„Zu aufwendig“: Mehrheit lehnt Lemgo-Steuer für Einwegverpackungen ab

Lemgo. Der To-go-Becher für den Kaffee, der Pappkarton für den Big Mac, die Plastikschale für den Mitnehmsalat: Solche Einwegverpackungen sind Alltag. Sie landen aber oft in der Gegend, und wenn nicht, erhöhen sie mindestens den Müllberg. Deshalb hat die baden-württembergische Stadt Tübingen mit ihrem Oberbürgermeister Boris Palmer eine lokale Steuer auf Einwegverpackungen eingeführt – mit dem Ziel, Müll zu vermeiden und Mehrweg schmackhafter zu machen. Eine Lemgoer Bürgerin und die Grünen wollten, dass die alte Hansestadt es Tübingen nachmacht. Doch dafür hat es im Umweltausschuss keine politische Mehrheit gegeben.

Stattdessen gab es von der Stadtverwaltung und aus den Reihen der CDU Kritik an der Bürgerin, war sie doch nicht in die Ausschusssitzung gekommen, um ihre Anregung persönlich zu erläutern. Grund dafür war ein Missverständnis, wie sich später herausstellte.

&bdquo;Vorgaben zu lasch“ In ihrer schriftlichen Anregung betont die Bürgerin, eine kommunale Verpackungssteuer sei eine &bdquo;besonders wirksame Maßnahme“, um Mehrweg gezielt zu fördern und Klima und Ressourcen zu schützen. Die jetzigen Vorgaben seien zu lasch oder würden nicht befolgt. Dass solch eine Steuer funktioniere, zeige das Beispiel Tübingen. Das Bundesverfassungsgericht hatte im Januar 2025 entschieden, dass die Steuer rechtmäßig ist. Geklagt hatte ein McDonald’s-Restaurant. Tübingen erhebt 50 Cent pro Einwegverpackung und Einweggeschirr sowie 20 Cent für Besteck oder Strohhalme. Die Steuer ist auf Gastronomiebetriebe gemünzt, die Speisen und Getränke in Einwegverpackungen verkaufen. Mehrwegverpackungen werden nicht besteuert.

Rechtmäßig mag die Steuer sein, aber auch sehr aufwendig, argumentierte dagegen die Lemgoer Stadtverwaltung. &bdquo;Wir können das zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfehlen“, sagte Bürgerbüro-Abteilungsleiter Björn Langanke. Denn solch eine Steuer einzuführen, bedeute einen erheblichen Verwaltungsaufwand, und dafür habe man keine Leute. &bdquo;Wir müssten Stellen schaffen“, sagte er.

Das wäre nach der Rechnung der Stadt zumindest ein Nullsummenspiel: Die Ausgaben für zusätzliches Personal wären wohl durch die zusätzlichen Steuereinnahmen gedeckt. Die Stadt Tübingen hat überdies ein Förderprogramm aufgelegt, mit dem Gastronomen unter anderem beim Kauf von Mehrweggeschirr unterstützt werden sollen. Darüber hinaus argumentierte die Stadtverwaltung, mit einer solchen Steuer würden ortsansässige Gastronomen nicht fair behandelt, denn von den Beschickern bei Kläschen im Dezember würde eine solche Abgabe nicht erhoben, wie Langanke sagte.

Städte erwägen Steuer In Tübingen habe die Steuer bereits Erfolge, so die Antragstellerin: Es gebe weniger Müll auf den Straßen, das Mehrweggeschirr werde rege genutzt. Medienberichten zufolge bringen viele Bürger eigenes Geschirr mit. Eine Zunahme der Insolvenzen habe es nicht gegeben. Andere Städte – auch in NRW – erwägen die Einführung einer solchen Steuer ebenfalls. Auch in Lage wird darüber diskutiert. Die Lemgoer Stadtverwaltung plädierte dennoch fürs Abwarten, denn schärfere EU-Vorgaben für Einwegverpackungen ab 2027 dürften auch in deutschen Gesetzen Niederschlag finden, wie es heißt.

Ausschussvorsitzender Dr. Burkhard Pohl (Grüne) erinnerte indes daran, dass die Stadt &bdquo;Zero waste“ als Ziel habe, mithin keinen Müll mehr produzieren wolle. Die Steuer könne ein Thema neben vielen anderen Möglichkeiten sein, die eine Stadt habe, sagte Pohl der LZ. Wichtig sei, sich auf den Weg zu machen, um Müll zu reduzieren. &bdquo;Wenn man keine Steuer will, muss die Stadtverwaltung andere Wege aufzeigen.“

Klimaschutzbeauftragte Ronja Post verwies auf die beschlossene Nachhaltigkeitsstrategie. Details zur Müllreduktion sollen im September vorgestellt werden, sagte sie. Beigeordneter Frank Limpke wollte eine solche Steuer nicht grundsätzlich ausschließen, zeigte sich aber skeptisch: &bdquo;Wir würden mit einer Steuer versuchen, das Verhalten der Bürger zu beeinflussen.“ Vor der Einführung der &bdquo;Keule einer Steuer“ empfehle er, anderes zu probieren.

Ralf Kersting (Grüne) verwies dagegen darauf, dass die Stadt ja Kosten für die Beseitigung des Einwegmülls habe. Martina Hagedorn (CDU) sah eher den Verwaltungsaufwand: &bdquo;Wenn wir eine weitere Stelle schaffen, haben wir alles, nur keinen Bürokratieabbau.“

Für die Steuer gab es drei Stimmen der Grünen. Alle anderen Ausschussmitglieder lehnten die lokale Verpackungssteuer ab.

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