Kreis Herford/Bad Salzuflen. „Nachrufe“ wie in den vergangenen Tagen auf die Hochgeschwindigkeitsstrecke „Hannover-Bielefeld“ sind womöglich verfrüht. Die Deutsche Bahn hält an ihrem „Gesamtprogramm für die Eisenbahninfrastruktur“ fest. Das bekräftigt ein Bahnsprecher für das Projekt der neuen ICE-Trasse „Hannover-Bielefeld“ auf Nachfrage. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler hatte zuvor mitgeteilt, das Neubauprojekt sei „endgültig gestorben“.
Hintergrund der unklaren Zukunftsaussichten für die ICE-Trasse quer durch OWL ist die Verabschiedung des Verkehrsetats der Bundesregierung. Demnach stellt der Bund der Bahn derzeit weitaus weniger Geld zur Verfügung als geplant. Allerdings bekommt die Bahn trotzdem einen Haufen Geld für die Instandsetzung der bestehenden Trassen. Bis 2030 will Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) 40 Hochleistungskorridore im Eisenbahnnetz sanieren.
Nach Angaben von Frank Schäffler gehört der Abschnitt Minden-Wunstorf dazu. Bis 2027, so der FDP-Abgeordnete und OWL-Chef, stecke der Bund 69 Milliarden Euro in die „Kernsanierung der Bahn“. Es sei „gut und richtig“, dass sich der Bund „auf das Machbare“ konzentriere, so Schäffler. Das milliardenschwere Neubauprojekt „Hannover-Bielefeld“ sei dagegen nicht finanzierbar, so Schäffler am vergangenen Dienstag. Er bezog sich damit auf eine Erklärung von Verkehrsminister Wissing im Bundestag, wonach die Sanierung des Kernnetzes der Bahn „Priorität vor dem Neubau“ habe.
45 Milliarden bis 2027
Bereits am Montag vergangener Woche hatte eine Konzernsprecherin der Deutschen Bahn allerdings erklärt, dass die Bahn „unverändert an ihren Aus- und Neubauprojekten“ festhalte. Bahn-Infrastrukturvorstand Berthold Huber wird darin mit dem Satz zitiert: „Wir stehen zu unserer Strategie der ,starken Schiene’ und damit auch zu unseren Aus- und Neubauprojekten.“ Die Bahn habe dringenden Finanzierungsbedarf für die Infrastruktur auf 45 Milliarden Euro bis 2027 beziffert, heißt es in der Pressemitteilung.
Etwas weiter im Text gesteht der Bahnvorstand allerdings die Geldnöte ein: „Aktuell ist dieser Mehrbedarf noch nicht vollständig gedeckt und mit Mitteln hinterlegt. Um Lösungen für die Schließung der Finanzierungslücke zu erarbeiten, stehen Bund und DB in intensiven Gesprächen.“ Offenbar hofft der Konzern, dass die Haushaltslage sich im nächsten Jahr wieder bessert – und damit auch wieder mehr Geld fließt.
Das Projekt „Hannover-Bielefeld“ ist eines der Aus- und Neubauprojekte, das zahlreiche Planungsingenieure vorantreiben, um die wichtigsten Großstädte Deutschlands in einem Taktsystem miteinander zu verbinden. Dieser Deutschlandtakt ist die Blaupause für die Planer.
Bundestagsabgeordneter erneuert Kritik
Ein für das OWL-Projekt zuständiger Bahnsprecher widersprach dem FDP-Abgeordneten Schäffler jedoch mit Verweis auf die Aussagen des Bahnvorstands Berthold Huber. Der Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler mit Wurzeln in Bad Salzuflen erneuerte darauf jedoch seine Kritik und erklärte, die Deutsche Bahn vermittele einen „falschen Eindruck zur möglichen Neubaustrecke“. Wie der Streit ausgeht, ist offen. Das Verkehrsministerium äußerte sich zunächst auf Anfrage nicht dazu.
Das Projektteam „Hannover-Bielefeld“ will noch in diesem Winter konkrete Trassenpläne für die Region vorlegen. Kritiker werfen dem Verkehrsministerium in Berlin seit langem vor, es habe den Auftrag so formuliert, dass nur eine Neubaustrecke die Vorgaben erfülle. Demnach liefen die Planungen der Bahn zwangsläufig auf den Bau neuer Hochgeschwindigkeitsgleise quer durch OWL abseits der bestehenden Eisenbahnschienen und möglicherweise parallel zur A 2 auf Bad Salzufler Gebiet hinaus.
Wann die Bahn ihre Entwürfe für eine konkrete Trassenführung vorlegt, ist weiter offen. Seit Monaten wird der Termin mit Spannung erwartet. Ein Bahnsprecher des Projekts bekräftigte auf Nachfrage: „Wir planen weiter.“ Das Projektteam hätte die Präsentation der Trassenvorschläge weiterhin fest im Visier: „Wir möchten das machen, aber wir haben noch keinen Termin.“ Zuletzt hatte sich ein Gutachterbüro der möglichen Folgen eines Tunnelbaus durch den Obernberg für die Bad Salzufler Heilquellen angenommen.