500 Jahre altes Denkmal: Stadt will Abriss, Landschaftsverband hält dagegen

Barntrup-Alverdissen. Der Barntruper Ortsteil Alverdissen weist mit 14 Baudenkmalen die im Verhältnis zur Einwohnerzahl höchste Anzahl an denkmalgeschützten Gebäuden in Barntrup auf. Insbesondere in der Hinteren Straßen sind einige schmucke Exemplare zu finden. Ein Fachwerkhaus jedoch ist seit Jahrzehnten ein trauriger Anblick und ein Zankapfel zwischen der Stadt als Unterer Denkmalbehörde und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) als Oberer Denkmalbehörde. Es ist das Haus Hintere Straße 4.

Bald hat sich die Natur das denkmalgeschützte Fachwerkhaus zurückerobert. Der Hopfen rankt durch notdürftig mit Platten verschlossene Fenster und eingeschlagenen Türscheiben. Seit Jahrzehnten steht das Haus leer.

Längst eine "Rattenburg" geworden Einstmals beherbergte es einen bekannten Sohn des Ortes: den Komponisten und Dirigenten Ludwig Deppe. Heute ist es eine &bdquo;Rattenburg“, die nach dem Willen der Stadt längst abgerissen gehört. Vor drei Jahren bereits sprach sich der Planungsausschuss entsprechend aus. Seitdem sei man, so die Verwaltung, im Gespräch mit dem LWL, der das Gebäude trotz in der Vergangenheit begangener Bausünden aber nicht aus der Denkmalliste streichen will. Eine verfahrene Situation.

Im Jahr 2019 bereits erfolgte eine Ortsbegehung in Alverdissen, im Zuge derer der Planungsausschuss auch das denkmalgeschützte Fachwerkhaus in der Hinteren Straße in Augenschein nahm. Bereits damals wies es erhebliche &bdquo;Bausünden“ auf. Die Fachwerkbalken an der Straßenseite waren im unteren Bereich entfernt ebenso wie die alte Deelentür. Stattdessen wurden überdimensionale Kunststoff-Fenster eingebaut und eine Kalksandsteinwand hochgezogen. Ob diese fragwürdigen &bdquo;Erhaltungsmaßnahmen“ von der Stadt genehmigt wurden, ist unklar. In der vergangenen Woche gab es auf eine entsprechende LZ-Anfrage keine Aussage seitens der Verwaltung. Zumindest aber wurden die Veränderungen an der Hausfassade ganz offensichtlich geduldet.

Hängepartie &bdquo;Wir waren uns damals jedenfalls einig, dass eine Renovierung wirtschaftlich nicht sinnvoll und daher ein Abriss anzustreben ist“, erinnert sich Jobst-Dieter Rodewald-Tölle, Vorsitzender im Planungsausschuss. Seitdem sei man im Gespräch mit dem Landeskonservator, der allerdings die Abrissgenehmigung kassierte. Begründung: &bdquo;eine Benehmens-Herstellung“ sei nicht erstellt, was aus dem &bdquo;Beamten-Deutsch“ übersetzt so viel heißt wie: der LWL als Obere Denkmalbehörde war nicht korrekt eingebunden worden.

LWL-Pressesprecher Frank Tafertshofer sieht die Verantwortung für die Hängepartie bei der Stadtverwaltung. Gegenüber der LZ erklärte er: &bdquo;Die Kommune ist der Dreh- und Angelpunkt. Eine Abbruchgenehmigung durch die Stadt liegt vor. Es braucht aber gewisse Voraussetzungen, wenn ein Denkmal abgebrochen werden soll. Entscheidend ist die Wirtschaftlichkeitsberechnung. Es muss dargelegt werden, dass es dem Besitzer nicht mehr zumutbar ist, das Gebäude zu erhalten. In diesem Fall haben die Unterlagen nicht ausgereicht“. Die Begründung in der Denkmal-Akte liest sich entsprechend: &bdquo;An der Erhaltung und Nutzung besteht deshalb aus orts-, sozial- und baugeschichtlichen Gründen, volkskundlich-hauskundlichen sowie städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse.“

Hohe Deele mit Wendeltreppe und Galerie Das Haus Hintere Straße 4 wurde im 17. Jahrhundert erbaut. Wer durch die blinden Fensterscheiben schaut, kann noch schemenhaft erkennen, was die Denkmal-Akte des LWL so beschreibt: &bdquo;Im Inneren befindet sich eine hohe Deele mit einer wohl barocken Wendeltreppe und einer Galerie, von der die Wohnräume abgehen, sowie noch vereinzelte bauzeitliche Zimmertüren“. Dieses Haus beherbergte einst den bekannten Komponisten und Dirigenten Ludwig Deppe. &bdquo;Es ist sein Geburtshaus“, weiß Ernst Werpup, ehemaliger Vorsitzender des Bürger- und Verkehrsvereins, der mit dem Haus auch persönliche Erinnerungen verbindet.

Einstmals wohnte hier ein Wehrmann, Milchlieferant für Alverdissen. &bdquo;Da habe ich als Zwölfjähriger oftmals einen Achtel Liter Sahne geholt“, so Werpup. Rund 70 Jahre, schätzt Werpup, sei das her. Der eine Sohn habe im Hause noch mehr &bdquo;campiert“ als gewohnt. Danach sei das Haus &bdquo;durch viele Hände gegangen“. In die Denkmalliste wurde es im April 1994 eingetragen. Ob der seinerzeitige Besitzer öffentliche Mittel zum Erhalt des Gebäudes erhielt – auch dazu lag bis Redaktionsschluss kein Kommentar der Stadt vor.

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