Aufnahme von Flüchtlingen entzweit Lemgoer Politik

Lemgo. Die schnelle und unbürokratische Aufnahme von geflüchteten Menschen aus Afghanistan wünscht sich die parteiübergreifenden Gruppe &bdquo;Frauenblick auf Politik“ und wandte sich mit einer entsprechenden Anregung an die Stadt. Unterstützung erhielten die Frauen von SPD, Grünen und BfL. Im Ausschuss für Gesundheit und Soziales und zweimal im Haupt- und Finanzausschuss wurde das Anliegen beraten und geriet zu einem erbitterten Schlagabtausch.

&bdquo;Die Alte Hansestadt Lemgo erklärt sich zur unbürokratischen Aufnahme von geflüchteten Menschen aus Afghanistan bereit, die als Ortskräfte für die Bundeswehr und NGOs gearbeitet haben, die als Menschenrechtsaktivist/innen, als Frauenrechtler/innen, als Journalist/innen und als Künstler/innen mit dem Tode bedroht werden und im Zuge der Evakuierungen nach Deutschland kommen“, so trug Dr. Katharina Kleine Vennekate (Grüne) den Antrag vor, den zuvor Liesel Kochsiek-Jakobfeuerborn für &bdquo;Frauenblick auf Politik“ noch einmal vorgestellt hatte. &bdquo;Wir wollen diese Menschen nicht im Stich lassen.“

Nicht von ratsspezifischer Bedeutung

Bereits Ende August war das Anliegen als Eilantrag im Haupt- und Finanzausschuss vorgetragen worden. Damals hatte es Bürgermeister Markus Baier auf die Tagesordnung gesetzt, wenngleich das Anliegen von nicht ratsspezifischer Bedeutung sei und es damit laut geltender Gemeindeordnung so eigentlich nicht vorgesehen sei, wie er im jüngsten Hauptausschuss noch einmal betonte und anmerkte, dass er allein aufgrund der vielen darauffolgenden Diskussionen, nicht noch einmal so handeln würde.

Denn der Bürgerantrag, der von SPD, Grünen und BfL unterstützt wurde, stieß vor allem bei CDU/Aufbruch C auf große Kritik. Fraktionschef Carsten Steinmeier verwies auf die Zuständigkeit des Bundes und das gängige Verfahren, das gut funktioniere. Es sei falsch, sich Flüchtlinge auszusuchen – und das sage er, obwohl und weil er als Berufssoldat insgesamt 16 Monate in Afghanistan stationiert gewesen sei. Daher brachte er für CDU/Aufbruch C einen Änderungsantrag ein: &bdquo;Die Alte Hansestadt Lemgo erklärt sich zur unbürokratischen und gesetzeskonformen Aufnahme von allen ausländischen Personen, die um Asyl nachgesucht oder einer gesetzeskonformen Aufnahme von allen ausländischern Personen, die um Asyl nachgesucht oder einen Asylantrag stellen ( . . .) bereit.“ Das gelte unabhängig davon, ob sie als Ortskräfte der Bundeswehr gearbeitet haben oder als Menschenrechtsaktivisten, Journalisten oder Künstler in ihrer Heimat bedroht sind. Damit setze man ein klares Zeichen für die gängige Praxis. &bdquo;Wir wollen keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse.“

Bis zu 1000 Flüchtlinge aus Afghanistan

Unterstützung erhielt er von Barbara Schiek-Hübenthal (FDP). &bdquo;Auch wenn wir alle von der aktuellen Situation in Afghanistan betroffen sind, sehen wir keine Notwendigkeit auf kommunaler Ebene über eine weitere Flüchtlingsaufnahme zu entscheiden“, so die FDP-Fraktionsvorsitzende. Schließlich liege die Zuständigkeit bei Bund und Ländern. Zudem habe sich NRW bereit erklärt, zusätzlich 800 bis 1000 Flüchtlinge aus Afghanistan aufzunehmen. Die Liberalen, so unterstützte Schiek-Hübenthal die Aussagen von Carsten Steinmeier, wollten keine Bevorzugung bestimmter Gruppen. &bdquo;Jeder, der verfolgt wird, hat einen Asylgrund, über den entschieden werden muss.“

Unisono lobten CDU/Aufbruch C und Liberale in diesem Zuge das Engagement der Flüchtlingshilfe und auch der Verwaltung, die den großen Flüchtlings-Strom 2015 hervorragend gelenkt und bewältigt hätte.

"Wollen politisches Statement setzen"

Das sahen zwar SPD, Grüne und BfL genauso, die restlichen Aussagen aber stießen bei ihnen auf Unverständnis. Dr. Katharina Kleine Vennekate verwies darauf, dass es sich um einen Appell handele, ein Signal an den Bund, schnell zu reagieren – so wie es auch andere Städte machten, ergänzte Wolfgang Sieweke (BfL), auch wenn Lemgo keine direkten Befugnisse habe. Das unterstrich auch Alexander Baer (SPD). &bdquo;Ja, wir wollen ein politisches Statement setzen. Und das kann durchaus etwas bewirken.“

Ein solches Statement aber, so warf Bürgermeister Markus Baier ein, könne man auch außerhalb der Rats-Arbeit setzen. Überhaupt hätten seiner Ansicht nach Rats-Resolutionen nur dann eine Wirkung, wenn sie von der großen Mehrheit getragen würden. Sein Appell, sich im Vorfeld zu einigen, sei aber leider unerhört geblieben.

CDU/Aufbruch C zogen ihren Änderungsantrag letztlich zurück: Um SPD, Grünen und BfL die Blöße zu ersparen, gesetzeskonforme Regelung abzulehnen, wie es Carsten Steinmeier formulierte. Mit den Stimmen von SPD, Grünen, BfL und eSL wurde die Resolution beschlossen.

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