Gefälschter Impfausweis: Detmolder steht vor Gericht

Detmold. Das einzig Auffällige an Andreas B. ( Name geändert ) sind die türkisfarbenen Rauten, die grell auf seinem schwarzen Pulli hervorstechen. Noch nie in seinem Leben hat sich der Detmolder (48) etwas zu Schulden kommen lassen. Bis zu dem Tag, als er sich ein digitales Impfzertifikat erschleichen wollte – obwohl er gar nicht gegen das Coronavirus geimpft ist.

Am 7. Oktober 2021 legt B. das gelbe Heftchen mit gefälschtem Stempel in der Medicum Apotheke in Detmold vor – die Mitarbeiterinnen erkennen das schnell, der Chef informiert die Polizei. Für den versuchten Betrug mit einer falschen Urkunde musste sich B. am Freitag als einer der ersten vor dem Detmolder Amtsgericht verantworten. Viele weitere werden folgen.

Keine 20 Minuten dauert am Freitagmorgen die Verhandlung, die nicht mit einem Urteil endet. B. räumt die Tat über seinen Verteidiger Remzi Yalcin ein, weiterführende Fragen der Vorsitzenden Richterin Niemeier lässt er nicht zu. Damit bleibt vor Gericht auch unbeantwortet, wie er überhaupt an das gefälschte Dokument gekommen ist.

Da der Angeklagte den Tatvorwurf gesteht, wird Apotheker Christian Schmidt als Zeuge nicht mehr gebraucht, dennoch darf er an der Richterbank kurz erklären, wie seine Mitarbeiterinnen die Fälschung erkennen konnten. &bdquo;Die Serie war damals im Umlauf und war uns bereits bekannt", sagt Schmidt. Sowohl der angebliche Stempel des Impfzentrums des Kreises Lippe als auch die Unterschrift seien unecht gewesen. Es ist nicht der erste Fall, den der Apotheker erlebt hat. In Lippe liegen mittlerweile weit mehr als 100 Verfahren bei der Detmolder Staatsanwaltschaft.

Impfpass als Urkunde

Verteidiger Remzi Yalcin unternimmt noch den strategischen Versuch, die Strafbarkeit der gefälschten Impfausweise wegen einer Gesetzeslücke vor dem 24. November 2021 infrage zustellen (die LZ berichtete) . Dafür bezieht er sich auf ein aktuelles Urteil des Oberlandesgericht Bamberg, nachdem Impfausweise als Gesundheitszeugnisse gelten würden und deren Vorlage bis zum Jahresende nur vor Versicherungen und Behörden strafbar gewesen sei. &bdquo;Der dazugehörige Paragraph 277 entfaltet eine Sperrwirkung, deshalb kann man nicht mehr zurück zur Urkundenfälschung springen", erklärt der Verteidiger.

Die hiesigen Gerichte sehen das aber anders, so auch die Vorsitzende im Saal. &bdquo;Der Impfpass als solches trifft keine Aussage darüber, ob jemand gesund ist oder nicht", sagt Niemeier. Daher sei das Dokument nicht als Gesundheitszeugnis, sondern schlicht als Urkunde zu bewerten. Hier gebe es allerdings verschiedene Rechtsauffassungen, eine endgültige Entscheidung werde wohl das Oberlandesgericht Hamm treffen müssen.

Den Kampf, mit seinem Mandanten in die nächste Instanz zu gehen, will der Verteidiger nicht ausfechten. Yalcin regt daher an, das Verfahren gegen eine angemessene &bdquo;Bestrafung" einzustellen. &bdquo;Natürlich war das kein Kavaliersdelikt, sowas ist gefährlich", sagt Remzi Yalcin später.

Genau deshalb zögert Richterin Niemeier sichtlich, als sich Staatsanwältin Ammann aus der Sicht der Vorsitzenden überraschend bereitwillig auf eine Einstellung des Verfahrens für 1.000 Euro einlassen will. &bdquo;Gefälschte Impfausweise gehen in der aktuellen Lage gar nicht. Das trägt nur dazu bei, dass sich alles noch viel länger hinziehen wird", sagt die Richterin. Wenn der Angeklagte sich nicht impfen lassen wolle, sei das seine freie Entscheidung, aber dann müsse er auch dazu stehen.

Staatsanwaltschaft will Exempel statuieren

&bdquo;Das Ergebnis in dieser Sache muss zur Abschreckung beisteuern, es muss weh tun", stellt die Richterin klar. Die Vorsitzende stimmt der Einstellung daher erst gegen eine Geldauflage von 1.500 Euro zu. Andreas B. muss die Summe innerhalb eines halben Jahres an das Rote Kreuz spenden, das selbst einige Impfzentren betreibt.

Weshalb das Verfahren trotz frühem Geständnis und den fehlenden Vorstrafen nicht schon während der Ermittlungen gegen eine Geldstrafe eingestellt wurde, scheint am Ernst der Lage zu liegen. Verteidiger Remzi Yalcin vermutet, die Detmolder Staatsanwaltschaft wolle ein Exempel statuieren und ausnahmslos alle Fälle anklagen. &bdquo;Solche Taten in einer Pandemie sind halt sehr gefährlich." Genauso sieht es auch Oberstaatsanwalt Christopher Imig. &bdquo;Mit diesem Verhalten gefährdet man nicht nur sich, sondern auch andere. Wir wollen daher ein Zeichen setzen", sagt Imig. Deshalb würden die meisten Fälle angeklagt. Auch um sich vor Gericht einen Eindruck machen zu können. &bdquo;Hier ist die Entscheidung recht milde ausgefallen, es hätte auch zu einer Verurteilung kommen können", sagt Imig.

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