Detmold. Nachdem die Stelle der Schulleitung des Christian-Dietrich-Grabbe-Gymnasium eineinhalb Jahre lang vakant war und kommissarisch von Anja Vothknecht ausgefüllt worden war, hat die traditionsreiche Detmolder Schule seit Beginn des neuen Schuljahres wieder eine Direktorin: Daniela Faude. Im LZ-Interview spricht sie über ihre Ansichten und Pläne. Sie haben an vielen Schulen im Ausland gearbeitet. Warum jetzt das beschauliche Detmold, wenn Sie in Prag und Kopenhagen gelebt haben? Daniela Faude: Seit ich mich hier beworben habe, schwingt ein Gefühl mit, das ich auch schon im Ausland – vor allem in Mittelosteuropa – hatte: Ich habe mich in die Region verliebt. Als Biologin reizt sie mich landschaftlich und dazu kommt das vielfältige kulturelle Angebot der Stadt. Und gerade das Grabbe-Gymnasium ist durch seine unterschiedlichen Profilklassen sehr interessant, denen die Stadt auch entsprechende Möglichkeiten bietet. Detmold wird also nicht nur eine weitere vorübergehende Station? Sie planen, länger zu bleiben? Faude: Auf jeden Fall! Ich möchte in Detmold sesshaft werden. Wofür stehen Sie? Faude: Ich möchte, dass wir gemeinsam den Schüler in den Mittelpunkt nehmen. Er soll sich bilden können, um später in unserer diversifizierten Welt erfolgreich zu sein. Und das meine ich nicht monetär, sondern, dass er schaffen kann, was er sich vorgenommen hat. Meine Grundsätze sind: 1. Jeder Schüler hat Anrecht auf einen guten Unterricht. 2. Jeder Lehrer hat Anrecht auf einen guten Unterricht. 3. Wir respektieren einander. 4. Tue Gutes und rede davon. – In unserer Gesellschaft eine wichtige Eigenschaft, die die Schülerinnen und Schüler benötigen. 5. Was ich nicht mit eigenen Worten erklären kann, habe ich nicht verstanden. Diese fünf Dinge sind mir im Schulalltag wirklich wichtig. Das Grabbe-Gymnasium hatte mit Schulleitern wie Dr. Werner Broer, Walter Hunger und Werner Klapproth Direktoren, die Spuren hinterlassen haben. Auch die kommissarische Leitung Anja Vothknecht hat eine lange Geschichte mit der Schule. Ist es schwierig, nun von außen dazuzukommen? Faude: Ich maße mir nicht an, dass ich die großen Fußstapfen ausfüllen kann – auch wenn ich natürlich selbst gerne Spuren hinterlassen möchte. Vor Frau Vothknecht und Frau Niedermeyer kann ich nur den Hut ziehen. Ich bin für ihre Arbeit sehr dankbar. Durch die Zusammenarbeit im erweiterten Schulleiter-Team, der so genannte ES(e)L-Runde, bearbeiten wir alle wichtigen Themen gemeinsam. Eine moderne Schule lässt sich nur gemeinsam im Team leiten. Ich muss weder alles können noch alles machen. Und ich habe viel Erfahrung darin, mich in bestehende Teams einzuarbeiten. Wofür steht das Grabbe-Gymnasium? Faude: Ich sehe uns als Schule, die gemeinsam für den Schüler da ist. Diesen „Grabbe-Spirit" würde ich gerne beibehalten und weiter mit Leben füllen. Sich als Grabbianer zu fühlen, finde ich schön. Diese Art von „Corporate Identity" haben wir an den Auslandsschulen stark gelebt, weil wir sie brauchten. Diese Gemeinschaft ist mir wichtig. Und eine Schule muss es schaffen, dass Konzepte und Projekte nicht an einzelnen Personen hängen – und einschlafen, wenn diese die Schule verlassen. Das Grabbe-Gymnasium definiert sich stark über seine Profilklassen für Sport, Musik und Kunst. Einige sehen diese aber auch kritisch. Faude: Ja, der Schule ist es wirklich wichtig, dass diese Profile gelebt werden. Ich finde es spannend, dass sich alle Kinder hier ihren Neigungen entsprechend entfalten können. Mit der Qualitätsanalyse der Bezirksregierung haben wir die Chance zu sehen, wo wir stehen. Wichtig ist mir, dass Veränderungen nur völlig transparent und mit Akzeptanz aller Beteiligten erfolgen. Wie sieht die Situation bei den Fehlstunden aus? Angeblich fällt zu viel Unterricht aus. Faude: Ich habe noch keine Schule gesehen, die ein besseres Vertretungskonzept hat. Eigentlich fällt keine Stunde aus. In der Oberstufe erwarte ich allerdings von den Schülern, dass sie selbst erkennen, was sie tun müssen, um erfolgreich zu sein. Dafür haben wir ein tolles Selbstlernzentrum für eigenverantwortliches Arbeiten. Wie ist Ihrer Meinung nach die Ausstattung der Schule? Faude: Baulich ist die Schule in einem ordentlichen Zustand. Da habe ich schon schlechtere gesehen. Auch die Medienausstattung ist okay, obwohl sie selbstverständlich besser sein könnte. Sie muss moderner und zukunftsweisender werden. Ich brauche kein Hightech-Active-Board, was dann keiner bedienen kann, aber flächendeckend weiße Tafeln und WLAN-fähige Beamer. Und wenn ich da wirklich etwas zu entscheiden hätte, dann würde ich heute alle Schüler und Schülerinnen mit Tablets ausstatten auf denen die Bücher vorinstalliert sind. Aber das ist Zukunftsmusik. Zum Schluss noch ein Wort zu den Amok-Drohungen, bei denen das Grabbe-Gymnasium einen traurigen Spitzenplatz hält... Faude: Ja, das macht mir wirklich Sorgen. Ich bin hochtraurig, dass so ein schlimmes Thema von den Schülern so bagatellisiert wird. Ich war ja gerade im Schuldienst, als der Amoklauf in Erfurt passierte. Das hat mich das damals total umgehauen. Ich hoffe, dass unsere Schüler so schlau sind, zu erkennen, dass diese Drohungen ein sehr gefährlicher Akt sind. Eigentlich bin ich begeistert von unseren Schülern, aber diese Amok-Drohungen haben ich dabei auch immer im Hinterkopf. Sehr beeindruckt hat mich aber, dass die Schülerinnen und Schüler vor den Ferien in Eigenregie eine Demo gegen Amokdrohungen organisiert hatten.