Blomberg-Siebenhöfen. Auf den ersten Blick recht unscheinbar steht das Wohnmobil neben dem Wilbaser-Markt-Gelände. Schon Freitagnachmittag werden hier die Besuchermassen vorbeiziehen, doch bisher ging es hier ums Lernen. „Schulmobil der Bezirksregierung Detmold" prangt in großen Buchstaben an der Seite des Wagens – der Name ist Programm.
Im Wohnmobil stehen sechs Arbeitsplätze bereit. Die Stühle erinnern mit ihren roten Rahmen und Holzlehnen sofort an Schule. Draußen sitzen der siebenjährige Fredi und sein Kumpel Paul auf einer Bierzeltgarnitur. Sie bauen mit Holzklötzen Kirchen und Rundbögen, während sich ihre Schwestern Josephine und Gina mit Naturkunde beschäftigen. Sie kleben Bilder von Waldpilzen in ein Heft und beschriften sie als essbar oder giftig.
„Schule macht mir Spaß", sagt die zehnjährige Gina. Für die zwei Wochen, die ihre Reise hier pausiert, besuchen sie und die anderen Schaustellerkinder vormittags den Unterricht an Blomberger Schulen. Zwischen 14 und 17 Uhr geht es in das Wohnmobil. Hier werden die Hausaufgaben gemacht und Nachhilfe gegeben.
Es ist das erste Jahr, in dem die Bezirksregierung Detmold auf das Modell eines fahrenden Klassenzimmers setzt. „Das Wohnmobil gehört der Schule für Zirkuskinder in NRW. Die Bezirksregierung hat es zunächst für sechs Monate geliehen", sagt Ulrich Wassmann. Er ist Bereichslehrkraft für die Kreise Herford und Lippe.
Nach Angaben der Bezirksregierung leben in OWL zurzeit etwa 110 Jugendliche aus beruflich reisenden Familien. Während der Reisezeit werden sie in Stützpunktschulen unterrichtet. Dort besuchen sie am Vormittag den Unterricht in den Schulen vor Ort. Am Nachmittag werden sie durch Bereichslehrkräfte betreut. In der Regel zwischen November und Februar besuchen sie ihre Stammschulen. Dort absolvieren sie auch die nötigen Prüfungen zum Abschluss.
Bislang sei es üblich gewesen, dass Bereichslehrer die Schausteller-Kinder in den Wohnwagen ihrer Eltern besuchten. Doch der „Lehrer auf Hausbesuch" ist fürs Erste passé: Sieben Volksfeste in OWL werden im ersten Anlauf durch das Mobil unterstützt. Nach Wilbasen geht es im Herbst durch weitere Stationen in OWL und schließlich im November zur Andreasmesse in Detmold.
Ulrich Wassmann sieht einen großen Vorteil in dem Konzept des fahrenden Klassenzimmers: „Die Kinder können hier in Ruhe lernen, ohne dass laufend andere Dinge passieren." Dass das Projekt eine tolle Idee sei, meint auch Jennifer Lovati. Ihre beiden Töchter Josy und Angelina gehören ebenfalls zu der Gruppe, die am Nachmittagsunterricht teilnimmt. „Ich finde es richtig toll. So ist auch jemand da, der richtig auf die Kinder eingehen kann", sagt Jennifer Lovati. Ulrich Wassmann erklärt: „Die Bereichslehrer sind in der Regel schon seit einigen Jahren als Lehrer tätig und dadurch in der Lage, auch verschiedene Altersgruppen entsprechend gut betreuen zu können."
Vormittags besuchen die Kinder den normalen Schulunterricht im Ort. In den vergangenen zwei Wochen waren sie unter anderem in der Grundschule und der Sekundarschule Blomberg. Anschluss zu finden, fällt ihnen nicht schwer: „Die anderen Kinder sind nett zu uns", meint Fredi. Sobald es auf das Schuljahresende zugeht, müssen die Lehrer der Stützpunktschulen ihre Einschätzungen abgeben – schließlich müssen die Kinder ein Zeugnis bekommen.