Blomberger Logopädin erklärt, was Sprachverzögerung mit Fachkräftemangel zu tun hat

Kreis Lippe. Mama, Papa, Wau-wau, Nein - so oder ähnlich hören sich meist die ersten Worte kleiner Kinder an. Wann der Nachwuchs mit dem Reden startet, ist individuell verschieden, doch mit zwei Jahren sollte ihr Wortschatz 50 Wörter umfassen. Und dazu gehören auch die, deren Bedeutung das Kind selbst für einen Gegenstand festlegt - wie &bdquo;Nunu“ für Schnuller zum Beispiel. Haben sie diese 50 Wörter nicht drauf, gehören sie zu den sogenannten &bdquo;Late Talkern“. &bdquo;Und die haben ein 50-Prozent-Risiko auf eine Lese-Rechtschreib-Schwäche“, mahnt die Blomberger Logopädin Stefanie Beckmeier.

Kinderärzte fragen bei der U7, also der Untersuchung zwischen dem 21. und 24. Lebensmonat, unter anderem ab, ob und welche Worte Kinder sprechen. Nur 50 Prozent der &bdquo;Late Talker“ holen das Defizit bis zum 36. Monat - und der nächsten U-Untersuchung - auf. Das bestätigt der Deutsche Bundesverband für Logopädie (DBL) und das belegen auch Studien, unter anderem von der Psychologin und ehemaligen Bielefelder Professorin Hannelore Grimm. &bdquo;Die anderen 50 Prozent haben Behandlungsbedarf“ - und das eigentlich sofort. Denn ein Viertklässler, der nicht richtig lesen und schreiben kann, beruhe häufig auf einem Zweijährigen, der nicht spricht, betont Beckmeier.

Dem Bauchgefühl vertrauen Doch woran hapert es mit der Behandlung? &bdquo;Am System und der Bürokratie“, sagt die Logopädin ernüchtert. Würde jeder &bdquo;Late Talker“ behandelt, dann ja auch die, die das Defizit innerhalb eines Jahres sowieso aufholten - also bräuchten die Hälfte der Kinder ja faktisch keine Behandlung. So argumentierten zumindest die Krankenkassen. Und Logopädie verschreiben müssten Kinderärzte - die seien wiederum ans Budget gebunden. &bdquo;Viele warten dann erst mal noch ein Jahr.“ Denn es gebe sie schließlich: die Kinder, die mit 24 Monaten kein Wort sagten und einem mit 36 Monaten &bdquo;ein Ohr abquatschen“.

Gleichwohl würden auch nicht alle Dreijährigen mit sprachlichem Defizit behandelt. &bdquo;Viele sind dann ja gerade in den Kindergarten gekommen. Deswegen warten manche Ärzte noch.“ Doch bei der nächsten planmäßigen Vorsorge-Untersuchung sind die Kids vier - laut Beckmeier zu spät, um das Defizit noch aufzuholen. Denn dann sollten Kinder Quatsch-Reime erfinden können. &bdquo;Das geht aber nur, wenn der Wortschatz groß genug ist.“ Sei der zu klein, machten sie das nie. &bdquo;Die Kinder steigen dann nicht in die Struktur der Sprache ein, sondern lernen auswendig.“

Doch was können Eltern tun? &bdquo;Meist haben Eltern ein gutes Bauchgefühl“, weiß die Logopädin - schließlich ist sie selbst Mutter. Und wenn dieses Bauchgefühl sagt, da stimmt was nicht, das Kind hat Probleme mit der Sprache, sollten sie dem vertrauen - und ihm nachgehen.

Je früher die Therapie, desto weniger Aufwand Der DBL erklärt: &bdquo;Sehr viele Kinder mit Problemen in der Sprachentwicklung werden erst dann einer Logopädin vorgestellt, wenn die Einschulungsuntersuchung Defizite im sprachlichen Bereich aufweist.“ Und das sei deutlich zu spät. Es wäre &bdquo;außerordentlich wichtig, die behandlungsbedürftigen Kinder deutlich vor der Einschulung zu finden und zu behandeln, damit sie ihre Sprach- und Sprechprobleme bereits überwunden haben, wenn sie in der ersten Klasse mit den Herausforderungen des Schriftspracherwerbs konfrontiert werden.“

Und je früher die Therapie beginne, desto weniger aufwendig sei sie und umso schneller könnten sich Erfolge einstellen, betont der DBL. Kommt ein &bdquo;Late Talker“ frühzeitig zum Logopäden, gehe es in erster Linie darum, mit den Eltern zusammen zu schauen, wie sich der Wortschatz verbessern lasse, erklärt Logopädin Stefanie Beckmeier.

&bdquo;Der Wortschatz ist im Deutschen irre wichtig“, sagt sie mit Nachdruck. &bdquo;Am Artikel hängt die Grammatik, ein Verb macht den Satz.“ Und Deutsch lasse sich nicht übers Fernsehen lernen. Aber über das Hören von Hörspielen zum Beispiel. Und zwar nicht nur zum Einschlafen, sondern quasi rauf und runter. Und wenn ein Kind nicht will? &bdquo;Hörspiele im Auto anmachen. Da können sie schließlich nicht weg“, sagt Stefanie Beckmeier und lacht.

Sie zeigt auch auf, wohin das Problem im Zweifel führen kann: &bdquo;Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche haben keinen Spaß in der Schule.“ Und damit sei der Weg vorgezeichnet. Fatal, auch unter dem Aspekt des Fachkräftemangels.

Der Störung auf die Schliche kommen Der Deutsche Bundesverband für Logopädie (DBL) erklärt, frühe Anzeichen einer Sprachentwicklungs-Störung (SES) seien häufig ein später Sprechbeginn und ein verlangsamtes Hinzulernen neuer Wörter (Wortschatzaufbau).

Um den zweiten Geburtstag sollten Kinder mindestens 50 Wörter produktiv sprechen oder zwei Worte zu einer Äußerung kombinieren. Tun sie das nicht, gelten als &bdquo;Late Talker“. Laut DBL verfestigen sich bei zwei Dritteln dieser Kinder die Sprachprobleme bis zum dritten Geburtstag - und dann spreche man vom Vorliegen einer SES.

Symptome können sein: Laute auslassen (&bdquo;Bume“ statt Blume) oder ersetzen (&bdquo;Leifen“ statt Reifen, &bdquo;Auko“ statt Auto), klein bleibender Wortschatz, unpräzise Wortwahl (&bdquo;machen“ für alle Tätigkeiten, &bdquo;wauwau“ für alle Tiere, Wortfindungsstörungen, fehlerhafte Beugung (&bdquo;du kaufen“, &bdquo;ich hüpft“), Satzteile werden ausgelassen, falsche Stellung des Verbs (&bdquo;Maria die Möhre isst“), fehlende Artikel und/ oder Präpositionen.

Betroffene Kinder verwenden häufig Hilfsstrategien, etwa auf etwas zu zeigen statt zu sprechen, auszuweichen (&bdquo;weiß nicht“, &bdquo;egal“) oder Umschreibungen, oft gestisch begleitet. Aber auch Probleme, sich an Gesprächsregeln zu halten, logische Schlüsse aus dem Gesagten zu ziehen, Geschichten zusammenhängend zu erzählen oder Verständnisfragen zu beantworten, deuteten auf eine SES hin, ebenso Probleme beim Sprachverständnis, etwa das Verstehen und Ausführen von zwei- oder mehrteiligen Aufforderungen fällt schwer oder gelingt nicht (&bdquo;Sag dem Papa, wir gehen los und hol deine Schuhe.“)

Blomberger Logopädin erklärt, was Sprachverzögerung mit Fachkräftemangel zu tun hat

Jedes zweite Kind hat Probleme beim Sprechen: Eine Paderborner Logopädin gibt Tipps

Mit umfangreicher Bildergalerie: So schön ist der Detmolder Weihnachtsmarkt

Frische Brötchen: So haben die Bäckereien in Lippe an Weihnachten und Neujahr geöffnet

Weihnachtsmärkte & X-Mas-Partys: Die Feiertagstipps für Lippe

Wie die beharrliche Liebe einer leidgeprüften Detmolder Oma alle Hürden überwindet

Starkes Signal auch für das lippische Gastgewerbe

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €