Appell für Drogenkonsumraum: Drastische Szenen am Westerntor in Paderborn

Paderborn. Mit einer so drastischen Situationsbeschreibung hatten die Mitglieder im städtischen Sozialausschuss wohl nicht gerechnet. AWO-Geschäftsführerin Ursula Hoentgesberg schilderte in der Sitzung am Mittwoch, 18. Juni, eindrücklich die problematische Situation durch die Drogenszene und deren Hinterlassenschaften vor dem Eingang zum Jugendtreff Inscene an der Westernmauer/Brückengasse. Auf der Tagesordnung war ihr Beitrag zunächst nicht vorgesehen.

Kot, Urin, Erbrochenes, benutzte Heroinspritzen und weitere unangenehme Spuren der Drogenszene würden die AWO-Mitarbeitenden tagtäglich beseitigen, entsprechendes Bildmaterial reichte sie in die Ausschussrunde. Offenes Dealen, Konsumenten, die berauscht vor der Tür lägen, aggressive Personen oder der Vollzug von Oralsex kämen vor. Die Türen des offenen Jugendtreffs müssten teilweise abgeschlossen werden, damit die Szeneangehörigen nicht auch in die Räume vordrängen. Die Kreisgeschäftsführerin der AWO, die beratendes Mitglied für die AG der Wohlfahrtsverbände im Kreis Paderborn im städtischen Sozialausschuss ist, griff bei ihrer Schilderung zu deutlichsten Worten.

Die Jugendlichen, besonders Mädchengruppen, würden beim Weg aus dem Bereich durch die Sozialarbeiter begleitet. Zudem nähmen die jungen Besucher Umwege von und zu den Bussen auf sich und mieden die benachbarte ZOH. Außerdem beeinflusse die Szenerie die tägliche Arbeit mit den Jugendlichen im Inscene. &bdquo;Schließlich bieten wir einen Schutzraum zur Entfaltung für Jugendliche auch aus schwierigen Verhältnissen.“

Sozialarbeiter der Paderborner AWO an ihrer Belastungsgrenze Zwar seien die AWO-Kollegen vor Ort vom Fach und suchten auch das Gespräch mit den Szene-Angehörigen, doch durch die Zustände seien sie an ihrer Belastungsgrenze angekommen. Hoentgesberg forderte, dass mehr Personal vonseiten des Ordnungsamtes und der Polizei eingesetzt werde und konsequent durchgegriffen werden müsse. Zudem sei mehr Licht im Durchgang der Brückengasse notwendig und die Bretterverschläge müssten verschwinden.

Unbekannt sind die Schilderungen der AWO-Geschäftsführerin beileibe nicht, hatten bereits Anwohner und Geschäftsleute mehrfach die Situation bemängelt und die Stadt zum Handeln aufgefordert (die NW berichtete). &bdquo;Die Politik muss entscheiden, damit die Verwaltung handeln kann“, forderte Hoentgesberg. Langfristig sei ein Drogenkonsumraum in der Stadt nötiger denn je. Dafür bestehe ein machbares Konzept von KIM. Dabei gelte es nicht, die Szene an einen anderen Ort zu verdrängen, sondern ein konkretes niederschwelliges Angebot und fachliche Betreuung sowie Ausstiegsangebote zu ermöglichen.

Kreis-Sozialausschuss beschließt erste Schritte für Drogenkonsumraum in Paderborn Überrascht über die Wahl Hoentgesbergs des formell wohl nicht regulären Weges, zeigte sich Helmut Vonnahme. Der Leiter des städtischen Sozialamtes betonte aber, dass verwaltungsinterne Gespräche liefen. Dass es insgesamt nicht schnell genug gehe, wisse er. Die Grünen verwiesen hinsichtlich des Themas auf einen Antrag ihrer Kreistagsfraktion. Im Kreis-Sozialausschuss war zuletzt mit breiter Mehrheit ein Beschluss zur Einrichtung eines Drogenkonsumraums gefasst worden. Dieser sieht Gespräche des Landrats mit der Stadt Paderborn vor, in denen die weiteren Schritte zur Realisierung im Stadtgebiet vereinbart werden sollen. &bdquo;Es geht Schritt für Schritt voran“, kommentierte Sabine Kramm (Grüne).

Das Thema sei viel zu lange bekannt und es werde viel geredet, statt gehandelt, betonte Hoentgesberg anschließend im Gespräch mit der NW. Die Diskussion um einen Drogenkonsumraum laufe seit Jahren und nichts passiere. An den beteiligten Stellen müssten immer wieder neue Ansprechpartner abgeholt werden. Mit der Kommunalwahl im Herbst komme der nächste Wechsel. &bdquo;Dann geht es wieder von vorne los“, befürchtet Hoentgesberg.

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