Der Blomberger Rat startet ohne Koalition

Blomberg. Den Bürgermeister stellen die Sozialdemokraten zwar, immerhin hat ihr Kandidat Christoph Dolle sich bei der Stichwahl klar durchgesetzt. Doch werden sie in der kommenden Wahlperiode voraussichtlich um jede einzelne Entscheidung ringen müssen: Eine feste Koalition ist nicht in Sicht.

Die Blomberger Wähler haben der SPD 14 Sitze im Stadtrat beschert. Zehn Sitze haben die Christdemokraten, sechs die Grünen und zwei die Liberalen. Das schreit eigentlich nach einer rot-grünen Koalition, doch danach sieht es nicht aus. &bdquo;Die Frage ist zu früh gestellt", sagt der amtierende SPD-Fraktionschef Günther Borchard. &bdquo;Wir sind noch in Gesprächen, bis zur konstituierenden Ratssitzung am 11. November ist ja noch etwas Zeit." Allerdings: &bdquo;Wir befinden uns nicht in Koalitionsverhandlungen", betont er.

Die Sitzverteilung hätte eigentlich eine rot-grüne oder eine schwarz-rote Koalition nahegelegt. Doch daraus wird allem Anschein nach nichts, zwischen CDU und SPD gibt es inhaltlich zu viele Differenzen, als dass das klappen könnte. Und das Verhältnis der Sozialdemokraten zu den Grünen ist seit dem Eklat rund um den Geheimnisverrat des grünen Fraktionschefs Timo Broeker im Zusammenhang mit der Verleihung des Heimatpreises schwierig. Schlechte Voraussetzungen also für eine Zusammenarbeit, das sagt auch er selbst: &bdquo;Wir hätten eigentlich gern eine Koalitionsvereinbarung getroffen und zumindest einige Punkte festgelegt", sagt er. &bdquo;Doch ich gehe davon aus, dass es im Rat jetzt erst einmal wechselnde Mehrheiten geben wird. Wir werden ganz viel miteinander reden müssen."

So schätzt es auch CDU-Fraktionschef Friedrich-Wilhelm Meier ein: &bdquo;Wir werden um die Sachthemen ringen", sagt er, eine Koalition sei nicht in Sicht. Auch keine Jamaika-Koalition von CDU, Grünen und FDP: &bdquo;Dazu müssten wir auch den Bürgermeister stellen", betont Meier. Ansonsten würde es darauf hinauslaufen, dass die Koalition den Bürgermeister beispielsweise über die Finanzen an der kurzen Leine halten würde. Ein mühseliges Geschäft für alle und nichts, was irgendwer erstrebenswert finden würde. &bdquo;Im Grunde sind wir doch alle Hobbypolitiker. Das wäre nicht zu machen."

So sieht es auch FDP-Fraktionschef Hans-Adolf Albrecht. Er freut sich über die Perspektive, Entscheidungen künftig nicht im engen Korsett von Koalitionslinien, sondern ausschließlich bezogen auf Sachthemen zu fällen. &bdquo;Das hat aus unserer Sicht viel Charme."

Und was sagt der designierte Bürgermeister? – Bereits im Vorfeld der Wahl hatte Sozialdemokrat Christoph Dolle im Interview gesagt, dass er eine Ratsarbeit über Fraktionsgrenzen hinweg durchaus gutheißen würde (die LZ berichtete). Nun hat er mit allen Fraktionen ausführliche Einzelgespräche geführt. Er habe bei allen eine große Offenheit wahrgenommen und durchaus die Bereitschaft, über den eigenen Schatten zu springen. Das Ganze berge aus seiner Sicht auch Risiken, wenn es um unbequeme Entscheidungen in schwierigen Wassern ginge, beispielsweise in Zeiten nach der Pandemie. &bdquo;Denn auch dazu müssen sich Mehrheiten finden." Er sei aber optimistisch, dass das klappen könne. Und gerade weil er diese große Offenheit bei allen Fraktionen wahrgenommen habe, sieht er durchaus Chancen für die Zukunft im Blomberger Rat: &bdquo;Aus meiner Sicht ist da keine Tür geschlossen worden", selbst wenn keine feste Koalitionsvereinbarung dabei herausgekommen sei. Im Gegenteil: &bdquo;Ich glaube, jetzt kommt eine Zeit, in der das Vertrauen aller ineinander wachsen kann", sagte er.

Eine Chance für alle Ein Kommentar von Marianne Schwarzer

Natürlich kann dies den Sozialdemokraten nicht schmecken: Mit nur 14 Stimmen brauchen sie im Blomberger Rat Mitstreiter. Rein inhaltlich hätten sich da die Grünen angeboten. Doch nach den Verletzungen der vergangenen Monate, unter anderem rund um die Verleihung des Heimatpreises, ist es schwer, unvoreingenommen aufeinander zuzugehen: Zu tief mag die eine oder andere Wunde auf beiden Seiten sein.

Nun gilt es, aus der Not eine Tugend zu machen, und das kann heilsam für alle sein. Natürlich werden manche Beschlüsse mehr Abstimmung über Fraktionsgrenzen hinweg brauchen. Doch nun können alle Beteiligten noch mal bei Null anfangen und neues Vertrauen aufbauen. Vielleicht klappt das ja ganz gut und die Protagonisten merken, an welchen Punkten sie sich aufeinander verlassen können. Wechselnde Mehrheiten müssen kein Desaster sein, vorausgesetzt, dass alle nur das eine wollen: das Wohl der Stadt.

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