Tierheim ausgelastet: Helferinnen ziehen 28 Kitten mit der Hand auf

Detmold . Es miaut aus der Box. Kaum geht das Törchen einen Spalt auf, tapsen drei kleine Kitten unter den Augen von Tierpflegerin Jessica Dey selbstbewusst in die Welt hinaus und stellen sich schlabbernd ums Näpfchen. So ganz reicht es dann noch nicht mit der Selbstbedienung, die 23-Jährige muss bei einigen zufüttern, damit die Kleinen genug Kraft bekommen.

Hermine, Jeppe und Smiller gehören zu den 28 Flaschenkindern, die die Mitarbeiterinnen des Detmolder Tierheims derzeit mit der Hand aufziehen. Der Verein &bdquo;Tierschutz der Tat" kommt dabei langsam an seine Belastungsgrenze – 145 Katzen sorgen für ein volles Haus. Das ist enorm. &bdquo;Wir erleben gerade einen richtigen Boom", sagt Pressereferentin Maria Toman .

Die hilflosen Kitten ohne Muttertier großzuziehen, das ist ein ein richtiger Vollzeitjob. &bdquo;Wir haben glücklicherweise Leute, die dafür brennen", sagt Toman . Anders ginge es gar nicht. Gerade zu Beginn brauchen die Kleinen alle zwei Stunden das Fläschchen – auch nachts. Mitarbeiterinnen und Ehrenamtliche nehmen die Kätzchen daher nach der Schicht mit nach Hause, sind rund um die Uhr für den Nachwuchs da.

Zehn private Pflegestellen haben die Krümel in Obhut genommen – es können jederzeit mehr werden. Unter den Pflegemüttern sind auch Tierpflegerin Jessica Dey (23) und Lisa Esch (19), die gerade als Bundesfreiwillige im Detmolder Tierheim arbeitet. Die Aufzucht ist eine Aufgabe, die viel Herzblut einfordert. &bdquo;Es ist anstrengend, aber es gibt auch sehr viel zurück", sagt Jessica Dey . Sieben Kitten toben gerade bei ihr Zuhause herum, da ist es gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten.

Jessica macht die Rundumbetreuung nicht viel aus, das gehöre zum Job. Bloß ihre Hündin sei manchmal etwas genervt vom wilden Nachwuchs.

"Nicht alle überleben" Ein wenig muss sie sich noch gedulden, bis wieder Ruhe einkehrt. Die Kitten bleiben mindestens acht bis neun Wochen in Pflege des Tierheims, denn erst nach der zweiten Impfung sind die Kleinen bereit, überhaupt vermittelt zu werden. Zwei will die 23-Jährige behalten, zu sehr hat sie die Kätzchen ins Herz geschlossen. &bdquo;Man baut natürlich eine Bindung auf", sagt sie, während die Kleinen um sie herum tapsen. Daher sei es auch schwer, wenn einige es nicht schaffen.

Doch auch darauf müssen die Helferinnen vorbereitet sein, schließlich sind nicht alle Kätzchen gesund, die im Tierheim abgegeben oder auf der Straße gefunden werden. Häufig werden die Mütter überfahren, sagt Jessica, genau wie es bei den Schützlingen Hermine, Jeppe und Smiller der Fall war. Die Geschwister lagen aneinandergekuschelt und miauend auf einer Wiese. Alleine hätten sie keine Chance gehabt zu überleben.

Viel Zeit und Arbeit braucht es, um die Kleinen aufzupäppeln. &bdquo;Sie waren ganz schmutzig, als sie zu uns kamen". Inzwischen sind die Kitten etwa fünf Wochen alt und kränkeln nur noch ein wenig. Hinter den Äuglein schlummert aber schon die Abenteuerlust. Die kann der menschlichen Ersatzmutter gelegentlich auch den ein oder anderen Nerv kosten, denn neugierige Katzenkinder können die Wohnung ganz schön auf den Kopf stellen.

&bdquo;Viele, die unbedingt Kitten haben möchten, sind sich gar nicht bewusst, wie viel Arbeit das macht." Wer überfordert ist, setzt die Tiere dann aus. Das kommt oft genug vor. Eine hochträchtige Katze hatte jemand einfach in der gelben Tonne des Tierheims abgelegt. Sie brachte fünf Kitten zur Welt. Die Kleinen einfach dem Schicksal zu überlassen, das käme niemals infrage.

Nur Streicheln und Füttern reicht nicht Manche bereiten dennoch Sorgen. &bdquo;Nino hat wahrscheinlich eine Fehlbildung", sagt Lisa. Der Kleine wirkt neugierig, findet aber auf seinem linken Hinterbein keinen Halt und rutscht immer weg. Trotzdem geht Nino mutig auf Erkundungstour. Schmerzen habe er nicht, da sind sich die Expertinnen sicher. Man müsse beobachten, welche Kraft er entwickelt und wie er später zurecht komme.

Mit Streicheln und Füttern ist es also nicht getan. Nach dem Fläschchen muss dazu noch der Bauch der Kitten mit dem Finger bis zum Po massiert werden, damit die Verdauung in Gang kommt. &bdquo;Das machen die Mütter normalerweise mit der Zunge, darauf verzichten wir hier", sagt Jessica und lacht. Alleine aufs Klo gehen, das ist für die Kleinen noch nicht drin.

Mit der Zeit lernen sie auch das bei den Ersatzmüttern. So niedlich die Wollknäule auch sind, viel mehr dürfen es nicht werden. Denn die Kapazitäten des Teams sind endlich. Dass überhaupt immer mehr kleine Kätzchen im Tierheim landen, liegt laut Maria Toman daran, dass es noch immer keine flächendeckenden Katzenkastrationspflicht in Lippe gibt. Dabei wäre das die beste Lösung – für den Menschen und vor allem die Tiere.

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