Warum Barrierefreiheit in Horn-Bad Meinberg wichtig ist

Horn-Bad Meinberg/Leopoldstal. Auch behinderte Menschen möchten Urlaub machen - aber wo? In Horn-Bad Meinberg gibt es keine vollständig barrierefreie Unterkunft; diese sind im ganzen Land rar gesät. Dabei könnte das dem Kurort mehr Übernachtungsgäste bescheren. Die LZ traf sich mit Vertretern des Senioren- und Behindertenkreises Horn-Bad Meinberg, um sich die Hintergründe schildern zu lassen. Diese wollen sich nach und nach Gastgeberbetriebe auf ihre Barrierefreiheit anschauen.

Marianne Sieweke und Michael Kloß kommen mit einem entsprechend ausgestatteten Fahrzeug, das die Rollstühle aus- und einladen kann. Mit dem Zug wären sie nicht zum Landhaus Blumengarten gekommen - der Bahnhof ist nicht behindertengerecht und der Weg von dort ebenfalls nicht. Beide waren gerade an der Nordsee im Urlaub und erzählen, was dabei alles im Vorfeld bedacht werden muss - und trotzdem schief laufen kann.

Verschiedene Behinderungen Zunächst muss eine barrierefreie Unterkunft gefunden werden. Im Gastgeberverzeichnis von Horn-Bad Meinberg sind beispielsweise für jeden Anbieter Piktogramme aufgeführt, darunter auch für Barrierefreiheit: für Rollstuhlfahrer, Menschen mit Sehbehinderung/Blinde und mit Hörbehinderung/Gehörlose. Das sieht erst mal informativ aus, heißt aber noch gar nichts.

&bdquo;Man muss ganz genau aufpassen, wo man bucht. Jeder hat verschiedene Handicaps, die sehr unterschiedlich ausfallen“, erläutert Marianne Sieweke ihre akribische Vorgehensweise. &bdquo;Man muss immer wieder nachfragen, um wirklich das zu bekommen, was man braucht.“

In ihrem Fall fand sie am Meer eine Unterkunft mit zwei Wohnungen und drei Schlafzimmern für fünf Personen, denn Begleitpersonen müssen ebenfalls mit. Benötigt wurden dort zwei Pflegebetten, ein Lifta und ein Toilettenstuhl - und natürlich im Gebäude eine durchgängige Barrierefreiheit. Soweit die Theorie. In der Praxis müssen auch alle Türen mindestens 90 Zentimeter breit sein, das Bad ausreichend groß für einen elektrischen Rollstuhl mit flexiblen Halterungen und Tische unterfahrbar. Nur einige Beispiele.

Günter Till erläutert, dass selbst für ihn zwölf Stufen vor einem Hotel mit Koffer eine Herausforderung sind. &bdquo;Dann krieg ich nicht genug Luft.“ Gastfreundliche Helfer sind dann vonnöten, ohne Fahrstuhl geht es nicht. Solche Kleinigkeiten sind für ihn wichtig zum Wohlfühlen. Doch immer um Hilfe zu bitten, ist auch für Marianne Sieweke nicht einfach. &bdquo;Ist man frei, über solche Dinge zu sprechen und traut sich?“, stellt sie als Frage in den Raum.

Umfassend werden alle Kriterien in der DIN-Norm 18040 für barrierefreies Bauen erfasst. In ihrem Fall waren Toilette und Badezimmergriffe zu niedrig. Michael Kloß erläutert, dass der Eigentümer alles nach besten Wissen gemacht habe, man müsse eben genau nachfragen. Manchmal zeige sich aber erst vor Ort, dass nicht alles barrierefrei sei. &bdquo;Man muss sich die Rosinen rauspicken“, so sein Resümee.

Im Landhaus Blumengarten gibt es am Eingang keine Stufen und die Tür geht nach innen auf. Bestenfalls sollte es eine Schwenk- oder Schiebetür sein, sodass Rollstuhlfahrer sie immer allein aufstoßen können. Der Esstisch ist hoch genug, sodass die Rollstühle darunter fahren können. &bdquo;So bleibt eine gewisse Selbstständigkeit für Kleinigkeiten, für die man keine Hilfe braucht“, meint Michael Kloß beim Kaffeetrinken.

Bedingt rollstuhlgerecht Ralf Mikus, Inhaber des Landhauses, ist an Gruppen mit Behinderten gewöhnt. Zwei der 14 Hotelzimmer seien bedingt rollstuhlgerecht, ohne Stufen erreichbar und groß genug. Diesbezüglich zu investieren, lohne sich aufgrund seines Alters nicht, findet der 60-Jährige. Und den Bedarf sieht er für die Pension nicht. Für Marianne Sieweke ist wichtig, dass man hier gewillt sei zu helfen. Verständnis und Offenheit gegenüber Belangen Behinderter ist dafür unabdingbar.

&bdquo;Wir versuchen das Thema Barrierefreiheit mehr in die Köpfe zu bekommen. Ich habe aber den Eindruck, das interessiert keinen“, sagt Sieweke im Hinblick auf die Stadt. &bdquo;Die Situation zur Unterbringung von Behinderten ist desolat“, findet Günter Till. &bdquo;Das ist aber bundesweit so“, wirft Marianne Sieweke ein. Sie verweist darauf, dass es Fördergelder für Rampen auch von der Aktion Mensch gebe, was für Geschäftsinhaber interessant sei.

Es gebe in Deutschland 8 Millionen Schwerbehinderte mit einer Behinderung über 50 Prozent, sagt Günter Till. &bdquo;Das ist ein riesiger Markt.“ Der für Bad Meinberg genutzt werden könnte. Nicht nur ältere, auch viele junge Leute, beispielsweise Motorradfahrer, die ein Bein verloren haben, suchten händeringend nach Möglichkeiten Urlaub zu machen, erläutern die Vertreter des Beirats. Ein Hotel, das komplett zertifiziert barrierefrei sei, gebe es in weitem Umkreis nicht.

Der Senioren- und Behindertenbeirat will mit seiner Vortragsreihe &bdquo;Barrierefreies Horn-Bad Meinberg“ weiter für das Thema Barrierefreiheit sensibilisieren. Günter Till hat sein nächstes Referat bereits in trockenen Tüchern. Das Thema gehe jeden an, schließlich könne eine Krankheit oder ein Unfall nicht nur ältere, sondern auch jüngere Menschen jederzeit treffen.

Infos zu Urlaubsreisen unter www.handicapped-reisen.de und www.reisen-fuer-alle.de

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