Warum Bernhard II. zur Lippe ein wichtiges Erbe in Lettland hinterlassen hat

Kreis Lippe/ Riga. &bdquo;Bernhard II. zur Lippe war ein internationaler Player, wie man heute sagen würde“, erklärt Dr. Michael Zelle, Leiter des Lippischen Landesmuseums. Bernhard II., geboren 1140, werde mit der Gründung der Städte Lippstadt und Lemgo sowie der Erbauung der Falkenburg von Detmold in Verbindung gebracht. Er habe die lippische Rose als Familienwappen – welche heute auch im Wappen vieler baltischer Städte wiederzufinden sei. Im August wurde für Bernhard II. zur Lippe eine Gedenktafel im Dom zu Riga eingeweiht. Die Idee hatte sein Nachfahre Stephan Prinz zur Lippe. Er und Dr. Michael Zelle erzählen, warum der Edelherr ausgerechnet in Riga geehrt wurde.

Was hat Bernhard II. zur Lippe mit Lettland und dem Baltikum zu tun? Laut Michael Zelle sei Bernhard II. der erste bedeutsame überregionale Vertreter des Hauses Lippe gewesen. Nicht nur das: Er war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten in Riga, wie es auf seiner Gedenktafel steht. Als Gründungsmitglied des Rigaer Doms und als der erste Bischof von Selonien (Oberlettland) – und das als Lipper.

Ein wichtiger Mann Bernhard II. war politisch und militärisch erfolgreich, Netzwerker und Missionar. Er sei es gewesen, der gegen Ende des 12. Jahrhunderts die Herrschaft des Hauses Lippe nördlich des Teutoburger Waldes etabliert habe, wobei er als Gefolgsmann Heinrichs des Löwen kämpfte. Seine Heirat mit Heilwig, Gräfin von Are brachte ihm zusätzliche Ressourcen, um den Landesausbau in Lippe voranzutreiben, erklärt Zelle. Zudem habe Bernhard II. die politischen Netzwerke der Familie seiner Frau nutzen können.

Denn ein guter Netzwerker sei Bernhard II. gewesen, er pflegte stets seine Beziehungen zum Bischof von Münster. Über den wiederum entstand sein Kontakt zu Kaiser Barbarossa. Seine Kinder habe er in viele kirchliche Verwaltungsbezirke gesandt, die daraufhin in leitende Positionen aufgestiegen seien, unter anderem in Bremen, Utrecht, Paderborn, Deventer, Herford oder Bassum. &bdquo;Bernhard II. war also wirklich gut vernetzt“, erklärt der Museumsleiter. Die Familie zur Lippe habe in dieser Zeit mit ihren überregionalen Netzwerken zu den prägendsten Häusern gehört.

Vom Eroberer zum Geistlichen Doch nach seinen politisch- und militärisch erfolgreichen Zeiten wurde er laut Stephan Prinz zur Lippe krank: &bdquo;Heute würde die Krankheit als Gicht interpretiert werden.“ Der Pionier habe damals geglaubt, dass dies die Strafe Gottes sei, denn: &bdquo;Bernhard II. war wohl nicht zimperlich.“ Das Mittelalter sei zu dieser Zeit viel stärker vom christlichen Glauben durchdrungen gewesen. &bdquo;Er hat das wirklich geglaubt“, erklärt Michael Zelle.

So entschied Bernhard II., Geistlicher zu werden: Er gründete das Kloster in Marienfeld – und als er einige Zeit dort gewesen ist, hätte sich sein gesundheitlicher Zustand immens verbessert. Stephan Prinz zur Lippe: &bdquo;Dort herrschte Klosterdiät, das heißt, dass es weniger Fleisch und Bier gab.“ Die Gicht, an der er höchstwahrscheinlich litt, sei zurückgegangen. Dies habe Bernhard II. als Gnade Gottes interpretiert. Er habe all seine nicht-religiösen Aufgaben seinem Sohn überlassen, zog erst ins Kloster und dann als Missionar in die Welt.

Ab 1210 sei er als Missionar in Livland, was heute das nördliche Lettland und den südlichen Teil Estlands umfasst, gewesen. Von 1218 bis zu seinem Tod war er der erste Bischof von Selonien in Oberlettland. Stephan Prinz zur Lippe: &bdquo;Bernhard II. hat mit über 80 Jahren die Bischofswürde bekommen.“ Als Gründungsmitglied des Rigaer Doms war er maßgeblich am Bau beteiligt.

Geschichte als Darstellung für heute Bernhard II. sei für das heutige Lettland als historische Figur ein wichtiger Teil der Erinnerungskultur: &bdquo;Er war einer der mittelalterlichen Gestalter Livlands – dank Bernhards Handeln hat Lettland heute auch ein wichtiges westeuropäisches Erbe.“ Sie wollen demonstrieren, dass sie zum europäischen Westen gehören, erklärt Stephan zur Lippe: &bdquo;Lettland ist immer wieder von Europäern besetzt gewesen, da gab es die deutschen Ritterorden, Schweden.“ Lettland war für über 700 Jahre unter der Herrschaft des Deutschen Ordens und dessen Vorgängers, des Schwertbrüderordens, besetzt.

Michael Zelle: &bdquo;Das Spannende ist ja, wie die regionale Geschichte und die aktuellen europäischen, politischen Befindlichkeiten ineinandergreifen.“ Das Gebiet des heutigen Lettland seien offenbar historisch von dem Lipper geprägt worden. Es werde deutlich, wie hilfreich Geschichte für die Identitätsbildung der Gegenwart sei: &bdquo;Bernhard II. ist nicht erfunden – seine Geschichte ist belegbar.“ Und ebenso seine Verbindungen zum Baltikum.

Die Gedenkpalette Die Idee, die Gedenktafel für Bernhard II. zur Lippe im Dom zu Riga anzubringen, trieb Stephan Prinz zur Lippe zusammen mit Prof. Dr. Ojārs Spārītis von der Kunstakademie in Lettland und weiteren lettischen Partnern voran.

Die Tafel ist aus Carrara-Marmor und bronzenen Abbildungen, die vom Bildhauer Jānis Strupulis und dem Bronzegießer Viesturs Kui&scaron;elis geschaffen wurden. Sie ist in der Tiesenhausen-Kapelle im Rigaer Dom angebracht.

Beim Besuch in Riga wurden Kooperationsmöglichkeiten zwischen dem Lippischen Landesmuseum, dem Residenzschloss Detmold und verschiedenen lettischen Partnern in Aussicht gestellt.

An der Einweihungsfeier am 19. August nahmen unter anderem Prinz Stephan zur Lippe mit seiner Frau Maria sowie der Präsident des deutschen Burgenvereins, Maximilian Fürst zu Bentheim-Tecklenburg, und Dr. Michael Zelle, Direktor des Lippischen Landesmuseums und Weserrenaissancemuseums Schloss Brake teil. Der Festakt wurde vom Erzbischof der Lettischen Evangelisch-Lutherischen Kirche Jānis Vanags und dem Domdekan Elijs Godiņ&scaron; geleitet.

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