Halten die AfD-Argumente gegen die Windkraft in Lage den Fakten stand?

Lage. Zwei große Windräder sollen in einem Feld zwischen Hardissen und Lückhausen gebaut werden. Im Bau- und Planungsausschuss gab es Bedenken, weil ein weiteres Großprojekt, die Sanierung des Schießstandes, in Rede steht . Die Belastung der Anwohner wird in der Kommunalpolitik kritisch gesehen. Die AfD geht einen Schritt weiter, lehnt Windkraft ab, weil sie klima- und umweltschädlich ist. Ein Faktencheck.

Uwe Detert (AfD) hatte eine Zusammenfassung vorbereitet und ließ sich auch nicht durch einen Hinweis von Hans Hofste (SPD), sich kurz zu fassen, vom Verlesen abbringen. &bdquo;Hören Sie mir gut zu, dann können Sie was lernen“, entgegnete Detert und legte los. Windkraft sei eine klimaschädliche Technik, er verwies unter anderem auf den Abrieb der Rotorblätter und Mikroplastik, das eine Gefahr für Boden und Trinkwasser sein soll, dass das verwendete Carbon nicht recyclebar sei und auf das &bdquo;äußerst klimaschädliche Gas Schwefelhexafluorid (SF6)“. Doch was ist da dran?

Die Aussage, dass das Gas extrem gefährlich ist, stimmt. Es ist 22.800 Mal so stark wie die identische Menge Kohlendioxid. Und: Wenn es einmal in die Atmosphäre gelangt ist, dauert es mehr als 3000 Jahre, bis SF6 sich wieder zersetzt und unwirksam wird. Aber: &bdquo;SF6 selbst ist ungiftig. Die hohe Klimawirkung von SF6 entfaltet sich nur, falls es in die Atmosphäre entweicht“, so das Bundesumweltministerium. Die an die Industrie abgegebene Menge an SF6 entspreche aber nicht der in die Atmosphäre freigesetzten Emissionsmenge, heißt es weiter.

Gefährliches Gas aus alten Schallschutzfenstern Doch wo kommt es her? Das Umweltbundesamt hat das über einen längeren Zeitraum untersucht und kommt zu dem Schluss: Die größte nachweisbare Freisetzung von SF6 erfolgt durch die nicht-sachgemäße Entsorgung von alten Schallschutzfenstern, &bdquo;die damals das Gas als Schallschutzisolator verwendet haben“.

Und die Windkraft? Das Umweltbundesamt verweist darauf, dass das Gas in den Schaltanlagen hermetisch dicht verbaut ist. In einer Anlage sind laut BUND ca. 3 Kilogramm SF6. Es gebe Untersuchungen über einen längeren Zeitraum, alle zwei Jahre werde ein neuer Bericht veröffentlicht, sagt BUND Referent für Energie und Klima, Kasimir Buhr. &bdquo;Die Emission von SF6 geht seit dem Jahr 2000 stetig zurück. Wenn Windkraftanlagen größere SF6-Emissionen verursachen würden, müsste durch den Zubau von WEA ein starker Anstieg erkennbar sein. Stattdessen sinkt der Ausstoß kontinuierlich.“ Keine Frage sei, dass das Ziel sein müsse, das Gas durch Alternativen zu ersetzen.

Uwe Detert hatte auch das Thema Mikroplastik angesprochen und darauf verwiesen, dass es keine Studien gibt. Das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) hat zu dem Thema eine Zusammenfassung für den Bundestag erstellt. Das Institut bestätigt, dass bislang keine wissenschaftlichen Untersuchungen zu der Frage bekannt sind, ob und in welchem Umfang Mikroplastik freigesetzt wird. Dass das Material, welches sich durch Erosion löse, in der Umwelt lande, ließe sich nicht bestreiten.

Mehr Abrieb durch Reifen und Schuhsohlen Zu den genauen Mengen gebe es zwar bislang keine systematischen Untersuchungen. Aber es ließen sich Rückschlüsse auf die möglichen Höchstmengen ziehen. Das IWES entwickelt ein Testverfahren, mittels dessen die Beständigkeit verschiedener Beschichtungsmethoden evaluiert werden kann. Das Institut betreibt einen Prüfstand zur Lebensdauerprüfung von Beschichtungssystemen für Rotorblätter.

Als grobe Abschätzung geben die Wissenschaftler des IWES in der Zusammenfassung für den Bundestag zu bedenken, dass ein Erosionsschaden grob vereinfacht den äußeren Teil eines Rotorblattes beträfe. &bdquo;Nehme man weiterhin zur Vereinfachung an, dass das Rotorblatt linear und nicht spitz zuläuft, komme man auf eine maximal betroffene Oberfläche von etwa 10 Quadratmetern.“ Wäre nach vier Jahren die komplette Beschichtung im betroffenen Bereich erodiert, ergebe sich ein maximaler Materialabtrag von 1.395 t/a für alle rund 31.000 Windkraftanlagen in Deutschland. Im Vergleich dazu stehen laut Fraunhofer-Institut jährliche Abriebwerte von Reifen mit 102.090 t/a und von Schuhsohlen mit 9.047 t/a.

Bleibt die Frage, ob die Rotorblätter, die aus einem Verbundaus Kunstharzen (Epoxid oder Polyesterharze) und Fasern (Glas- oder Carbonfasern), tatsächlich nach Ablauf der Lebenszeit nicht recycelt werden können. &bdquo;Die Rotorblätter sind aus Verbundwerkstoffen, und die lassen sich so nicht gut trennen. Noch nicht, da muss es Verbesserungen geben. Das betrifft allerdings viel, viel mehr Produkte, angeführt wird es aber immer wieder als Argument gegen die Windkraft“, sagt Kasimir Buhr. Allerdings stimme das oft gehörte Argument einiger Windkraftgegner nicht, dass es sich um Sondermüll handele, der speziell auf einer Deponie gelagert werden müsse. &bdquo;Da geistern immer Fotos aus den USA herum, aber das liegt einfach daran, dass die grundsätzlich mehr Müll auf Deponien lagern. In Deutschland geht das Material zumeist in die Verbrennung.“

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