SPD-Politiker Grothe: „Wir sind der Jugend etwas schuldig“

Kreis Lippe. &bdquo;Wir müssen jetzt handeln", sagt Antonius Grothe und spricht das &bdquo;jetzt" in Großbuchstaben. Denn es gebe ja kein Erkenntnis-, sondern es gebe vielmehr ein Umsetzungsproblem. Dass es die Jugendlichen zurzeit nicht leicht haben und ihnen in der Pandemie viel zugemutet werde, das wüssten wir ja. Drum gelte es jetzt, &bdquo;Dinge anzustoßen, die uns weiterbringen". Politik und Verwaltung müssen rührig sein, um etwa die Vereine zu unterstützen, fordert der SPD-Politiker.

Wichtig sei ihm allerdings, dass die Reaktionen nach der Pandemie &bdquo;nicht nur für, sondern mit den Betroffenen entwickelt werden. Beteiligung ist für mich eine wichtige Grundbedingung. Jugendzentren haben da viel Erfahrung, wenn es um die Partizipation geht." In der ersten Sitzung des Kreis-Jugendhilfeausschusses, frisch als Vorsitzender wiedergewählt, fasste Grothe es kurz und knapp zusammen: &bdquo;Als Fachausschuss müssen wir die Jugendhilfe begleiten und unterstützen. Lassen Sie uns mit der Arbeit beginnen."

Antonius Grothe ist Fachpolitiker, als langjähriger (bis 2017) Leiter des SOS-Kinderdorfes in Schwalenberg aber auch Praktiker in Sachen Jugendarbeit und Jugendhilfe. Klar sei: Die so wichtigen Klassenfahrten, Begegnungen mit Gleichaltrigen, viele Unternehmungen, das gemeinsame Chillen – das alles falle aus und sei auch nicht nachzuholen. Das permanent zu bedauern, wie viele Experten und Publizisten es machten, nutze aber rein gar nichts, &bdquo;wir können ja nicht die ganze Jugend in Therapie schicken". Umso wichtiger aber sei: &bdquo;Die Jugendzentren, die Sportvereine, die Chöre müssen offensiv dabei sein, wenn es nach der Pandemie und all den Einschränkungen wieder losgeht. Das sind wir der Jugend schuldig. Wir müssen jetzt das anstoßen, was ihnen weiterhilft."

Digitalisierung längst überfällig

Und, hat er konkrete Vorschläge? &bdquo;Beispielsweise die Häuser des Kreises auf Norderney und Langeoog für möglichst viele Gruppen öffnen. Jetzt den Kontakt mit den Vereinen suchen und fragen: ,Was braucht ihr nach dem Tag X? Vielleicht längere Öffnungszeiten für Sporthallen, für Fußballplätze? Spezielle Schulungen? Finanzhilfen?" Und vielleicht – aber das sei natürlich Ländersache – könnten ja zwei Nachmittage von der Schule frei gehalten werden, um mehr Raum fürs Vereinsleben zu schaffen.

Der Diplom-Pädagoge zieht einen Vergleich und blickt durchaus mit Frust auf die jahrelange Diskussion um die notwendige und überfällige Digitalisierung der Schulen. Zu lange habe sich zu wenig getan, und auch bei diesem Thema sei die Erkenntnis ja schon lange da. An der Umsetzung der Erkenntnisse aber hapere es – und eben das dürfe sich nicht wiederholen.

Gut sei, dass der Kreis die vielfältigen Formen der ambulanten Hilfen weiter fördere und dass das Jugendamt auch dann die Fachleistungsstunden weiter bezahle, wenn es – etwa, wenn ein Träger Kurzarbeit angemeldet hat – keine Drittmittel gibt. Diese Unterstützung sei wichtig, um Strukturen und Kontakte aufrecht zu erhalten, dann eben per Telefon – und auch in dem Wissen, dass zuweilen nicht die volle Leistung erbracht werden könne.

Ausdrücklich lobt Grothe die Arbeit der Jugendzentren. Es gibt viele digitale Angebote, Basteltüten zum Abholen, Fotowettbewerbe, Webinare zur Jonglage... &bdquo;Da wird viel gemacht, um die Jugendlichen bei der Stange zu halten." Auch in normalen Zeiten gehe es in der Offenen Jugendarbeit ja immer darum, wie die jungen Leute zu erreichen sind; auch in normalen Zeiten erreiche man nicht immer alle. Aber es sind keine normalen Zeiten, da heißt es, um so mehr parat zu sein. Es sei übrigens auch zu beobachten, dass Kinder in diesen Wochen zur Ruhe kommen, weil sie eben kaum Termine haben. &bdquo;Auch daraus kann Jugendarbeit Rückschlüsse für die Zukunft ziehen."

Mehr Angebote schaffen

Studien belegten, dass die Akzeptanz für Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie bei Jugendlichen hoch sei, auch wenn sie ihnen viel abverlangten, schreibt der Kinderschutzbund. &bdquo;Dennoch: Jugendliche plagen Zukunftsängste und Einsamkeit. Mehr als Zweidrittel fühlen sich von der Politik nicht wahrgenommen." Insbesondere die Gruppe der Kinder, die in armen oder belasteten Familien lebten, drohe im Dunkeln zu verschwinden". Nötig sei etwa ein Corona-Ferienprogramm, um Schwimmkurse, Trainingslager, Sprachlernkurse oder Musikunterricht nachzuholen. Der Kinderschutzbund fordert &bdquo;ein Bekenntnis von Bund, Ländern und Kommunen zu den Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe. Nach der Krise müssen Freizeit- und Unterstützungsangebote ausgebaut werden und dürfen keinesfalls dem Spardruck zum Opfer fallen."

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