Bürger wollen ihre Gärten fürs Neubaugebiet nicht abgeben

Lemgo. Wer bauen will, der muss tief in die Tasche greifen. Auch in Lemgo sind die Immobilien- und Baupreise die vergangenen Jahre stark gestiegen. Die Stadt versucht gegenzusteuern und hat zwischen Oberen Pahnsiek und Moritz-Kabaker-Straße ein großes Neubaugebiet auf den Weg gebracht. Auf drei Hektar könnten dort über 100 Wohneinheiten entstehen – und das zu erschwinglichen Preisen, doch jetzt regt sich Protest.

Die Anwohner der Moritz-Kabaker-Straße wehren sich gegen die ersten Pläne. Die hatten vorgesehen, im hinteren Bereich ihrer langen Gärten Baugrundstücke auszuweisen. Gut 20 Häuser könnten dort entstehen – wenn, die Anwohner denn Interesse hätten. Davon ging die Verwaltung zumindest aus und wollte das bei einer Umfrage abklären, doch die lief offensichtlich anders als gedacht. Die große Mehrheit der Anwohner sprach sich gegen eine Bebauung aus, wie Karl Wessel, seit acht Wochen Geschäftsbereichsleiter Stadtplanung und Bauen, auf Nachfrage erklärt.

Darüber hinaus haben sich die Anwohner der Moritz-Kabaker-Straße in einer Bürgerinitiative organisiert und stellen in einem Antrag an die Verwaltung, ihre Sicht der Dinge dar. Dabei betonen sie, dass sie nicht gegen das Neubaugebiet sind, wohl aber sich dagegen wehren, für Erschließungskosten der Neubau-Straße herangezogen zu werden, von der sie im Zweifelsfall gar keinen Nutzen hätten. Der überwiegende Teil der Anwohner, so schreibt Sonja Schaak für die Initiative, möchte den hinteren Grundstücksteil weder bebauen noch veräußern, sondern selbst nutzen. Sie alle hätten in der Vergangenheit bereits die Erschließung ihrer Grundstücke bezahlt.

Anwohner sprechen von Enteignung Von gut 12.500 Euro Kosten und weiteren Gebührenerhöhungen gehen die Anwohner für die Neubau-Erschließung aus. Das würde alle treffen, obgleich nur wenige ihr Baurecht nutzen wollten. Viele aber könnten die Kosten nicht aufbringen und wären somit gezwungen, ihre Grundstücke abzutreten, um zu zahlen. Und das käme einer Enteignung gleich.

Die Anwohner haben sich bereits rechtlichen Beistand geholt und würden im Zweifelsfall vor dem Verwaltungsgericht klagen. Vorab aber hoffen sie auf einen Kompromiss und schlagen dafür drei Optionen vor. Erstens: Erschließungskosten nur für die, die ihr Baurecht erhalten wollen. Zweitens: Erschließungskosten müssten erst dann gezahlt werden, wenn gebaut oder auch verkauft würde. Drittens: Verlegung der Erschließungsstraße.

Straße könnte verlegt werden Im Stadtentwicklungs- und auch im Hauptausschuss wurde der Bürgerantrag kurz angesprochen. Erstes klares Fazit: Aus rechtlichen Gründen kommen die ersten zwei Optionen nicht in Frage, so Bürgermeister Markus Baier und der Beigeordnete Frank Limpke. Wohl aber präsentierte die Verwaltung eine Kompromisslösung, basierend auf der dritten Option. So sei es gegebenenfalls möglich, die Erschließungsstraße zu verlegen. Da nur wenige Anwohner von ihrem Baurecht Gebrauch machen wollten, könnte die Erschließung einiger Grundstücke im Norden dann gegebenenfalls über die Moritz-Kabaker-Straße erfolgen, so Geschäftsbereichsleiter Karl Wessel.

Ob das aber so kommt, darüber werden die Fraktionen im kommenden Stadtentwicklungsausschuss beraten. Stimmt die Politik den Plänen zu, würde eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung folgen und darauf aufbauend im Anschluss der Entwurf ausgearbeitet, der dann erneut beraten und öffentlich ausgelegt würde. Nach dem Satzungsbeschluss durch den Rat träte dann der Bebauungsplan in Kraft – das aber frühestens im kommenden Jahr. Erst im Anschluss könnte auch der Bereich für Investoren ausgeschrieben werden, der wie berichtet in Mehrfamilienhäusern auch sozialen Wohnungsbau vorsehen soll.

Wer sich für die Einzel-, Doppel- und Reihenhausgrundstücke interessiert, der muss sich noch etwas gedulden: Die Verwaltung rechnet damit, frühestens Ende 2022 mit der Vermarktung der Baugrundstücke zu beginnen.

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