Detmolder Oberstaatsanwalt sagt im Lügde-Ausschuss aus

Kreis Lippe/ Düsseldorf. Der Missbrauchsfall Lügde soll rein sachlich betrachtet aus Sicht der Ermittlungsbehörde kein außergewöhnlicher Fall gewesen sein, das hat Oberstaatsanwalt Ralf Vetter, bei Bekanntwerden des Falls im Jahr 2019 noch Pressedezernent der Staatsanwaltschaft Detmold, vergangene Woche im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag ausgesagt. Das große Interesse von Presse und Politik habe den Fall Lügde herausstechen lassen, obwohl er strafprozessual ein &bdquo;ganz normaler“ gewesen sei.

Heruntergespielt werden sollte der Fall damit keineswegs, sagt der lippische CDU-Landtagsabgeordnete Klaus Hansen, der ebenfalls im Lügde-Ausschuss sitzt und die Sitzung mitverfolgt hat. Dem Oberstaatsanwalt sei es um die objektiven Umstände gegangen. &bdquo;Sie hatten ja alles: Täter, Tatort und frühe Geständnisse“, erklärt Hansen. Neue Erkenntnisse habe die Aussage des Oberstaatsanwaltes nicht gebracht, die CDU-Fraktion hätte auf ihn als Zeugen gar verzichten können, sagt Hansen. Vetter habe noch einmal herausgestellt, dass sowohl die Staatsanwaltschaft Detmold als auch die Kreispolizeibehörde Lippe grundsätzlich in der Lage gewesen seien, den Fall korrekt abzuarbeiten.

Fall Lügde hat Leben der Opfer verändert Genau das hatte der Oberstaatsanwalt schon während des enormen öffentlichen Drucks im Jahr 2019 stets betont. Die Detmolder Ermittlungsbehörde habe personell das Arbeitspensum rund um den Lügde-Komplex problemlos leisten können. &bdquo;Er ist auch noch einmal auf die große Betroffenheit und die Opferzahlen eingegangen, durch die der Fall dann eben doch kein normaler war“, sagt Hansen. Für die betroffenen Kinder habe sich das Leben für immer verändert, soll Vetter gesagt haben. Die beiden Haupttäter Andreas V. und Mario S. wurden im September 2019 vor dem Landgericht Detmold letztendlich für ihre Verbrechen an 32 Kindern verurteilt. Mehr als 40 Opfer hatte die Ermittlungskommission im Verlauf ermittelt.

Die damals immer weiter ansteigenden Opferzahlen und das bis heute ungeklärte Verschwinden des Koffers mit 155 Datenträgern aus den Räumen der Kreispolizeibehörde Lippe hätten zu den Gründen gehört, weshalb die lippische Polizei letztendlich Hilfe gebraucht hätte, sagte der Oberstaatsanwalt laut Hansen im U-Ausschuss. Es seien zweifellos Fehler innerhalb der Polizei passiert. Das betreffe auch Hinweise, die nicht ordnungsgemäß an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden. Inhaltlich sei das für die Parlamentarier nichts Neues gewesen.

SPD-Fraktion sieht Fehler bei Ermittlungsbehörde Der parlamentarische Untersuchungsausschuss ist mit seiner Aufklärungsarbeit längst nicht am Ende angelangt. Erst kürzlich seien 40 weitere Beweisanträge, überwiegend von der SPD, gestellt worden, erklärt Hansen. &bdquo;Viele sind für uns gar nicht mehr relevant. Jetzt werden auch diejenigen eingeladen, die mal beim Kaffeekochen zufällig daneben standen.“ Spannende Erkenntnisse verspreche sich die CDU-Fraktion davon größtenteils nicht.

Der SPD-Abgeordente und Fraktionssprecher Andreas Bialas (Wuppertal I) sieht das ganz anders. Zwar habe die Staatsanwaltschaft Detmold den Lügde-Komplex rund um die Haupttäter einwandfrei abgearbeitet, Hinweise auf andere Täter im weiteren Umfeld seien aber aus seiner Sicht viel zu stiefmütterlich behandelt worden. Teilweise sei über Monate nichts passiert, sagt Bialas. Bei einem konkreten Fall habe sich das enorm auf ein Leben ausgewirkt. Bialas: &bdquo;Eines der Lügde-Opferkinder wurde nachweislich noch ein Jahr weiter vergewaltigt, obwohl es mehrfach verbale Gefahrenhinweise gegeben hatte.“

Wieso bei teils länderübergreifenden Ermittlungen zum erweiterten Verdächtigen-Kreis so viel Zeit verstrichen sei, müsse aufgearbeitet werden. Der Detmolder Oberstaatsanwalt hatte sich dazu laut Andreas Bialas als Leiter der ermittelenden Abteilung aus der Erinnerung heraus nicht mehr konkret äußern können, deshalb wolle die SPD-Opposition ihn mit einer konkreten Fragestellung erneut laden.

Detmolder Oberstaatsanwalt sagt im Lügde-Ausschuss aus

Keine Ermittlungen gegen NRW-Justizminister

Verfahren: Rettungsdienst-Mitarbeiter des Kreises Lippe soll Holocaust verharmlost haben

Große Fälle, viel Ungeklärtes: Detmolder Oberstaatsanwalt blickt auf 35 Jahre zurück

Hamas-Terror toleriert? JVA-Mitarbeiter aus Detmold steht wegen Postings vor Gericht

Zu wenig Hilfe bei Kindesmissbrauch: «Lässt mich nicht los»

Kinderpornografie: Weshalb Ermittler in Lippe nicht mehr von Verfahren überrollt werden

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus!

0,99 Euro im ersten Monat

Weiterlesen mit LZplus