To-Go-Essen in Mehrweg-Verpackungen: Kreis muss kontrollieren

Kreis Lippe . Gastronomiebetriebe, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, müssen nun neben Einwegverpackungen wiederverwendbare Behälter anbieten. Die LZ hörte sich bei einigen lippischen Betrieben um und fragte beim Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) nach.

Dehoga-Geschäftsführer Kai Buhrke sagt, aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sei ein Mehrwegsystem &bdquo;sinnvoll und sehr zu begrüßen.“ Zum jetzigen Zeitpunkt habe die Branche allerdings andere Sorgen. &bdquo;Bei den vielen Dingen, die anstehen, ist es nicht leicht, dieses Thema umzusetzen.“ Buhrke verweist auf die Sorgen der Branche, auf die Energiekrise und Corona-Nachwirkungen. &bdquo;Auf jeden Fall bedeutet die neue Mehrwegpflicht für die meisten Betriebe zusätzliche Belastungen, da zwei Systeme erklärt und praktikabel eingerichtet werden müssen.“

Zudem seien einige Dinge noch nicht eindeutig geklärt, sagt Buhrke. Aufgrund der Unsicherheiten bei einigen Formulierungen arbeiteten Bund und Länder daher an einem einheitlichen Leitfaden, der wohl erst im Februar vorliegen soll. &bdquo;Es gilt, schnellstmöglich für Rechtsklarheit zu sorgen. Es gibt noch viele offene Fragen.“

Der Dehoga hat alle Mitgliedsbetriebe angeschrieben und nach ihrer Meinung und ihren Ideen zur neuen Verordnung gefragt, die Antworten erwartet er im Laufe der Woche zurück. &bdquo;Jetzt kommt es darauf an, möglichst praktikable, attraktive und kostengünstige Lösungen zur Umsetzung zu finden.“ Buhrke bittet alle Wirte um &bdquo;aktive Kommunikation“ gegenüber den Gästen, beim Verband gebe es in diesen Tagen passende Hinweisschilder.

Pfandsystem am Schieder-See Und die Gastronomen? Benjamin Krentz mit seinen Restaurants am Schieder-See und am Hermann hat sich vorbereitet, er gibt Speisen und Getränke im Mehrweggeschirr heraus. Der Infinity-Geschäftsführer hat sich für Kaffeebecher des Systems &bdquo;Recup“ (ein Euro Pfand) entschieden, Speisen gibt es in &bdquo;Rebowl“-Tellern (fünf Euro Pfand). &bdquo;Stabiles, hitzebeständiges Geschirr“, sagt er.

In einer App können Kunden Abgabestellen finden und dort das Pfand zurückbekommen – auch &bdquo;Burger King“ ist dabei. Seine Kunden, etwa Übernachtungsgäste am See, können wie bislang seine Porzellanteller zum Wohnmobil mitnehmen und zurückbringen, das habe sich bewährt. Er hält das Mehrwegsystem für sinnvoll, sieht aber Schwächen: &bdquo;Imbissbuden dürfen im Grunde einfach so weitermachen.“ Er sei gespannt, wie es weitergeht; &bdquo;Wahrscheinlich werden sich zwei oder drei Anbieter durchsetzen.“

Karsten Arning, Inhaber des Lemgoer &bdquo;Stadtlicht“, sagt, er habe noch keine 100-prozentige Lösung. Aber er sei dran, und in ein bis zwei Monaten werde alles geregelt sein. Bis dahin können Kunden auch ihre eigenen Behälter für die Speisen mitbringen. Zudem setze er seit Jahren auch für das Currywerk bereits auf klimafreundliche, plastikfreie Verpackungen aus Papier und Pappe. Bislang &bdquo;keine Nachfrage“ verzeichnet Michael Knuth vom Outback im Detmold. &bdquo;Aber wenn jemand seine Speisen mitnehmen will, haben wir Mehrweggeschirr da.“

Auf Porzellan, auf Vertrauen Was in Corona-Zeiten begonnen hatte, hat sich bewährt: Der &bdquo;Alte Krug“ in Diestelbruch gibt weiterhin seine Speisen auf Geschirr heraus. Andreas Giese: &bdquo;Wir packen das Essen in Warmhalteboxen und unsere Kunden holen es ab.“ Ohne Pfand, ohne Bürokratie. &bdquo;Das hat sich sehr bewährt und läuft auf Vertrauensbasis gut.“ Die Kunden brächten Boxen und Geschirr verlässlich anderntags zurück.

Im &bdquo;Soultapas“ in Bad Salzuflen gibt es ebenfalls Speisen zum Mitnehmen. Chefin Birgit Neske setzt seit der Corona-Pandemie auf Mehrweg: &bdquo;Entweder, die Leute bringen eigene Behälter mit, oder wir geben unsere Tapasplatten raus.“ Auf denen liege Pfand, und die Leute brächten sie immer wieder zurück. Vorher habe sie biologisch abbaubare Verpackungen gekauft, &bdquo;diesen Anspruch haben wir von Anfang an gehabt“. Auch, wenn das &bdquo;Soultapas“ wegen der Restaurantgröße unter die Ausnahmeregelung falle.

Die Fast-Food-Kette McDonalds mit Filialen in in Bad Salzuflen, Lemgo und Detmold schreibt auf ihrer Homepage, sie setze, &bdquo;wo immer sinnvoll und machbar“ auf Mehrweg. Für Becher gebe es deutschlandweit ein Pfandsystem. Der Betreiber der lippischen Filialen ließ eine LZ-Anfrage zu Erfahrungen vor Ort unbeantwortet.

15.000 Lippe-Becher im Umlauf Eine lippische Lösung im Kampf gegen Einweg-Plastik ist der Lippe-Becher – im Bild präsentiert von Laura Schuster vom Klima-Pakt Lippe. Er wird seit seiner Einführung vor drei Jahren den Bäckereien, Tankstellen und Cafés im Kreisgebiet angeboten. &bdquo;Aktuell ist der Lippe-Becher in zwölf lippischen Bäckereien und Tankstellen sowie in der Kantine im Kreishaus erhältlich“, resümiert der Kreis. Weitere Betriebe könnten sich jederzeit anschließen. &bdquo;Es wurden etwas mehr als 1.500 Becher hergestellt und nahezu alle ausgegeben. Der Restbestand wurde bei eigenen Veranstaltungen als Mehrwegalternative verwendet.“ Das System lebe davon, dass sich möglichst viele Institutionen beteiligen. Infos gibt es bei Laura Schuster, Tel. (05231) 626400.

Der Kreis muss kontrollieren Der Kreis als Untere Umweltschutzbehörde muss das Gesetz durchsetzen, seine Einhaltung kontrollieren und Verstöße gegebenenfalls ahnden, erklärt die Kreis-Pressestelle – und stellt klar: &bdquo;Dies bindet personelle Ressourcen.“ Vorgaben des Landes gebe es nicht. Die Mitarbeiter des Fachgebietes Umwelt, Mobilität und Energie arbeiteten aktuell aus, wie die Kontrollen laufen können. Gastronomen, die sich nicht an das Gesetz halten, müssen Bußgelder bis zu 10.000 Euro zahlen.

Die Mehrweg-Angebotspflicht müsse von den unteren Abfallbehörden und Gewerbeaufsichtsämtern konsequent kontrolliert werden, fordert unterdessen die Deutsche Umwelthilfe. Und: Damit möglichst viele Menschen auf Mehrweg umsteigen, müsse Einweg-Geschirr mindestens 20 Cent teurer sein. &bdquo;Nur so erhalten Kunden einen echten Impuls, Mehrweg vorzuziehen.“ Die DUH empfiehlt der Gastronomie, unternehmensübergreifende Standard-Mehrwegbecher und -Essensboxen zu verwenden.

"Ein Ja - aber vom Feinsten" Ein Kommentar von Martin Hostert

Unter dem Motto &bdquo;ja – aber“ kommt die neue Pflicht für Gastronomen, Mehrweg anbieten zu müssen, ziemlich unausgegoren daher. Ja, sie gilt – aber nicht alle. Ja, sie wird kontrolliert, aber wie, wann, wo, wie oft – das mögen die Ordnungsämter oder bei uns der Kreis selbst bestimmen. Ja, die Gastronomen wissen seit Monaten Bescheid, aber so manche gucken jetzt erstmal, wie sie sich aufstellen. Ja, der Dehoga kümmert sich, aber die Hinweisschilder für Kunden kommen noch. Ja, das Gesetz ist da, aber der Leitfaden zu seiner Umsetzung noch in der Mache.Ja, ich finde das Gesetz grundsätzlich gut. Aber: So nicht. Also liegt vieles weiter bei mir und uns allen. Ja, ich lasse mir Kaffee unterwegs ausschließlich in meinen Mehrwegbecher füllen. Und Ja: Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass zumindest der Einwegbecher-Mist komplett verboten wird.

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