Kreis Lippe. Die Lippische Landeskirche hat Opfern sexualisierter Gewalt bis Ende vergangenen Jahres im Bereich Kirche 30.500 Euro und im Bereich Diakonie 40.000 Euro an Anerkennungsleistungen gezahlt worden. Dies berichtet Landessuperintendent Dietmar Arends in einer Pressemitteilung.Ein Jahr nach der Veröffentlichung der Studie zu sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Diakonie (ForuM-Studie) habe sich der Umgang mit sexualisierter Gewalt nicht nur in der EKD, sondern auch in der Lippischen Landeskirche grundlegend verändert. „Menschen haben in unserer Landeskirche großes Leid erfahren. Wir arbeiten dies auf und übernehmen Verantwortung. Mit umfangreicher Präventionsarbeit wollen wir verhindern, dass sexualisierte Gewalt in der Lippischen Landeskirche geschieht. Zudem wird sichergestellt, dass konsequent gehandelt wird, wenn es dennoch zu sexualisierter Gewalt oder zu Grenzverletzungen kommt.“
Acht Täter gemeldet
Anfang Januar und im August vergangenen Jahres hatte die Lippische Landeskirche mehrere Fälle sexualisierter Gewalt aus den 70er, 80er und 90er Jahren veröffentlicht. Die Lippische Landeskirche hatte für die Studie nach eigenen Angaben acht Täter und Beschuldigte in Personalakten (von 1946 bis 1983) und Disziplinarakten (von 1983 bis 2021) identifiziert und gemeldet. Auch die Personalakten ab 1983 seien ausgewertet worden, ohne weitere Beschuldigte zu entdecken.Dietmar Arends: „Uns ist deutlich geworden: Wenn von ,Fällen gesprochen wird, ist meist ist die Zahl der Beschuldigten gemeint“. Damit werde jedoch eine Täterperspektive eingenommen – die Zahl der Betroffenen dürfte deutlich höher sein als die der Beschuldigten. „Uns sind inzwischen 18 Beschuldigte und Täter bekannt, auf sechs von ihnen wurden wir nach der Veröffentlichung der Studie aufmerksam gemacht. In den Zahlen sind Grenzverletzungen ebenso erfasst wie sexualisierte Gewalt.“ Bekannt wurde auch, dass schon vor 100 Jahren ein „Kandidat“ (Vikar oder Pfarrer im Probedienst) in Talle vom Dienst worden war; es gab auch ein Gerichtsverfahren gegen ihn wegen des Versuchs der Anstiftung zur Falschaussage. Er wurde zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Eine interne und eine externe Meldestelle sind dauerhaft eingerichtet, eine Stabsstelle Prävention sexualisierte Gewalt geschaffen und ein Schutzkonzept veröffentlicht worden. Inzwischen hätten zwei Drittel aller Kirchengemeinden Schutzkonzepte zur Genehmigung bei der Landeskirche vorgelegt. Regelmäßig gäbe es Schulungen zur Prävention für Ehren- und Hauptamtliche.
Externe Fachleute arbeiten mit
Ein mit externen Fachleuten besetztes Gremium, in dem Betroffene mitgearbeitet haben, hat der Landeskirche weitere Hinweise und Empfehlungen zur Aufarbeitung gegeben, auf den Landessynoden informiere der Landessuperintendent regelmäßig über den Stand der Aufarbeitung. In diesem Rahmen seien Betroffene auf der Tagung der Synode anwesend gewesen. Arends: „Dafür sind wir sehr dankbar. Nur mit der Perspektive betroffener Personen ist eine angemessene Aufarbeitung möglich.“Am Samstag, 22. Februar, 10 bis 15.30 Uhr, lädt die Stabsstelle zu einem einen Impulstag im Gemeindehaus St. Nicolai Lemgo. Der Tag richtet sich an Haupt- und Ehrenamtliche in den Kirchengemeinden, den evangelischen Kitas und Einrichtungen, aber auch an weitere Interessierte. Der Impulstag bietet Gelegenheit, auf die ForuM-Studie und ihre Ergebnisse zu blicken: „Was können evangelische Gemeinden und Einrichtungen tun, um sichere Orte zu bieten, an denen Menschen vor sexualisierter Gewalt geschützt sind?“Informationen erteilt Pfarrer Kai Mauritz, Tel. (05231) 976-806, www.lippische-landeskirche.de/praevention