Landtagswahl 2022: Christiane Thiel hat ihr Ziel vor Augen

Lemgo. Die Reiseleiterin, Stadt- und Museumsführerin Christiane Thiel schreibt Lemgoer CDU-Geschichte. Sie ist nach Jahrzehnten des &bdquo;Patriarchats" die erste Chefin des christdemokratischen Stadtverbandes überhaupt. Und das soll noch nicht alles sein. Im kommenden Jahr möchte die 50-Jährige in den Landtag gewählt werden. Dabei steht zu Beginn ihrer Entscheidung, als mögliche Wahlkreiskandidatin der CDU den Hut in den Ring zu werfen, eine herbe Enttäuschung.

Gerade einmal zwei Stimmen haben Ihnen im Herbst 2020 gefehlt, um in den Stadtrat einzuziehen. Also Niederlage überwunden, auf zu neuen Zielen?

Christiane Thiel: So könnte man sagen. Der Wahlabend im Ratskeller war schon hart für mich, viele aus der Partei haben ihren Wahlkreis direkt gewonnen und gefeiert. Bei mir war die Ernüchterung dagegen riesengroß: Nachrückerin Nummer 1 auf der Liste – davon kann ich mir nichts kaufen. Schon 1994 fehlten mir 5 Stimmen, damals gegen Jette Bauer, jetzt 2 gegen Felix Rullmann. Den hatte ich ehrlich gesagt weniger auf dem Zettel als Katharina Kleine-Vennekate mit ihrem Bonus als Bürgermeister-Kandidatin. Doch das ist Demokratie. Den Kopf in den Sand stecken, hilft jetzt nicht.

Also der Stadtverbandsvorsitz als Trostpflaster?

Ich formuliere es anders: Natürlich werden die politischen Entscheidungen letztendlich von der Ratsfraktion getroffen, doch die CDU ist eine Volkspartei. Insofern ist der Stadtverband breiter aufgestellt, er deckt alle Strömungen und Flügel ab. Tatsache ist aber auch: Ich möchte, dass der Stadtverband mit mir an der Spitze wieder stärker auftritt, präsenter wird.

Wie kann und soll das gelingen?

Die Fraktion hat in ihrer Funktion natürlich oft die Schere im Kopf: Nicht mehrheitsfähig, nicht finanzierbar, nicht durchsetzbar. Den Stadtverband sehe ich da eher als Ideenschmiede, die auch mal übers Ziel hinaus schießen und Utopien entwickeln kann, ohne sofort zu überlegen, was als Ratsbeschluss davon übrig bleiben würde.

Zumal die Ratsarbeit für die CDU momentan nicht gerade einfach ist. SPD, Grüne und BfL kommen, wie es scheint, ganz gut miteinander aus.

Durchaus. Aber dabei hauen sie das Geld auch ganz schön raus. Früher stand in Lemgo quasi jedes Vorhaben unter dem Finanzierungsvorbehalt: Wer Geld ausgeben wollte, musste auch erklären, wo er es hernimmt. Von diesem Grundsatz scheinen wir uns leider verabschiedet zu haben, um Wahlgeschenke zu verteilen.

Kitagebühren, das Campus-Wäldchen ...

Das sind so Beispiele. Ich würde unsere wirklichen Aufgaben aber größer fassen. Wirtschaft, Stadtentwicklung, die Stärkung der Innenstadt – vor allem mit Blick auf Corona. Aber auch Verkehr. An der Nord-West-Umgehung darf nicht gerüttelt werden. Auch Nachhaltigkeit wird für &bdquo;meinen" CDU-Stadtverband ein Thema sein.

Ist das nicht eher ein originär grünes Thema?

Das darf es nicht sein oder bleiben. Die Bewahrung der Schöpfung ist doch eine Grundfeste der CDU. Dazu gehört auch, zu erkennen: Ja, wir haben den Klimawandel. Ja, wir haben nur eine Erde. Wie gehen wir damit und mit den endlichen Ressourcen um?

Das klingt aber jetzt mehr nach der grünen Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock als nach CDU-Altbürgermeister Austermann, der vor zwei Jahren – zugegeben etwas unglücklich – von einer &bdquo;bundesdeutschen Hysterie um Klimaschutz und Plastikmüll" gesprochen hatte.

Es gibt in allen Schichten und Parteien Menschen, die die Relevanz für sich etwas anders auslegen. Für mich ist klar: Als konservative Volkspartei mit einem christlichen Menschenbild ist die Frage, wie gehen wir mit Umwelt und Mitmenschen um, eine entscheidende. Sowohl in Stadtverband als auch Fraktion gibt es eine Mehrheit, die so denkt. Dabei wollen wir natürlich nicht die Grünen links überholen.

Was heißt das?

Ganz einfach: Das Gesamtpaket muss stimmen. Umwelt und Wirtschaft sind kein Widerspruch, sondern funktionieren zusammen.

Ist das eine Einsicht, für die die CDU, wie auf Bundesebene gefordert, erst weiblicher werden muss?

Vielleicht schon. Wir diskutieren und argumentieren durchaus ein bisschen anders. Mehr Frauen in die Politik ist ganz klar mein Ziel, und da nehme ich die CDU-Fraktion nicht aus, in der wir mit nur einer Frau unterrepräsentiert sind. Unsere überparteiliche Gruppe &bdquo;Frauenblick auf Politik" haben wir nicht umsonst aus der Taufe gehoben. Die Männer sind bislang einfach besser vernetzt, mit ihren Grüppchen und Klubs. Außerdem sehen sich Frauen vielleicht in einer Phase ihres Lebens mehr in der familiären Pflicht – das ist dann kein Startvorteil.

Und Sie beweisen, dass es trotzdem geht?

Ja, unsere Töchter sind in einem Alter, wo ich mir die Perspektive Düsseldorf vorstellen kann. Übrigens, sofern mich die CDU aufstellt und ich gewählt werde, mit einem klaren Versprechen: Ich will nicht nur, dass die Frauenperspektive, sondern auch die lippische gehört wird. Das kommt mir in der Landeshauptstadt ein bisschen zu kurz. Für den dritten Landesteil machen wir uns oft selbst zu klein.

Den Wahlkreis zu gewinnen, wird aber schwer. Ist er nicht fest in SPD-Hand und alles andere nur eine Zählkandidatur?

Ganz klares Nein, auch unser Walter Kern hat ihn schon direkt geholt. Aber tatsächlich ist eine aussichtsreiche Absicherung über die Reserveliste mein Ziel. Denn, noch einmal: Lippe muss stärker im Landtag vertreten sein, dafür mache ich mich stark.

Wo würden Sie Ihre politischen Schwerpunkte in Düsseldorf sehen?

Wichtig für den Standort Lippe ist mir die weitergehende Förderung der Hochschule OWL. Und ansonsten sehe mich in den Bereichen Kultur und Tourismus sowie der Entwicklung des ländlichen Raums. Alles lippische Parade-Disziplinen.

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