Wissenschaftsstandort OWL: Hochschulen müssen sich auf weniger Geld einstellen

Frau Brandes, Sie hatten als Wissenschaftsministerin Nordrhein-Westfalens die Idee, Bauprojekte von Hochschulen systematisch zu beschleunigen. Das soll Zeit und Geld sparen. Wie ist der Stand der Dinge?

Ina Brandes: Hochschulbau dauert in Nordrhein-Westfalen nach dem herkömmlichen Verfahren sehr lange. Von der ersten Idee bis zur Fertigstellung brauchten viele Projekte 12 bis 15 Jahre. Ich komme selbst aus der Planungs- und Bauwirtschaft und weiß, dass das auch schneller geht. Deshalb haben wir die Neue Masterplanung entwickelt. Bisher liefen viele Planungs-, Prüfungs- und Genehmigungsprozesse nacheinander zwischen vielen Beteiligten und mit teilweise langen Prüfungsschleifen. Jetzt wird das Verfahren von Beginn an mit allen am Bau Beteiligten parallel bearbeitet.

Das fängt schon in der Projektierung an?

Wir werden die Phase zwischen Feststellung eines Baubedarfs und der Entscheidung, was wir bauen, extrem einkürzen. Das ist uns schon jetzt mit den drei Piloten, der Hochschule Bielefeld, der Universität Paderborn und der Universität Duisburg-Essen erfolgreich gelungen. In Bielefeld sind wir jetzt so weit, dass wir voraussichtlich schon Anfang 2026 den Vertrag mit der Hochschule unterzeichnen können, was konkret gebaut wird. Im Zuge dessen bekommt die Hochschule von uns ein Budget, und es entscheidet sich dann, ob sie selbst baut oder ob ein Unternehmen oder der BLB beauftragt wird. Und dabei kann auch die sehr zeitsparende, modulare Bauweise zum Einsatz kommen.

Warum ist es auf Paderborn und Bielefeld hinausgelaufen? Konnten die sich am wenigsten wehren?

Im Gegenteil, die haben sich alle darum gerissen und darauf gewartet. Schon jetzt sehen wir 30 Prozent Zeitersparnis. Angesichts der Baukostensteigerung heißt das: Wir können mit weniger Geld mehr bauen.

Welche Gedanken bewegen Sie, wenn Sie den Campus der Uni Bielefeld besuchen?

Wohl und Wehe. Wohl: Weil es aus wissenschaftlicher Sicht für eine Reformuniversität ein geniales Konzept ist. Alle sind zusammen an einem Ort, und die einzelnen Fakultäten können sich in einem der größten Gebäude Europas gar nicht aus dem Weg gehen. Wehe: Wenn so ein Klotz 50 Jahre alt ist und saniert werden muss, ist das sehr anspruchsvoll. Wir investieren insgesamt rund zwei Milliarden Euro in den Standort. Daran sehen Sie, wie gigantisch diese Bauaufgabe ist. Zudem fallen mir auf dem Campus Bielefeld die Neubauten für die Medizinische Fakultät ein. Da leistet die Universität hervorragende, professionelle Arbeit.

Kann man die Herausforderungen der Zukunft für die Wissenschaft beschreiben?

Unser volkswirtschaftlicher Wohlstand in Deutschland beruht zu einem nennenswerten Teil darauf, dass den Menschen hier immer etwas eingefallen ist und sie daraus ein funktionierendes Geschäftsmodell gemacht haben. Wir müssen wieder besser darin werden, aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, Innovationen zu entwickeln und daraus Wertschöpfung zu erzielen. Tatsächlich läuft das in OWL gut, weil die Hochschulen hier sehr transferorientiert sind. Das liegt auch an der extrem starken Wirtschaft in Ostwestfalen.

Konkret?

Innovationen in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Quantencomputing werden entscheidend für unseren Wohlstand, soziale Sicherheit und gute Arbeitsplätze in Deutschland sein. Deshalb investieren wir schon jetzt in exzellente Bedingungen für Forscherinnen und Forscher. Darüber hinaus brauchen wir für große und wirkmächtige Erfindungen und Technologien aus KI- und Quantentechnologie auch die Finanzkraft des Bundes und der EU, damit wir mit den großen US-Konzernen und Staaten wie China mithalten können. Die Universität Paderborn spielt übrigens als einer der wichtigsten IT-Standorte in Deutschland mit der Quantenforschung von Professorin Christine Silberhorn und dem neuen Forschungsgebäude eine sehr zentrale Rolle bei diesem Thema.

Das geht aber nicht ohne Geld. Wie sieht es mit der Finanzierung der Hochschulen aus? Man rechnet mit deutlichen Kürzungen. Jedenfalls in Bielefeld.

Wir erleben jetzt im dritten Jahr in Folge eine Rezession in Deutschland. In diese angespannte Haushaltslage fällt die Kritik des Landesrechnungshofes, der Rücklagen der Hochschulen in Höhe von 2 Milliarden Euro bemängelt. Zudem gehen sowohl an den Universitäten und an den Hochschulen für Angewandte Wissenschaften die Studierendenzahlen zurück. In dieser Ausgangslage werden auch die Hochschulen einen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten müssen. Die Verhandlungen über die genaue Ausgestaltung und Verlängerung der Hochschulvereinbarung sind aber noch nicht abgeschlossen.

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Der Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen lebt davon, dass wir in der Fläche stark sind. Insbesondere unsere Hochschulen für Angewandte Wissenschaften haben den Auftrag, jungen Menschen – auch und ganz besonders im ländlichen Raum – eine praxisnahe, akademische Ausbildung zu ermöglichen. Das passt nicht zu den öffentlich geäußerten Ideen von Hochschulpräsident Krahl, den Lehrbetrieb in Höxter einzustellen. Wir erwarten von der Hochschule ein tragfähiges Zukunftskonzept für den Standort.

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