Gefährliche Kante: Rollstuhlfahrer aus Bünde hat Angst

Bünde. Ernst Winter hätte seine Sorgen beim Befahren des Elsedamms ab der Bahnhofstraße in Richtung Lübbecker Straße gerne an Ort und Stelle demonstriert. Ein Termin war schon ausgemacht. Doch ausgerechnet kurz vor Weihnachten ist sein elektrischer Rollstuhl kaputtgegangen. Seitdem wartet der 72-jährige Bünder auf Ersatz und ist größtenteils an seine Wohnung gefesselt.

Normalerweise fahre er aber ein- bis zweimal pro Woche über den Rad- und Fußweg entlang der Else, um zum Steinmeisterpark zu gelangen, erzählt Winter im Gespräch. Von der Bahnhofstraße aus sei die ersten Meter auch alles in Ordnung. Doch kurz hinter dem Restaurant &bdquo;Knolle“, wo der Abschnitt offiziell Frühlingsweg heißt und die Mauer in Richtung Else aufhört, beschleiche ihn besonders bei Gegenverkehr ein ungutes Gefühl.

Eine Ortsbesichtigung verdeutlicht schnell, warum das so ist: Der rund 2,50 Meter breite Weg hat ab dieser Stelle keine Begrenzung mehr zum Abhang Richtung Else. Erschwerend kommt hinzu, dass der Asphalt zur Flussseite an vielen Stellen bröckelt und abgesackt ist. Die offenbar notdürftig durchgeführten Reparaturmaßnahmen wirken wie ein Flickenteppich und obendrein wenig vertrauenswürdig.

Elektrischer Rollstuhl wiegt etwa 250 Kilogramm &bdquo;Wenn ich Fahrradfahrern ausweiche, muss ich richtig aufpassen. Denn wenn ich mit einem Rad auf eine der schrägen Stellen komme, schmiert der Rollstuhl seitlich weg“, schildert Ernst Winter seine Sorgen. Was bei einem Absturz mit seinem rund 250 Kilogramm schweren Rollstuhl passieren würde, mag sich der Rentner gar nicht ausmalen.

Sein Gefährt sei mit zwei E-Motoren plus Batterien ausgestattet und verhalte sich nicht zuletzt aufgrund des Gewichts etwas träge. &bdquo;Ich fahre mithilfe eines Joysticks und die Steuerung reagiert mit Zeitverzögerung“, erklärt Winter. Zwar könne der Rolli bis zu 10 km/h schnell fahren, doch selbst beim langsamen Fahren sei die Unfallgefahr auf dem Elsedamm für ihn groß.

Dass elektrische Rollstühle prinzipiell Gefahr laufen, an ungesicherten Böschungen hinabzurutschen, zeigte sich erst Anfang Dezember in Bielefeld. In Eckardtsheim im Stadtbezirk Sennestadt war eine Frau mit einem solchen Gefährt bei einem derartigen Sturz in einem Bach gelandet und musste von der Feuerwehr gerettet werden.

Rollstuhlfahrer wünscht sich wenigstens eine Kante Ernst Winter, der aufgrund einer Muskelerkrankung seit zwei Jahren auf den Rollstuhl angewiesen ist, würde jedenfalls Sicherungsmaßnahmen entlang des Weges an der Else begrüßen, damit er dort nicht mehr mit einem mulmigen Gefühl fahren müsste. &bdquo;Ich würde mir ein Geländer wünschen oder zumindest eine Kante, damit die Räder davor stehen bleiben“, sagt Winter.

Das Thema an sich ist dabei alles andere als neu, sondern schon seit Jahren bei der Stadt bekannt. Im Jahr 2020 ist der Weg grundlegend asphaltiert worden, doch trotzdem kommt es seitdem immer wieder zu Rissen und Absenkungen, die geflickt werden müssen.

Im September 2022 hatte die SPD-Fraktion daraufhin im Verkehrsausschuss den Antrag gestellt, die Sanierung des Fuß- und Radweges zwischen Bahnhofstraße und Lübbecker Straße in das Straßen- und Wegekonzept 2023 bis 2027 aufzunehmen.

Verantwortliche bei der Stadt scheinen genervt Immer mal wieder machen auch Bürgerinnen und Bürger die Redaktion auf die drohende Gefahr aufmerksam. Die Antwort der Stadt auf entsprechende Anfragen klingt dann immer ähnlich: Die Situation sei bekannt und die Sanierung bereits beschlossen, nur der Start der Arbeiten stehe noch nicht fest. Zuletzt hatte sich im November 2023 eine Frau mit dem Thema an die NW gewandt.

Die Verantwortlichen bei der Stadt scheinen mittlerweile selbst genervt davon zu sein. Denn auf eine neuerliche Anfrage zu den speziellen Sorgen von Rollstuhlfahrer Ernst Winter und ob beispielsweise eine Absturzsicherung wie ein Geländer Teil der angedachten Sanierungsmaßnahmen sei, wird jedenfalls nicht mal mehr der Anschein einer engagierten Antwort erweckt.

&bdquo; Der aktuelle Sachstand zum Thema Radweg Frühlingsweg entspricht weiterhin unserer Stellungnahme vom 23. November 2023. Die Planung schreitet weiter voran, jedoch steht der Start der Sanierung noch nicht fest“, heißt es recht lapidar aus dem Rathaus.

Rollstuhlfahrer würde kleine Lösung reichen Ernst Winter und anderen Rollstuhlfahrern, aber auch Menschen mit Rollator oder Eltern mit fahrradfahrenden Kindern ist damit wenig geholfen. Dabei fordert Ernst Winter gar nicht die große Lösung, bei der die Stadt mutmaßlich erst auf den passenden Fördertopf warten müsste.

Winter ist sich im Gegenteil vielmehr bewusst, dass die Kassen knapp und seine Probleme nicht die Probleme der Mehrheit sind. &bdquo;Das Optimale wäre sicher ein Brückengeländer, aber wer will das bezahlen? Es würde doch auch eine kostengünstige Lösung reichen, die der Bauhof hinbekommt und bei der die Stadt sich finanziell nicht übernimmt“, regt er an.

Schließlich sei die Wegsicherung doch Pflicht der Stadt, damit keinem etwas passiere. Denn, so Winter: &bdquo;Wenn ich dort abrutsche, wäre das ein Fiasko.“

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