Im Detmolder Schloss wird es frostig: Künstlerin entführt die Betrachter in die Arktis

Detmold. Konzept- oder konkrete Kunst befasst sich - der Name sagt es schon - mit Konzepten oder konkreten Ideen. Swaantje Güntzel hat solche als Grundlage ihrer künstlerischen Arbeit, die sich im Spannungsfeld zwischen Mensch und Natur bewegt. In einem aktuellen Projekt geht es ihr um die Arktis. Resultate ihrer künstlerischen Forschungsreise sind vom 15. September bis 20. Oktober im Ausstellungsraum der Lippischen Gesellschaft für Kunst im Schloss Detmold zu sehen. Sonntag wird die Ausstellung eröffnet.

Swaantje Güntzel, geboren 1972 in Soest, lebt und arbeitet in Hamburg. Sie absolvierte ein Ethnologiestudium, danach folgte die Kunst. Sie wurde mit zahlreichen Stipendien und Preisen ausgezeichnet. 2022 wurde sie Artist in Science bei der European Space Agency in Darmstadt und ist seit Juli 2023 Research Fellow am Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit Helmholtz-Zentrum Potsdam. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen im In- und Ausland gezeigt. Im Fokus steht für sie die Analyse der Entfremdung des Menschen von der Natur. Sie beschäftigt sich seit fast 20 Jahren mit der radikalen Veränderung der Landschaft durch menschlichen Einfluss und den globalen Herausforderungen durch den anthropogenen Klimawandel.

Herausforderungen durch den Klimawandel Im Schloss Detmold wird sie ihre neuesten Werke zeigen, die während ihrer Zeit als Fellow am RIFS Potsdam entstanden sind, in denen sie sich mit der Wahrnehmung der Arktis und der Frage befasst, welche Bilder unsere Vorstellung von der Region prägen. Wie werden ökologische Realitäten in Bilder übersetzt und warum wird vielfach geglaubt, die Region sei unberührt?

Mit dem Thema &bdquo;Arktis“ hat sie sich auf vielfältige Weise beschäftigt. Ein großer Fundus stellte dabei zunächst Ebay dar. Ebay? &bdquo;Ich habe 40.000 Einträge dazu gefunden“, beschreibt sie, &bdquo;und mir alle Einträge angeschaut.“ Unser Bild von der Arktis sei dabei sehr davon geprägt, wie wir sie sehen wollten - eine &bdquo;Bubble“. Eisbären, Weiß, Eis, Kälte - und das reiche auch zu KI-Programmen und Bilddatenbanken. Dabei sei die Arktis völlig anders. Ihr geht es aber um unser Bild davon, und das fange schon bei Farben an: Arctic White bei Autos ...

Bei Ebay fand sie zum Beispiel das Bild einer aus Australien stammenden Tänzerin, die sich als amerikanische Tänzerin ausgab. Es stammt aus den 20er Jahren, als eine Nordpolmode um sich griff - ein Chick, der von den damaligen Expeditionen geprägt war. In einem Video hat sie aus Bohrproben einer arktischen Eisscholle eine Eiszapfen-Kette gefertigt und dabei die Nordpolmode aufgegriffen. Die Kette schmilzt über einen Zeitraum von mehr als 40 Minuten - &bdquo;man kann der Arktis sprichwörtlich beim Schmelzen zusehen“, beschreibt die Künstlerin. Andere Objekte zeigen Postkartenansichten.

Der Arktis das Eis zurück geben Außerdem ist Swaantje Güntzel mit ihrem Partner Jan Philip Scheibe 6000 Kilometer weit mit Bus, Bahn und Fähre in die Arktis gereist - langwierig, aber sie wollte einen ökologisch vertretbaren Fingerabdruck hinterlassen.

&bdquo;Ich habe eine Eiswürfelmaschine dabeigehabt, die wir, als wir am Eismeer waren, benutzt haben, um aus dem mitgebrachten Wasser vom Nordpol Eiswürfel zu produzieren“, beschreibt sie. &bdquo;Die Eiswürfelmaschine haben wir dabei mit einem Solarakku betrieben, den wir vorher mit lippischer Sonne aufgetankt hatten. Die so produzierten Eiswürfel habe ich dann dem Arktischen Ozean zurückgegeben.“ Dabei entstanden Fotos, die sie allerdings nicht den Datenbanken mit arktischen Klischee-Motiven hinzufügen wollte. Statt in großen Prints ist der Trip in Dutzenden Plastikops dokumentiert - kleine &bdquo;Guckis“, Mini-Fernseher, in denen man die Fotos mit einem Klick auf den Plastikgriff weiterschalten kann.

Swaantje Güntzel arbeitet dabei spartenübergreifend mit Performance, Skulptur, Installation, Fotografie, Klang und Video. In Zusammenarbeit mit ihrem Partner Jan Philip Scheibe, der aus Lemgo stammt, hat sie 2009 das Künstlerduo Scheibe & Güntzel initiiert und ein europaweites Projekt umgesetzt. Darin geht es um die Frage, wie Menschen einer bestimmten Region von eben dieser Umwelt geprägt worden sind.

Ihre Ausstellung, darüber freut sich die Lippische Gesellschaft für Kunst sehr, ist vom Kultus-Ministerium des Landes NRW gefördert. Eröffnung ist am Sonntag, 15. September, um 11.30 Uhr mit einem Einführungsvortrag von Anne Hemkendreis. Für die musikalische Untermalung sorgt Akkordeonist Roman Balatel aus der Republik Moldau. Er hat an verschiedenen Projekten und Wettbewerben teilgenommen. Beim Familienkonzert des Hoch-Schulorchesters der HfM Detmold trat er im Januar 2023 als Solist auf. Im Mai 2024 gewann er den DHV Komponistenpreis Wolfgang Jacob.

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