Stephan Prinz zur Lippe will um Windanlagen auf der Gauseköte kämpfen

Kreis Lippe. Gut zwei Jahre ist es her, dass Stephan Prinz zur Lippe in der LZ sein Vorhaben veröffentlicht hat, seine zerstörten Waldflächen auf der Gauseköte an das Unternehmen Westfalenwind zu verpachten, damit diese dort 13 Windkraftanlagen bauen kann. Ein Zwischenresümee.

Haben S ie mit so einem langen Verfahren gerechnet?

Stephan zur Lippe: Nein, wir haben auf eine schnellere Entscheidung des Kreises gehofft. Insbesondere darauf, dass er Antragsunterlagen offenlegt. Dann hätte jedermann ersehen können, wo genau die Windkraftanlagen stehen und welche Auswirkungen sie auf Natur- und Artenschutz haben. Diese Auswirkungen sind gering. Auch die Blickachsen zum Hermann oder auf die Externsteine sind nicht wesentlich beeinträchtigt. So gibt es viele Spekulationen.

Der Kreis veröffentlicht sie doch deshalb nicht, weil die ablehnende Stellungnahme der Briten und in der Folge der Bundeswehr dazwischengekommen ist und er keinen Ermessensspielraum sieht, den Anträgen auf Baugenehmigung stattzugeben. Er will eine neue Stellungnahme der Bundeswehr nun bis Oktober prüfen, ebenso wie den neuen rechtlichen Rahmen.

Stephan zur Lippe: Der Kreis hätte trotzdem das Verfahren schon im vergangenen Jahr offenlegen müssen. Dies hätte zunächst keinen Einfluss auf die Entscheidung gehabt. Aber wenn, etwa auf Grund geänderter Gesetze, die Abwägung zugunsten der Antragsteller ausfiele, oder sich doch eine Regelung mit den Briten finden ließe, wäre bei Offenlegung alles deutlich schneller gegangen.

Sie werden doch das Gespräch mit dem Landrat gesucht haben?

Stephan zur Lippe: Leider aber ohne Ergebnis.

"Alle 13 geplanten Windenergieanlagen führen zu einer signifikanten Erhöhung des Kollisionsrisikos für übende militärische Luftfahrzeuge, weil sie innerhalb eines für militärische Ausbildung genutzten Anflugkorridors liegen" hatte die Bundeswehr damals der LZ geschrieben. Die Begründung reicht Ihnen nicht?

Stephan zur Lippe: Sie ist sehr pauschal und enthält keine konkreten Aussagen, in welchem Umfang militärische Übungen geplant oder tatsächlich beeinträchtigt werden. Im Übrigen umfasst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für den Betrieb des Truppenübungsplatzes solche Übungen gar nicht.

Wird es also zu einem Gerichtsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht kommen?

Stephan zur Lippe : Ja. Und egal wie die Entscheidung aussieht, sie wird Rechtsgeschichte schreiben.

Ein großes Wort.

Stephan zur Lippe: Würde das OVG eine Zurückweisung der Anträge bestätigen, hieße das: Die Briten können durch pauschale Behauptungen außerhalb festgesetzter Übungsgebiete jederzeit Windkraftanlagen oder andere Bauten verhindern, ohne anderen Belange abzuwägren und ohne finanziellen Ausgleich. Das würde militärische Rechte deutlich ausweiten, ginge über unseren Einzelfall weit hinaus und würde eine Vielzahl von Nutzungen beeinträchtigen.

Hatten Sie mit dem Veto des Militärs überhaupt gerechnet?

Stephan zur Lippe : Nein, d as hat uns überrascht. Die Anlagen liegen ja außerhalb der Übungsgebiete. Zuerst hatte die Bundeswehr übrigens keine Bedenken - erst später, nach Ablauf der Fristen, hat sie ihre Meinung geändert.

Wären Sie kompromissbereit, würden etwa zwei oder drei Anlagen 'rausnehmen?

Stephan zur Lippe: Diese Frage müssen Sie Westfalenwind stellen.

Die planen doch nur, was Sie auch möchten.

Stephan zur Lippe: Westfalenwind plant schon auf eigene Rechnung. Im Übrigen erfolgt die Genehmigung nach Recht und Gesetz und nicht nach den Regeln eines Bazars. Dieser Kompromiss müsste von der Gegenseite angeboten werden. Da kommt aber gar nichts. Alle Versuche, zu persönlichen Gesprächen zu kommen, sind bislang gescheitert. Da liegt die Vermutung nahe, dass das Militär keine guten Argumente für seine Abwehrhaltung hat.

Militär ist das eine. Massive und teils harsche Kritik der Bürger, des Heimatbundes oder der Naturschutzverbände das andere. Sind Sie persönlich getroffen?

Stephan zur Lippe: Die Gauseköte ist ein emotionales Projekt und löst nicht bei jedem Begeisterung aus. Mit der Kritik kann ich umgehen, zumal es auch Befürworter gibt. Die Kritik ist seit einigen Monaten verstummt. Vielleicht, weil spätestens seit dem Ukraine-Krieg jeder weiß, wie dringend diese Energie gebraucht wird. Wie gut und wichtig wäre es, wenn es günstigen Strom vor Ort gäbe. Wir können leider nicht sagen: "Die weltpolitische Lage geht uns nichts an."

Jetzt argumentieren Sie mit dem Ukraine-Krieg. Diese "weltpolitische Lage" war vor zwei Jahren nicht abzusehen.

Stephan zur Lippe : Aber sie kommt dazu. Meine Beweggründe haben sich verstärkt. Der Ausstieg aus Kohle- und Atomstrom ist richtig, und Windkraftanlagen auf entwaldeten Flächen sind eine realistische Alternative. Häufig hört man, "regenerative Energie ist nötig, aber nicht bei uns vor der Haustür". Solche Aussagen zeigen, dass eine öffentliche Auseinandersetzung mit dem Thema unbedingt erforderlich ist. Wir haben den Klimawandel vor Augen, spüren ihn täglich. Für die Umstellung auf regenerative Energien bleibt nur noch wenig Zeit.

CO2-Ausstoß gibt es woanders auf der Welt in viel größeren Mengen. Rinderhaltung in Südamerika, Raubbau am Urwald in Afrika...

Stephan zur Lippe: Das ist richtig, aber keine Rechtfertigung für solche Aussagen. Wenn es darum geht, den CO2-Ausstoß zu reduzieren, müssen wir auf Atomenergie – wie in Frankreich - oder auf regenerative Energie setzen. Atomkraft wollen wir mehrheitlich nicht. Unsere Standorte sind dagegen für Windenergie optimal. Auf dem Kamm des Teutoburger Waldes weht fast immer Wind.

Ich sehe Sie noch protestierend und skandierend in der ersten Reihe durch die Stadt laufen, als es vor vielen Jahren um einen Nationalpark Teuto ging. Jetzt zeigen Sie ein grünes Herz und sagen "wir müssen etwas gegen den Klimawandel tun."

Stephan zur Lippe: (schmunzelnd) Selbst ich bin lernfähig... Aber die grundlegenden Argumente gegen einen Nationalpark bleiben für mich bestehen. Ein nachhaltig bewirtschafteter Wald und eine dauerhafte Nutzung der Ressource Holz sind besser für den Klimaschutz, als den Wald stillzulegen und die Bewirtschaftung einzustellen. Aus Gründen des Artenschutzes kann man einzelne Parzellen stilllegen. Das sollte der Staat aber in erster Linie auf eigenen Flächen machen. Ich sehe die Windkraftanlagen daher als eine Ergänzung zu den Argumenten gegen den Nationalpark.

Weil es Ihnen um eine effiziente Nutzung des Waldes geht.

Stephan zur Lippe: Unsere Familie nutzt seit Jahrhunderten den Wald auch wirtschaftlich und unterhält hiervon das Detmolder Schloss und andere denkmalgeschützte Gebäude. Windkraftanlagen können ausfallende Einnahmen ersetzen. Die Versiegelung ist verhältnismäßig gering, und nach rund 40 Jahren sind die Anlagen verschwunden. Rotoren im Wald zu ermöglichen ist deshalb mittlerweile Ziel der Landes- und Bundespolitik.

Sie sind also sicher, dass die Rotoren sich dort eines Tages drehen werden?

Stephan zur Lippe : Die Verfahren vor dem OVG Münster gehen dank eines neuen Senates relativ zügig, ein Datum kann ich nicht nennen. Aber Ja, sie werden sich drehen.

Was sagen Sie zur konkreten Sorge der Adlerwarte?

St ephan zur Lippe: Ich weiß von der Sorge, die kostbaren Vögel könnten geschreddert werden. Allerdings ist der räumliche Abstand zwischen den Anlagen und der Adlerwarte hinreichend groß. Das Risiko wäre nur gegeben, wenn sich ein Greifvogel dem Einwirkungsbereich des Falkners entzöge. Adler sehen die Rotoren im Übrigen und können ihnen ausweichen. Aber natürlich: Unglücke kann es immer geben, und ein Verlust wäre sehr schmerzlich. Wir leben jedoch in einer sich wandelnden Welt. Der Wald hat sich durch den Klimawandel drastisch verändert. Es gibt kein verbrieftes Recht, dass alles so bleibt, wie es ist, weder für die Adlerwarte noch für mich.

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