Kreis Lippe auf Feldzug gegen Schrottimmobilien

Kreis Lippe. Verwahrloste Häuser, unzumutbare Wohnverhältnisse: Nicht nur Horn-Bad Meinberg, sondern auch andere lippische Kommunen sehen sich mit dem verstärkten Zuzug von Menschen aus Südosteuropa konfrontiert, die teilweise in Schrottimmobilien wohnen. Erst seit die Horner Bevölkerung lautstark Alarm geschlagen hat, erreichte der Ruf auch die Landesregierung. Jetzt geht es um die Suche nach Lösungen.

Eines ist sicher, sagt Heinz Blome, Leiter des Sozialdienstes bei der Stadt Horn-Bad Meinberg: &bdquo;Eine kleine Kommune wie Horn-Bad Meinberg kann alleine wenig ausrichten." Ohne Partner gehe es nicht. Darum hat sich die Ordnungspartnerschaft gebildet, in der sämtliche beteiligten Behörden vom Ordnungsamt über die Polizei, das Jugendamt, den Zoll und die Bauaufsichtsbehörde an einem Strang ziehen.

Mehrere Male war bereits ein großer Trupp Behördenvertreter in den Abendstunden zur Begehung von Horner Objekten unterwegs. &bdquo;Fast 20 Leute", sagt Blome, der mitgegangen ist. Selbstverständlich ist auch ein Dolmetscher vom Kommunalen Integrationszentrum dabei.

Türöffner für vermietete Objekte kann dabei das Wohnungsaufsichtsrecht sein, das unter anderem eine Überbelegung verhindern könnte. Gibt es Verwahrlosung oder Feuchtigkeit und Schimmel, sind Energie- und Wasserversorgung gewährleistet? – &bdquo;Hier kann der Eigentümer sofort Auflagen bekommen, die Dinge instand zu setzen", sagt Christian Geese vom Bauamt des Kreises Lippe. Auch eine Nutzungsuntersagung sei möglich, wenn etwa in einem bisher nicht als Wohnraum genehmigten Dachgeschoss Menschen wohnen.

Der Brandschutz biete öfter eine Handhabe, wenn etwa der zweite Fluchtweg fehlt. Dabei gehe es auch um den Schutz der Bewohner. Gleichwohl sei das Bauordnungsrecht nicht gerade ein scharfes Schwert, um Missstände zu beseitigen: &bdquo;Auch wenn wir keine gefährlichen Zustände haben, kann das trotzdem fürchterlich aussehen", sagt Geese. Denn damit das Bauordnungsrecht greifen kann, muss eine &bdquo;konkrete Gefahr" drohen.

Manches, was die Behördenvertreter zu sehen bekommen, sei abenteuerlich, berichtet Sozialdienstchef Blome. In einem Treppenhaus sei nasser Müll in gelben Säcken gestapelt gewesen, &bdquo;den Geruch wollen Sie sich gar nicht vorstellen." Er habe gefragt: &bdquo;Wollen Sie wirklich so leben?" Am nächsten Tag sei alles weggeräumt gewesen. &bdquo;Manchmal hilft es, ordentlich mit den Menschen zu sprechen."

Ingo Barz, allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters in Horn-Bad Meinberg, sieht das auch so: &bdquo;Wir wurden freundlich empfangen, ich hatte nicht das Gefühl, dass hier Spannungen herrschten." Was er gesehen hat? – &bdquo;Viele Menschen haben sich auf bescheidenem Niveau irgendwie eingerichtet." Ihm sei allerdings klar, dass solche Besuche nur Momentaufnahmen zeigten.

Von den etwa 40 betroffenen Objekten in Horn-Bad Meinberg haben die Experten bisher nur einen Bruchteil von innen gesehen. Es ist Aufwand, alle Beteiligten unter einen Hut zu bekommen, und, wie Sabine Beine vom Kreis Lippe sagt: &bdquo;Horn-Bad Meinberg ist ja nicht die einzige Kommune, die es mit Schrottimmobilien und verstärktem Zuzug zu tun hat." Kleine Schritte und viel Integrationsarbeit müssten dazukommen. &bdquo;Wir möchten auch präventiv was tun und nicht erst warten, bis es zu einer Krisensituation kommt." Ein erster Erfolg: Horn-Bad Meinberg bekommt eine Streetworkerstelle, Anfang Dezember wird die Besetzung vorgestellt.

Beispiele im Ruhrgebiet Lippe ist nicht Gelsenkirchen, nicht Dortmund und nicht Hamm. Und doch kann man sich da was abgucken, weiß Heinz Blome, Leiter des Sozialdienstes in Horn-Bad Meinberg. Er war jetzt auf Rundtour im Pott und hat sich positive Beispiele angeschaut.

Gelsenkirchen etwa hat eine eigene Stadtentwicklungsgesellschaft gegründet und sie mit einigen Grundstücken ausgestattet, sozusagen als Startkapital. &bdquo;Mit den Mieteinnahmen werden dann weitere Projekte finanziert: Teilweise werden Immobilien so hergerichtet, dass die Investition für mögliche Käufer nicht mehr so hoch ist – der Müll kommt raus, und sie werden entkernt, um dann wieder neu aufgebaut zu werden." Ein Ergebnis: Ein Acht-Parteien-Haus mit kleinen Einheiten für Singles.

Erst mal an die Schrottimmobilien ranzukommen, kann ein Problem sein. &bdquo;Aber wenn ein Eigentümer beispielsweise seine Grundbesitzabgaben nicht zahlt, kann sich die Kommune einen Eintrag ins Grundbuch sichern. Und wenn der Eigentümer hartnäckig seinen Pflichten nicht nachkommt, durchaus auch eine Zwangsversteigerung anleiern."

Der Leitfaden, den die Landesregierung für Kommunen zum Thema Problemimmobilien herausgegeben hat, erwähnt auch andere Instrumente. Die Stadt kann im Rahmen des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes eine Sanierungssatzung erlassen und so Eigentümer verpflichten, ihre Häuser instand zu setzen. Sie kann ein Modernisierungsverbot bei Verstößen gegen das Baugesetz verhängen, oder ein Abrissgebot, wenn weder Sanierung noch Instandsetzung funktionieren.

All das kostet viel Zeit, Energie, und vor allem Beharrlichkeit. &bdquo;Es sind sehr dicke Bretter zu bohren", sagt Blome. &bdquo;Aber das ist es wert."

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