Missverständnis mit Folgen: Wenn der Notruf misslingt

Erkeln/Kreis Höxter . Es waren dramatische Stunden für den Sohn des Steinheimer Viehtransporteurs Jürgen Lohre. Am frühen Morgen des 11. Februar war der junge Mann mit seinem Lkw von einem Feldweg abgekommen. Der Grund: extreme Eisglätte. Der Laster stürzte um, und mit ihm 90 Schweine, die auf drei Etagen im Auflieger geladen waren. Ein Unfall, wie er immer wieder passiert. Dieser jedoch hat auch für die Rettungskräfte ein Nachspiel. Kreisbrandmeister Rudolf Lüke erklärt, was jeder Einzelne aus diesem misslungenen Notruf lernen kann.

Das Unglück passierte nach Darstellung des jungen Fahrers gegen 4.30 Uhr. Er bleibt unverletzt, kann sich nach eigener Darstellung zunächst aber nicht aus dem Führerhaus befreien. Auch das Handy ist zunächst verschwunden. Im Auflieger quieken derweil sterbende, panische und irritierte Schweine.

Folgenschweres Missverständnis Erst gegen 4.58 Uhr kann der Fahrer endlich den Notruf absetzten. Das folgenschwere Missverständnis beginnt. Wie Jürgen Lohre berichtet, ist auf dem Mitschnitt des Notrufs in der Brakeler Leitstelle zu hören, dass der Sohn erklärt, er sei mit seinem Schweinetransporter auf einem Feldweg umgekippt. &bdquo;Auf Nachfrage teilte der Fahrer mit, dass er selbst unverletzt sei. Der Disponent der Leitstelle bat den Fahrer, in der Leitung zu bleiben, informierte die Leitstelle der Kreispolizeibehörde über den Unfall und übermittelte die Kontaktdaten des Fahrers an die Kreispolizeibehörde", schildert Kreissprecherin Silja Polzin den Fortgang des Telefonates. Der noch unter dem Eindruck des Unfalls stehende Fahrer berichtet nicht über die herumirrenden und möglicherweise verletzten Schweine, auch der Disponent fragt nicht danach. 14 Schweine sterben in dieser Nacht.

Der Disponent entscheidet in der Nacht, nicht die Brakeler Feuerwehr zu alarmieren. &bdquo;Daher hatten die Einsatzkräfte keinerlei Kenntnisse über die Schadenslage. Eine rechtliche Grundlage zum Ausrücken der Feuerwehr der Stadt Brakel hat zu diesem Einsatz nicht bestanden", erklärt dazu Brakels Wehrleiter Sven Heinemann.

Polizei hilft weiter

Auch der Kreis betont: &bdquo;Aufgrund des Notrufs ergab sich für die Kreisleitstelle keine Notwendigkeit, die Feuerwehr anzufordern", erklärt Sprecherin Silja Polzin. Für Jürgen Lohre völlig unverständlich. Er ist sich sicher: Hätten die freiwilligen Einsatzkräfte in der Nacht bei Temperaturen um minus elf Grad sofort beim Zusammentreiben der herumirrenden Schweine geholfen, hätten weniger Tiere sterben müssen.

Aber auch die Einsatzkräfte der Polizei, die kurz nach dem Notruf eintreffen, alarmieren die Feuerwehr nachträglich nicht. &bdquo;Sie haben geholfen, die Tiere zusammenzutreiben", berichtet Jürgen Lohre, der zugleich Hilfe von nahe gelegenen Landwirten organisiert. Die noch lebenden Tiere werden auf einen anderen Transporter verladen und zum Schlachtbetrieb gefahren. Gegen sieben Uhr ist der Einsatz der Polizei offiziell beendet.

Ruhe und kühlen Kopf bewahren

Jürgen Lohre will dennoch wissen, warum nach dem Notruf seines Sohnes die Feuerwehr nicht alarmiert wurde. Er wendet sich an den Kreis Höxter, der für die Feuerwehr- und Rettungsdienst-Leitstelle in Brakel verantwortlich ist. Gemeinsam mit Matthias Kämpfer, dem Leiter des Fachbereichs Öffentliche Sicherheit und Straßenverkehr beim Kreis Höxter, hört er den aufgezeichneten Notruf noch einmal an. Im Ergebnis stellte sich heraus, dass es beim Notruf Kommunikationsprobleme gab, so dass nicht alle Umstände des Unfalls übermittelt wurden. So wurde der Leitstelle unter anderem nicht mitgeteilt, dass der in den Graben gerutschte Tiertransporter lebende Schweine geladen hatte. &bdquo;Wenn alle notwendigen Fakten vollständig an die Leitstelle weitergegeben worden wären, wäre die örtliche Feuerwehr umgehend alarmiert worden", sagt Matthias Kämpfer.

So viele Details wie möglich

Auch Jürgen Lohre räumt ein, dass entscheidende Details des Unfalls in der Nacht dem Disponenten in der Leitstelle nicht mitgeteilt wurden. Ein Aspekt, den Kreisbrandmeister Rudolf Lüke ganz losgelöst von diesem Einzelfall aufnimmt. Für jede &bdquo;Schadenslage", egal ob Unfall oder Brand, gelte zunächst, Ruhe und kühlen Kopf bewahren. &bdquo;Wichtig ist auch, beim Notruf so viele Details wie möglich zu schildern, damit sich der Disponent ein klares Bild machen kann", sagt Kreisbrandmeister Lüke.

Er verweist auf die sogenannten W-Fragen, anhand derer sich für die Menschen am anderen Ende des Notrufs eine Vorstellung von der Situation ergibt. Besonders wichtig ist natürlich die Frage nach den Verletzten, sagt Lüke. Der Rettungsdienst werde in diesem Fall schon während des Telefonats aktiviert.

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