Bastian Bielendorfer setzt seinem Vater in Detmold ein Denkmal

Detmold. Eigentlich müsste an dieser Stelle ein launiger Text über die jüngste Sitzung des lokalen Kaninchenzüchtervereins stehen, zumindest wenn es nach den mehrfach verbalisierten Vorstellungen von Comedian Bastian Bielendorfer geht. Zum Glück stand bei bekannten lippischen Rassekaninchenzüchtern am Freitagabend nichts besonderes an, stattdessen ging es zu Bielendorfers Auftritt in die ausverkaufte Detmolder Stadthalle. Etwa 500 Menschen ließen sich hier von "Mr. Boombasti" mitreißen. Schön, dass der Detmolder Stadtanzeiger, äh die LZ, auch dabei sein durfte.

Die ersten Lacher schallten durch die Sitzreihen, da stand der bekannte Podcaster und "Let's Dance"-Star noch nicht einmal auf der Bühne. Und genauso stimmungsvoll sollte der Abend bleiben. Besonders faszinierend: Bielendorfers Publikum lässt sich als wahrer Altersquerschnitt der Gesellschaft zusammenfassen - Bubbletea und Rheumakissen zu verteilen, wäre gleichermaßen angekommen. Und Bastian Bielendorfer verstand es direkt, das Detmolder Publikum da zu packen, wo es besonders anfällig ist: mit emotionaler Verbundenheit zur Heimat.

Das Ruhrpott-Kind mit Verbindung nach Detmold Mit viel Wohlwollen könnte man dem waschechten Gelsenkirchener nämlich eine echte Verbindung in die lippische Residenzstadt nachsagen, und das schätzt man hier besonders. Sein Vater habe vor Ewigkeiten mal ein Jahr in Detmold gewohnt, sagte der Comedian auf der Bühne, als er als junger Referendar um die Ecke in Lemgo arbeitete (am Marianne-Weber- nicht Schreiber-Gymnasium, da kennt das Publikum keinen Spaß). Dem Bielendorfer Senior habe es hier sehr gefallen... "Meinst du, die Menschen in Detmold erinnern sich noch an mich?", soll der pensionierte Lehrer seinen Sohn gefragt haben.

Wie könnte man den Mann vergessen (also wenn man ihn denn gekannt hätte), der quasi als unerschöpflicher Nährboden für einen großen Teil von Bastian Bielendorfers grotesker Alltagsbeobachtungen verantwortlich ist? Sein Leben als Lehrerkind, so herrlich vom Vater als stoischer "Wer wird Millionär?"-Telefonjoker vor 13 Jahren offenlegt, war quasi der Startschuss für Bielendorfers komödiantische Karriere. Seitdem wirken seine Geschichten ein bisschen wie eine Mischform aus Unterhaltung und liebgemeinter Traumatherapie.

Ein wenig kann man als Lokalzeitung dann froh sein, dass die Bielendorfers hier nicht sesshaft geworden sind. Schließlich ist der ehemalige Lehrer Robert Bielendorfer inzwischen ein gefürchteter Leserbriefschreiber, der selbst nicht davor zurückschreckt, einem überregional renommierten Nachrichtenmagazin aus Hamburg Grammatik- oder Rechtschreibfehler vorzuhalten. Wenn Bastian Bielendorfer auf der Bühne vom verzweifelten Redakteur mit der Kiste voller Leserbriefe ("Wir hassen Ihren Vater") berichtet, kann man die Verzweiflung unter Kolleginnen und Kollegen direkt nachfühlen.

Aber es sind nicht nur klischeebesetzte Kindheitserinnerungen, die Bielendorfer in seinem Repertoire hat. Es geht um Mobbing, ums Scheitern, ums Erwachsenwerden, um groteske Begegnungen durch seinen größer werdenden Bekanntheitsgrad - und ein bisschen auch darum, sein eigener Held zu sein. Bastian Bielendorfer, der groß gewachsene und schlaksige Typ von nebenan mit der lispelbedingten feuchten Aussprache (seine Worte, nicht meine), hat sein Livepublikum an diesem Abend fest im Griff und zieht es mit.

Publikum wird mitgezogen Da sitzen etwa Jenny und der mäßig begeisterungsfähige Markus in der ersten Reihe, deren wenig romantische Kennenlerngeschichte aus der Notaufnahme mit vielen Details zum eigenen Programmpunkt heranwächst, als müssten sie ihm jetzt auf Tour nachreisen und sich mit Comedian Özcan Cosar das Handschuhfach teilen (er wohnt darin, sagt Bielendorfer). Oder da wäre Saskia, die eigentlich Sina heißt, vierzehn Kinder hat (vielleicht waren es auch bloß drei) und von Bielendorfer aus der hintersten Ecke geholt und ganz vorne platziert wird. Nach der ersten Hälfte flüchtet sie aber lieber wieder nach hinen in den mutmaßlich trockeneren Teil der Halle.

Bis auf die feindliche Anwesenheit der von Bielendorfer direkt enttarnten juwelenklimpernden Bielefelder auf der Empore läuft der Abend durchweg harmonisch ab. An dieser Stelle besteht als Lokalzeitung vielleicht dennoch die Pflicht, eine Fehlinformation aus dem Publikum gerade zu rücken. Der Name Detmold geht nicht wirklich auf "die Mulde" zurück, auch wenn es sich das Leben hier vielleicht gelegentlich so anfühlt. Die Beobachtung zeigt allerdings vor allem eins: neben dem Comedian beweist an diesem Freitagabend auch das Publikum Humor.

Als Bielefendorfer ein T-Shirt an die Person mit der weitesten Anreise verschenken will, meldet sich auffällig selbstbewusst jemand aus dem vier Kilometer entfernten Ortsteil Remmighausen. Man wird jawohl noch Träumen dürfen. Am Ende macht Solingen das Rennen. Und bevor die Show dann wirklich zu Ende geht, kommt Bastian Bielendorfer noch mehrfach für eine Zugabe zurück auf die Bühne. Nach seinem Vater seien in Detmold ganze Straßenzüge benannt worden, lässt der Comedian seine Fans auf Instagram wissen. Und der Stimmung nach darf auch der Sohn gerne wiederkommen.

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