Warum Lippes SPD-Vorsitzende Katrin Freiberger aktuell Personaldebatten für falsch hält

Kreis Lippe. Seit zwei Jahren ist Katrin Freiberger Vorsitzender SPD in Lippe - und hatte in den zwei Jahren im Amt gewiss mehr politische Baustellen zu bearbeiten, als zu erwarten gewesen wäre. Beim lippischen Top-Thema &bdquo;Zukunft des Klinikums“ fordert sie im LZ-Interview eine inhaltliche Debatte statt Personaldiskussionen.

Frau Freiberger - das waren zwei ereignisreiche Jahre. Ihr mit Ihnen gemeinsam gewählter Co-Vorsitzender Lasse Huxoll ist weg , Jürgen Berghahn kandidiert nicht mehr, der frühere Kreistagsfraktionschef Hennig Welslau ist der Fraktion schon länger abhandengekommen, Dr. Lehmann tritt nicht mehr zur Landratswahl an, das Klinikum kommt nicht zur Ruhe...

Katrin Freiberger: Es gab natürlich allerhand Herausforderungen, aber wir haben das sehr gut in den Griff bekommen, in Dennis Maelzer einen guten Landratskandidaten gefunden. Und zum Rücktritt von Hennig Welslau als Fraktionsvorsitzendem: Da muss ich sagen - wir hätten die Position nicht besser nachbesetzen können als mit Ilka Kottmann. Ich muss ihr einen großen Dank aussprechen. Sie macht einen sehr guten Job.

Zunächst zur Klinikdebatte: Die Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen in der SPD, die AfA, fordert, den Vertrag mit Klinik-Geschäftsführer Dr. Hütte aufzulösen. So deutlich ist der SPD-Kreisverband nicht geworden.

Katrin Freiberger: Das ist eine AfA-Stellungnahme, über die wir sicherlich im Kreisvorstand sprechen werden. In Sachen Klinikum muss es in den nächsten Wochen aber ganz konkret um die Inhalte gehen. Eine in der Öffentlichkeit geführte Personaldiskussion macht das nicht einfacher. Uns geht es um gute Beschlüsse für die Gesundheitsversorgung in Lippe, und die stehen jetzt an.

Daran arbeiten wir unermüdlich auch außerhalb von Gremiensitzungen, um einen möglichst breiten Konsens dafür hinzubekommen. Unsere Idee: Wir brauchen einen überparteilichen Standortmanager, der im Auftrag von Kreis und der Stadt Lemgo auch unter wirtschaftlichen Aspekten sagt, wie aufbauend auf die Grundversorgung Lemgo am besten weiterentwickelt werden kann.

Sie meinen Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung - in diesen Gremien sitzen doch Ihre Leute.

Katrin Freiberger: Und nutzen ihre Stimme, um die Vorstellungen der SPD einzubringen. Für Lemgo haben wir immer eine Erreichbarkeit für Notfallpatienten eingefordert. Das konnte man in der LZ nachlesen. Wir wollen, dass wir in Detmold die höchste Stufe der Notfallversorgung erreichen und wir wollen ein onkologisches Spitzenzentrum in Lippe. Das nützt allen Menschen, egal, wo sie im Kreis wohnen. Letztlich müssen diese Inhalte im Vordergrund stehen und nicht die Debatte um einzelne Personen. Das müssen wir auch so kommunizieren.

Erlauben Sie eine persönliche Einschätzung: Landrat Dr. Axel Lehmann kommuniziert gewiss auch nicht optimal, etwa nach dem Rüffel aus Düsseldorf.

Katrin Freiberger: Das war kein Rüffel. Das Ministerium wollte zuerst wissen, was das Klinikum plant, und diese Pläne auf Basis des Gutachtens wurden dort vorgestellt. Das Ministerium hat dann die Chance für Lemgo aufgezeichnet.

Dr. Lehmann hatte allerdings tags zuvor versucht, in der Gesellschafterversammlung über die Vorschläge, etwa Lemgo radikal zu verkleinern, abstimmen zu lassen.

Katrin Freiberger: Darum hatten wir uns mit der CDU dafür eingesetzt, das Thema zu verschieben. Das war gut und letztlich einvernehmlich. Nun hat das Gesundheitsministerium gesagt, dass Lemgo als Standort in der Notfallversorgung erhalten bleiben soll. Es fordert aber gleichzeitig den Abbau von Doppelstrukturen und Betten. Das sind also die Grundvoraussetzungen für eine durch das Klinikum beantragte Förderung. Wir brauchen diese finanzielle Unterstützung aus Düsseldorf. Wir haben dieses Jahr aus der Kreiskasse 35 Millionen zugeschossen.

Gibt es einen innerparteilichen Streit zwischen Dr. Lehmann und der SPD? Axel Lehmann hat immer gesagt, er würde gern mit Herrn Hütte verlängern.

Katrin Freiberger: Nein, wir haben keinen Streit. Es ist normal, verschiedene Meinungen zu haben, auch innerhalb einer Partei gibt es mal unterschiedliche Rollen und Sichtweisen. Und ich bleibe dabei: Es geht jetzt nicht um die Personalie Hütte, sondern um das Klinikum. Das sieht Axel Lehmann im Übrigen ähnlich. Die Diskussion um Personalien ist aktuell nicht hilfreich.

Aber nicht voneinander zu lösen.

Katrin Freiberger: Das muss aber sein. Im Moment gilt es, die Weichen für das Klinikum zu stellen. Was uns als SPD inhaltlich dabei wichtig ist, habe ich eben beschrieben. Das Thema ist zu wichtig, als dass es im Wahlkampf zerrieben werden darf. Denn das Klinikum muss in öffentlicher Hand bleiben. Das ist überparteilicher Konsens, und so muss es bleiben. Sonst sind defizitäre Abteilungen wie die Gynäkologie und die Kinderchirurgie weg.

Weg vom Klinikthema: Haben Sie schon eine Idee, wer in der Nachfolge Jürgen Berghahns für den Bundestag kandidieren wird?

Katrin Freiberger: Vorweg: Ich kann die Entscheidung nachvollziehen, manchmal ändern sich Dinge im privaten Leben, dann muss man konsequent die Reißleine ziehen. Wir fragen jetzt unter den Genossinnen und Genossen bis 29. November ab, wer Ambitionen hat, es folgen Vorstellungen und dann die Nominierung. Ich bin zuversichtlich, dass wir jemanden finden, der in die großen Fußstapfen von Jürgen Berghahn tritt.

Und wie sieht es bei den Bürgermeisterkandidaten aus? Auch da geht Ihnen ein wichtiger Mann verlustig. Dirk Becker in Oerlinghausen war zehn Jahre Bürgermeister, vorher Parteichef, Bundestagsabgeordneter.

Katrin Freiberger: Bürgermeister und Bürgermeisterinnen sind immer wichtige Männer und Frauen, vor allem wenn Sie unser Parteibuch haben. Die Genossen in Oerlinghausen werden für die Nachfolge sicher einen adäquaten Nachfolger oder eine Nachfolgerin finden. Und es treten ja einige wieder an: zum Beispiel Torben Blome in Lügde und Frank Hilker in Detmold. In einigen Kommunen läuft die Suche noch, und die SPD Augustdorf schickt in Mats Uffe Schubert einen jungen SPD-Kandidaten ins Rennen. Insgesamt bin ich sehr optimistisch.

Wir haben ein Superwahljahr vor uns. So ganz super steht die Ampelkoalition unter Olaf Scholz ja nicht da. Wie stark bläst Ihnen die Bundespolitik ins Gesicht?

Katrin Freiberger: In den Ortsvereinen oder an den Ständen kommt die Sprache natürlich immer wieder auf die Bundespolitik. Ich bin vor allem nicht wirklich glücklich mit der Kommunikation. Viele Gesetze sind im Sinne der SPD verabschiedet worden, das wird leider schlecht aus Berlin vermittelt. Das ist der Stimmung auch innerhalb der Partei nicht dienlich. Wir Kommunalpolitiker haben ein Stück weit unter der Bundespolitik zu leiden und unsere lokalen Themen gehen unter.

Eigentlich müsste Berlin Sie stärken.

Katrin Freiberger: Die Koalition mit den Grünen und der FDP ist schwierig. Zum Beispiel das Thema Schuldenbremse. Wir müssten viel in die marode Infrastruktur investieren, die Kommunen brauchen Geld und müssen zu viel allein tragen.

Am 7. Dezember ist Kreisparteitag. Treten Sie wieder an?

Katrin Freiberger: Ja. Ob mit einem weiteren Genossen für eine Doppelspitze, werden wir sehen. Ich bin nach zwei Jahren im Amt aber auch in der Lage, das alleine zu machen.

Zwei Jahre im Amt

Katrin Freiberger, 48 Jahre, ist seit zwei Jahren SPD-Vorsitzende in Lippe. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Die gelernte Hotelfachfrau aus Augustdorf in vielen Ehrenämtern aktiv und studiert Politikwissenschaft.

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