Kalletaler haben mit MVZ-Bürgerentscheid „Instrumente unserer Demokratie genutzt“

Kalletal. Sie hatten seit Monaten getrommelt, Unterschriften gesammelt, Klinken geputzt: Die Initiatoren des Bürgerbegehrens für ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) in Hohenhausen haben es erzwungen, dass der Gemeinderat sich ein zweites Mal mit dem Thema beschäftigen musste. Damit nutzten sie &bdquo;die Instrumente unserer Demokratie“. So formulierte es Udo Zippel am Donnerstag in der Ratssitzung im Bürgerbegegnungszentrum. Zippel ist Co-Organisator des Bürgerbegehrens - des erfolgreichen Bürgerbegehrens, wie sich in der Sitzung zeigte.

Denn mit relativ knapper Mehrheit hob der Rat den Beschluss vom 21. März auf, mit dem die Einrichtung des MVZ in Trägerschaft der Gemeinde wegen eines Patts abgelehnt worden war. Diesmal stimmten 17 Ratsmitglieder von SPD und Grünen sowie Bürgermeister Mario Hecker mit Ja und 15 von CDU, UKB und dem fraktionslosen Marc Schumacher mit Nein. Damit wird die Gemeinde nun ein Ärztezentrum gründen, das helfen soll, die medizinische Versorgung zu sichern.

Zippel sowie seine Mitstreiter Professor Dr. Rolf-Dieter Weege und Professor Dr. Hans-Jürgen Danneel freuten sich über großen Rückhalt in der Bevölkerung. Die Gemeinde zählte 2737 gültige Unterschriften, wie Hecker vermeldete. Damit war das Quorum deutlich übererfüllt: 1023 Unterschriften brauchte das Bürgerbegehren, damit sich der Rat damit beschäftigte. Das tat er und stellte die Zulässigkeit fest.

Urnengang ist nicht mehr notwendig Im zweiten Schritt, so sieht es die Gemeindeordnung vor, musste sich der Rat inhaltlich damit beschäftigen. Hätte er das MVZ erneut abgelehnt, wäre es zum Bürgerentscheid gekommen: Dann wären die Kalletaler voraussichtlich am 15. September an die Urnen gerufen worden. Das ist nun nicht mehr notwendig, weil die Ratsmehrheit dem Bürgerbegehren folgte. Denn die Mehrheitsverhältnisse waren anders als im März: Die SPD-Fraktion war um ein Mitglied größer geworden, und bei der CDU fehlte ein Ratsherr.

Zippel dankte allen, die unterschrieben haben, wählte aber auch klare Worte: Drohanrufe bei Ratsmitgliedern, jegliche Angriffe auf politische Meinungsträger seien zu verurteilen. CDU-Fraktionschef Julian Gerber hatte gesagt, es sei versucht worden, Druck auf Entscheidungsträger auszuüben. Er sprach von Drohanrufen bei Mitgliedern der UKB-Fraktion. Deren Vorsitzender Ingo Mühlenmeier bestätigte solche Vorfälle.

Gerber hatte das Nein der CDU noch einmal damit begründet, dass die Prognosen zur Wirtschaftlichkeit des MVZ &bdquo;deutlich zu positiv“ seien. Dies könne die CDU mit Zahlen belegen, dürfe dies aber nicht. Denn die Verwaltungsvorlage sei nichtöffentlich und der &bdquo;Bürgermeister mit seiner Ratsmehrheit“ nicht bereit, das zu ändern. Gerber: &bdquo;Steuererhöhungen könnten die Folge sein.“ Es gebe Alternativen zum MVZ. Vor allem aber werde es eine &bdquo;völlig unnötige Konkurrenzsituation“ zu den niedergelassenen Ärzten geben.

Für die Initiatoren des Bürgerbegehrens hob Udo Zippel hervor, dass er sich ein gutes Miteinander wünsche - und dass die Ärzte des MVZ und die niedergelassenen Mediziner zusammengehen.

&bdquo;Schließen eine Lücke“ SPD-Fraktionschef Manfred Rehse sagte ebenfalls mit Blick auf die niedergelassenen Ärzte: &bdquo;Wir begrüßen jede Tätigkeit unserer Mediziner.“ Aber es gebe in Kalletal weiterhin einen Ärztemangel. &bdquo;Diese Lücke schließen wir mit dem MVZ.“ Wäre ein Kinderarzt unter den zwei Ärzten, die dort Anstellung finden sollen, &bdquo;wäre es wie ein Lottogewinn“, sagte Rehse. Dass das MVZ wirtschaftlich arbeiten werde, lasse sich schon daran ablesen, dass die von der Kassenärztlichen Vereinigung betriebene Praxis in Hohenhausen bereits nach zwei Quartalen schwarze Zahlen geschrieben habe.

Das Nein der UKB erklärte Ingo Mühlenmeier unter anderem damit, dass die freie Wirtschaft, also die niedergelassenen Ärzte, mit dem MVZ staatliche Konkurrenz bekomme. Grünen-Ratsfrau Annette Vollmann sagte, die kommunale Trägerschaft sei günstig, denn sie verhindere, dass &bdquo;Investoren sich an der Gesundheit der Kalletaler bereichern“.

Nach dem Ratsbeschluss wird nun ein MVZ als 100-prozentige Tochter der Gemeinde gegründet. Es soll barrierefrei im Verwaltungsgebäude der ehemaligen Ziegelei Bergmann untergebracht werden.

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