Seit 20 Jahren eine Institution: Bad Salzuflens Busbegleiter sorgen für mehr Sicherheit

Bad Salzuflen. Wenn Kerstin Hasenjäger in ihren 13 Jahren als Busbegleiterin in Bad Salzuflen nebenbei eine Zusatzkompetenz erworben hat, dann ist es die: Sie ist Expertin für Rollatoren aller Art. &bdquo;Diese hier sind super, die lassen sich leicht zusammenklappen“, sagt sie und zeigt im Stadtbus nach Elkenbrede auf eines der rollenden Hilfsmittel, mit denen sie tagtäglich zu tun hat. &bdquo;Am schlimmsten sind die von der AOK - widerspenstige Dinger!“

Hasenjäger winkt ab und lacht. Die humorvolle große Frau mit den kurzen Haaren ist in Bad Salzuflens Bussen bekannt wie ein bunter Hund. Selbst Jugendliche, denen nicht immer das beste Benehmen nachgesagt wird, grüßen sie freundlich, verabschieden sich beim Aussteigen.

Das ist es wohl, was die Busbegleiter ausmacht: Sie helfen nicht nur beim Ein- und Aussteigen und geben Tipps zu Fahrplan, Sehenswürdigkeiten oder Cafés. Sie verändern die Stimmung in einem Bus. Sie sorgen durch ihre Anwesenheit dafür, dass aus einer anonymen Zweckgemeinschaft für ein paar Stationen eher eine Gruppe wird. Zumindest wirkt es so, wenn man Hasenjäger und ihrem Team über die Schulter schaut.

&bdquo;Etwas wacklig auf den Beinen“ Ein Pläuschchen hier, eine Grußformel dort: &bdquo;Auch der soziale Aspekt ist nicht zu verachten“, sagt Maureen Wiele. Sie ist Sozialpädagogin beim Verein Arbeit-Werkstatt-Bildung - kurz &bdquo;awb“ - und für das Projekt der Busbegleiter verantwortlich. Zusammen mit den Stadtwerken Bad Salzuflen hat der Verein die Idee vor 20 Jahren in die Tat umgesetzt. &bdquo;Gemeinsam stellen wir hier etwas Tolles auf die Beine“, sagt Wiele.

&bdquo;Eine ganz hervorragende Kooperation“, findet auch Natalya Stepanenko, bei den Stadtwerken zuständig für Mobilität. Menschen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt ihre Schwierigkeiten hatten, fassen als Busbegleiter wieder beruflich Fuß. Und die Stadtwerke profitieren davon, dass Menschen den öffentlichen Nahverkehr wählen, die es sich sonst vielleicht nicht mehr zutrauen würden.

&bdquo;Manche sind schon etwas wacklig auf den Beinen“, erklärt der erfahrene Profi Hasenjäger, worauf sie bei &bdquo;ihren“ Busgästen achtet. Sie scannt schon bei der Anfahrt zu einer Haltestelle, wer dort wartet und Hilfe brauchen könnte, auch mit dem &bdquo;Hackenporsche“ oder Einkaufstüten. Bis zu acht Rollator-Nutzer hat sie schon auf einmal betreut - und man sieht ihren routinierten Griffen sofort an, dass sie seit 2012 schon Hunderte von Seniorinnen und Senioren unterstützt hat.

&bdquo;Das ist wichtig“, sagt die Seniorin, deren Rollator Hasenjäger soeben für die kurze Fahrt geparkt hat. &bdquo;Hier wird mir immer geholfen.“ Schon an der nächsten Haltestelle wartet ein älterer Herr, und auch sein Rollator wird verstaut. Es geht um Sicherheit: Faktische - etwa dadurch, dass die Hilfsmittel gesichert werden und nicht durch den Bus rollen - , und auch gefühlte, etwa durch die Hand an der Schulter beim Aussteigen.

Lohnt sich das? Stadtwerke-Mitarbeiterin Natalya Stepanenko ist davon überzeugt, dass die Busbegleiter mit ihrem menschlichen Service dafür sorgen, dass viele sich im Stadtbus wohler fühlten. &bdquo;Viele Senioren müssten sonst auf dem Weg in die Stadt das Taxi nehmen“, meint sie. Zudem ergebe das Projekt auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn. &bdquo;Ich glaube, dass es sich tatsächlich rentiert.“ Gerade in einer Stadt wie Bad Salzuflen mit überdurchschnittlich vielen älteren Bewohnern. So lag der Anteil der über 65-Jährigen im Jahr 2022 bei 25,6 Prozent, womit die Stadt z u den Kommunen mit dem höchsten Seniorenanteil in Nordrhein-Westfalen gehört. D er prozentuale Anteil der über 80-Jährigen ist mit rund 9,3Prozent lippische Spitze.

Gut möglich also, dass auch andere Kommunen durch den demografischen Wandel auf den Dreh mit den Busbegleitern kommen werden. Aktuell gibt es deutschlandweit kaum Vergleichbares. Zwar gibt es Busbegleiter im Bereich der Schülerbeförderung, doch mit Fokus auf Senioren? Da ist Bad Salzuflen Vorreiter.

Beleidigungen gehören dazu Vier Frauen und sieben Männer umfasst das Team derzeit, ein Platz ist vakant. Bewerber kommen über das Jobcenter zum awb, erklärt Maureen Wiele. Manche würden explizit nach einer Vermittlung in das Projekt fragen, andere werden eher zu ihnen geschickt. Es folgen Gespräche, und auch die Einschätzung von Kerstin Hasenjäger, die als Anleiterin fungiert, ist wichtig. Sie schaut bei einer ersten &bdquo;Testfahrt“, ob der Bewerber passen könnte. Freundlichkeit sieht sie hier ganz oben auf der Liste, und auch eine gewisse Offenheit. &bdquo;Man muss das Eis mit den Fahrgästen ja erst mal brechen.“

Ausgestattet mit den roten und gelben Westen, stehen die Busbegleiter manchmal auch ungewollt im Fokus, etwa wenn sie beleidigt oder angepöbelt werden. Ja, das komme gar nicht so selten vor, bestätigt Hasenjäger. Und je nach Tagesform, meint Maureen Wiele, könne das die Betroffenen auch ziemlich umhauen. &bdquo;Manche lassen ihre schlechte Laune oder generelle Unzufriedenheit an unseren Busbegleitern aus“, bedauert sie. Hasenjäger ist es gewöhnt, und dennoch: &bdquo;Manchmal nehme ich das dann abends mit ins Bett.“

Wenn es Beschwerden gegenüber Teammitgliedern seitens der Fahrgäste gebe, werde denen selbstverständlich nachgegangen. In den vergangenen drei Jahren sei dies zwei Mal der Fall gewesen. Stadtwerke und awb prüften die Vorwürfe. Doch sie seien haltlos gewesen.

&bdquo;Wo waren Sie letzte Woche?“ Generell empfinden die Busbegleiter den Umgang jedoch als wertschätzend. &bdquo;Wenn man mal ein paar Tage nicht da war, wird man gefragt, ob man krank gewesen und jetzt wieder fit ist“, gibt Hasenjäger ein Beispiel. Gerade die Kurgäste seien oft sehr dankbar für Hilfestellung und Tipps zur Salzestadt. Wie man wo mit dem Bus hinkommt oder welches Einkaufszentrum sich lohnt - auch solche Hinweise gehören zum Repertoire. Wenn jemand verloren wirke, setze sie sich auch schon mal auf einen Smalltalk daneben. &bdquo;Dann quatschen wir ein bisschen. Ich habe ein Ohr für die Leute“, sagt Hasenjäger.

Maureen Wiele ist selbst erst vor Kurzem nach Bad Salzuflen gezogen. Die Präsenz der Busbegleiter im Stadtbild sei ihr schnell aufgefallen, und auch mit dem Verein awb, der noch viele weitere Projekte wie das Repaircafé, den Bootsverleih oder den Sozialen Mittagstisch betreut, verbänden die meisten diesen Service. Ein Ende ist trotz des Aufwands, den die Busbegleitung mit immer neuen Dienstplänen und wöchentlichen Besprechungen bedeute, nicht in Sicht. Im Gegenteil: Die Verantwortlichen würden sich freuen, wenn andere Kommunen in Ostwestfalen nachzögen.

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