Ehefrau eines toten Bielefelder Bank-Räubers spricht über Millionenraub

Bielefeld. &bdquo;Alle haben einen Schaden davon getragen“, sagt Dana Köhler (Name geändert) heute über die Bankraubserie, an der ihr damaliger Mann und Vater ihrer Tochter sowie der Mann ihrer Großmutter beteiligt waren. Gemeinsam mit einem weiteren Mann haben sie zu dritt von Mai 2000 bis Juni 2002 13 Banken in Ostwestfalen-Lippe überfallen. Die Beute von Gideon A., Bernd S. und Abul B. (alle Namen geändert), 1,3 Millionen Euro, konnte nie gefunden werden.

Köhler war 21 Jahre alt, als ihr Mann festgenommen wurde und sich wenige Monate später im Gefängnis selbst tötete. So war sie nicht nur plötzlich alleinerziehende Mutter einer dreijährigen Tochter, sondern musste ihren Mann beerdigen und für die Kosten aufkommen. Ohne das Geld aus den Bankrauben?

&bdquo;Gideon und Abul haben zu ihren normalen Unkosten auf sehr großem Fuß gelebt und waren auch nicht geizig ihren Familien gegenüber“, sagt Köhler angesprochen auf den Verbleib des Geldes. Waffen, teure Autos, Partys in Bosnien und auch Prostituierte seien damit finanziert worden. Und: &bdquo;Eine Menge wurde durch eine Farbbombe zerstört.“ Mehr als 200.000 Euro aus ihrem größten Coup, einem Überfall einer Bank in Bad Salzuflen-Lockhausen, waren unbrauchbar, weil die Bande ein Security-Pack erwischte.

Bande lernt sich in den 90ern in Bielefeld kennen An die Zeit vor mehr als 20 Jahren kann sich Köhler noch gut erinnern. Als Teenager lernte sie ihren späteren Mann Gideon kennen. Sein bester Freund Abdul lebte in ihrer Nachbarschaft. Gideon war Anfang der 1990er während des Bosnienkrieges mit seiner Stiefmutter und den Geschwistern nach Bielefeld gekommen. Wegen mehrerer Taten wurde er dann mit etwa 18 Jahren nach Bosnien abgeschoben. Von einem Besuch dort kam Köhler schwanger zurück. Es folgten die Hochzeit in Bosnien und für die Geburt der Tochter dann doch ein Visum für Gideon A., mit dem er nach Deutschland zurückkehren durfte.

&bdquo;Ich wusste, dass er etwas Kriminelles tat, habe aber nicht gefragt“, sagt Köhler heute und begründet das mit ihrem jungen Alter. &bdquo;Er hatte keinen Job, aber fette Autos.“ Zum Schutz ihrer Tochter bat sie ihn, sich eine eigene Wohnung zu suchen, trennte sich aber nicht. In dieser Wohnung traf sie einmal den neuen Mann ihrer Großmutter und wunderte sich etwas über die Verbindung, hinterfragte aber auch das nicht. Ihr Stiefopa hatte als junger Mann bereits drei Banken überfallen und zu der Zeit die Strafe dafür bereits abgesessen. &bdquo;Gideon hatte kriminelle Energie, hat sich für die Banküberfälle interessiert und ich vermute, dass sie sich so zusammengetan haben.“

Aus Zeitungsberichten über die Prozesstage im Januar 2003 geht hervor, dass A. von den Vorstrafen seines Komplizen gewusst haben soll und ihn so lange gedrängt habe, gemeinsam Raubüberfälle zu begehen, bis S. schließlich einwilligte. Nach einiger Vorbereitung, dem Ausspähen eines geeigneten Objekts und mehreren vergeblichen Anläufen überfielen sie am 18. Mai 2000 die erste Sparkassenfiliale in Bad Salzuflen-Lockhausen. Als Tatwaffe wurde eine Spielzeugpistole benutzt, die Beute betrug 41.000 Mark.

Bande überfiel Sparkassen mit ausgefallener Tarnung Gideon A. wurde laut der Berichte einige Zeit später als drittes Bandenmitglied von Abdul B. eingeführt. Die Bande erhielt den Namen &bdquo;Golf-Bande“, weil sie in den meisten Fällen Autos dieser Marke benutzte. Während der Überfälle trugen sie meist breitkrempige Anglerhüte und Dreieckstücher. Der letzte Überfall fand am 5. Juni 2002 in Oelde-Lette statt. Jeder Tatort, so die Richter laut Zeitungsberichten, wurde ausgekundschaftet, jeder Fluchtweg abgefahren, die Fluchtautos teilweise verbrannt.

Nach dem elften Überfall gründete die Polizei die &bdquo;Sonderkommission Sparkassen“ aus Herforder, Mindener, Bielefelder und Detmolder Ermittlern. &bdquo;Es war ein mühsames Puzzlespiel“, berichtete Hauptkommissar Jochen Wolter, der die Gruppe leitete, damals dieser Zeitung. Als am 5. Juni aus dem an OWL angrenzenden Oelder Ortsteil Lette ein Überfall nach dem bekannten Muster (Anglerhut, Dreieckstuch, ein Langer und ein Kleiner) gemeldet wurde, schlugen Wolters Leute zu; sie hatten die Gruppe schon einige Zeit im Visier gehabt. &bdquo;Doch das Material reichte nicht aus“, so der Fahnder damals. Nach dem Hinweis eines Zeugen auf die Wohnung in Sennestadt nahmen die Beamten die Observation der Verdächtigen auf und stellten Gideon A. an der Apfelstraße in Schildesche. Wolter berichtete damals, dass sich in dem Auto, mit dem er unterwegs war, Kleidung befand, die ausweislich der Videoaufnahmen beim Überfall in Oelde getragen wurde.

Abdul B., damals 22 Jahre alt, konnte nach dem Überfall in Oelde fliehen, nachdem er sich auf der A2 noch eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert hatte. Erst am 2. Oktober wurde er in Düsseldorf festgenommen. Der tatverdächtige Marokkaner wurde nach Bielefeld in Untersuchungshaft gebracht. Am 22. Oktober wurde dann in den Medien vom Tod des 25 Jahre alten Gideon A. berichtet. Seine Leiche wurde in seiner Zelle gefunden. Ende Januar 2003 wurden der &bdquo;äußerst gefährliche“ Abdul B. zu zwölf Jahren Haft und der &bdquo;reumütige“ Bernd S. (damals 47 Jahre alt) zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Aufarbeitung der Geschehnisse in einer Therapie Abdul sei schon nach etwa der Hälfte der Zeit nach Marokko abgeschoben worden, berichtet Köhler. Sie habe keinen Kontakt mehr zu ihm. Zum Mann ihrer Großmutter bestehe der Kontakt noch. Beide seien noch verheiratet. &bdquo;Damals haben sich viele von meiner Oma abgewendet“, sagt sie. &bdquo;Man hat ihr einen Zettel in den Briefkasten gesteckt auf dem ’Räuberbraut’ stand. Aber sie hat immer zu ihm gestanden.“

Köhler selbst habe keine Anfeindungen erlebt. Vor etwa zehn Jahren habe sie alles in einer Therapie aufgearbeitet. Heute gehe es ihr gut. Sie habe neu geheiratet und eine weitere Tochter bekommen. Auch der gemeinsamen Tochter von ihr und Gideon gehe es heute gut. Der Vater habe ihr aber schon gefehlt. &bdquo;Sie hat mich mal gefragt, wie seine Stimme war“, erinnert sich Köhler. &bdquo;All das wegen Geld. Das lohnt sich einfach nicht.“

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