. Für sie gibt der Dienstleister „OWL-IT“ Monika Prüßner-Claus als Einzelratsmitglied aus. Die ehemalige Fraktionsvorsitzende ist allerdings im Sommer plötzlich verstorben (wir berichteten). Da hatte der Wahlausschuss allerdings bereits getagt, deswegen taucht ihr Name jetzt weiter in den offiziellen Listen auf. „Für sie wird automatisch ihr Sohn Oliver Claus als Ersatzbewerber in den Rat nachrücken“, sagt die städtische Wahlleiterin und 1. Beigeordnete Melanie Koring. Der parteiunabhängige Direktkandidat Dr. Johann Malcher, der fünf Jahre für den Wahlbezirk „Schötmar 2/Ehrsen Breden 1“ im Rat saß, hat dieses Mal dort nur 16,3 Prozent (Bad Salzuflen gesamt: 0,63 Prozent) erreicht und wird nicht mehr im Rat vertreten sein. Bei den Kommunalwahlen 2020 hatte Malcher in dem Wahlbezirk noch knapp 29 Prozent der Stimmen bekommen und damit das Direktmandat gewonnen. Er zeigt sich enttäuscht über das aktuelle Ergebnis: „Offenbar spielt es für viele Wähler keine große Rolle, was im Rat tatsächlich geleistet wird. Vor allem das Ergebnis der AfD ist erschreckend.“ Er kündigt an, sich nun auf berufliche und persönliche Projekte zu konzentrieren. Eine spätere Rückkehr in die Kommunalpolitik schließt er zunächst aus.