Ärger um Verbot für Rentner-Rikschas in Gütersloh – Stadt äußert sich erstmals

Gütersloh. Das Durchfahrtsverbot für die Seniorenrikschas durch die Gütersloher Fußgängerzone hat für viel Aufsehen und auch Empörung gesorgt. Die CDU-Fraktion hatte daraufhin in einer Anfrage an die Stadt angeregt, einen Ermessensspielraum walten zu lassen und gefragt, &bdquo;inwieweit die Stadt bei diesem Thema auch mal ein Auge zudrücken kann“, wie es Daniel Helmig, Sprecher der CDU im Sozialausschuss und Mitglied im Hauptausschuss, in dem Anschreiben formulierte.

Auf Nachfrage der Redaktion stellt die Stadt detailliert klar, warum sie hier kein laissez faire walten lassen kann. Zur Erinnerung: Seit 2022 fahren Ehrenamtliche des Vereins &bdquo;Gütersloh tatkräftig“ mit Rikschas mobilitätseingeschränkte Senioren durch die Stadt. Eines der beliebtesten Ziele ist die Fußgängerzone, die etwa dreimal die Woche zwischen dem Café Fritzenkötter und der Kökerstraße in einem gemessenen Tempo (der Verein spricht von sechs Stundenkilometern) durchfahren wird.

Drei Jahre lang war das anstandslos möglich. Doch in der ersten Juliwoche wurden Fahrer der Rikscha von Mitarbeitern des Ordnungsamtes angehalten und um eine Ausnahmegenehmigung gebeten - die sie nicht hatten. Denn in der Fußgängerzone ist das Fahren von Fahrrädern, Pedelecs und eben auch Rikschas nur vor 11 Uhr und nach 19 Uhr möglich, und das auch nur in Schrittgeschwindigkeit. Seitdem meiden die ehrenamtlichen Kräfte den 200 Meter langen Abschnitt in der Innenstadt, um keinen Strafzettel zu riskieren.

Wie kam es zur plötzlichen Kehrtwende des Ordnungsamtes? Doch wie kam es zu der plötzlichen Kehrtwende im Verhalten des Ordnungsamts? Auf Redaktions-Nachfrage heißt es, dass die Bürgerbeschwerden &bdquo; über rücksichtslose Fahrradfahrende und E-Scooter in der Fußgängerzone“ bereits seit Herbst gehäuft hätten. &bdquo;Diese Beschwerden wurden an die Polizei weitergeleitet, woraufhin von dort die intensiveren Kontrollen umgesetzt wurden“, teilt Stadtsprecherin Nadine Henke mit.

Auf die Frage, warum in diesem Fall ein Ordnungsamtsmitarbeiter eingegriffen hat, obwohl die Polizei für die Kontrolle des fließenden Verkehrs zuständig sei, schreibt die Stadt: &bdquo;Der Hinweis, dass Fahrräder nicht in den betreffenden Teil der Fußgängerzone einfahren dürfen, war vom Kollegen des Ordnungsamtes als freundlicher Hinweis gemeint. Im weiteren Verlauf des Gespräches hat der Kollege dann die notwendigen Einzelheiten dargelegt, ohne in den Zuständigkeitsbereich der Polizei einzugreifen.“

Für den Botanischen Garten gibt es für die Rikschas seit 2022 eine formlose Genehmigung. Diese wurde nach Angaben der Stadt vor drei Jahren erteilt, weil ein 90-jähriges Paar bei einer Tour durch Gütersloh das Palmenhaus-Café besuchen wollte. Dies wurde erlaubt unter Auflagen, die nach wie vor gelten.

Stadt Gütersloh sieht in dieser Sache keinen Ermessensspielraum Die Auflagen sind Folgende: &bdquo; Nur die Rikscha darf im Garten gefahren werden. Alle weiteren Begleitfahrzeuge werden außerhalb der Anlage an den bereitgestellten Anlehnbügeln geparkt.“ Zweitens: Rücksichtnahme auf andere Besucher, es darf nicht schneller als Schritttempo gefahren werden.“ Drittens: &bdquo;Wenn das Mobil länger geparkt werden muss, dann im Gewächshaus neben dem Palmenhaus-Café.“ Viertens: Die Fahrten durch den Garten sollten auf ein Minimum reduziert und die Wegeführung beachtet werden.“

Diese Ausnahmeregelungen seien nicht so einfach übertragbar, da es einen &bdquo;graduellen Unterschied zwischen einer Fußgängerzone und einem Gehwegbereich bzw. einem Park“ gebe. Die Stadt führt weiter aus: &bdquo;Die Fußgängerzone ist deutlich stärker frequentiert. Zudem werden in der Fußgängerzone kreuz und quer die Wege gesucht und gegangen, wodurch die Gefährdung mit passierenden Fahrrädern entsteht. Der betroffene Teil der Fußgängerzone ist zudem ausdrücklich nicht für Fahrräder zugelassen, weil sich die Breite hier von den anderen Teilen der Fußgängerzone deutlich unterscheidet und schmaler ist.“

Die Stadt sieht in dieser Sache keinen Ermessensspielraum. Der städtische Fachbereich Ordnung listet vier Gründe auf, &bdquo;warum eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 der StVO für das Befahren des kleinen Teils der Berliner Straße mit einer Seniorenrikscha unter entsprechender Rechtsgüterabwägung und im Lichte der Verhältnismäßigkeit nicht in Betracht kommt“.

Nutzung durch Fahrzeuge berge Gefahrenpotenzial für Fußgänger Eine Ausnahmegenehmigung setze voraus, dass im Einzelfall besondere Gründe vorliegen, die eine Abweichung von der allgemeinen Verkehrsvorschrift rechtfertigten. Solche besonderen Gründe seien hier nicht ersichtlich. &bdquo;Es handelt sich bei der Seniorenrikscha zwar um ein unterstützungswürdiges Mobilitätsangebot, jedoch reicht das allein nicht aus, um eine Abweichung von geltendem Verkehrsrecht zu begründen. Es sind auch keine besonderen Gründe erkennbar, warum genau dieser Bereich der Berliner Straße befahren werden muss.“

Das Ordnungsamt sieht nämlich eine bereits vorhandene Teilhabe am sozialen Leben gewährleistet, da in der betreffenden Fußgängerzone bereits Teilbereiche existierten, in denen der Radverkehr (zu dem auch Rikschas zählen) in Schrittgeschwindigkeit erlaubt sei. &bdquo;Damit ist die Erschließung wesentlicher Bereiche des öffentlichen Raums und die Teilhabe der mit der Rikscha beförderten Personen am sozialen Leben bereits grundsätzlich möglich.

Drittens sei der konkret betroffene Teil der Fußgängerzone, für den die Ausnahme begehrt werde, enger als die übrigen Abschnitte. &bdquo;Eine zusätzliche Nutzung durch Fahrzeuge – selbst in Schrittgeschwindigkeit – birgt hier ein erhöhtes Gefahrenpotenzial für Fußgänger. Der Schutz der ungehinderten und sicheren Nutzung durch den Fußverkehr hat hier Vorrang“, so die Stadt.

&bdquo;Ausnahmegenehmigung könnte zu Begehrlichkeiten führen“

Last, but not least betont die Stadt die Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung. &bdquo;Eine Ausnahmegenehmigung könnte zu Begehrlichkeiten bei anderen Nutzergruppen führen und den Charakter der Fußgängerzone als weitgehend verkehrsfreie Zone untergraben. Angesichts der vorhandenen nutzbaren Bereiche erscheint die Einschränkung verhältnismäßig.“

Für Rainer Jakobi, einer der 20 ehrenamtlichen Rikschafahrer, der den Fall in der Zeitung publik gemacht hat und auch Mitglied im Seniorenbeirat der Stadt ist, ist das Thema damit nicht abgehakt. &bdquo;Wir werden darüber nach der Sommerpause in der entsprechenden Arbeitsgruppe des Seniorenbeirats diskutieren. Ich gehe nicht davon aus, dass wir Ruhe geben.“

Auch Rückmeldungen mehrerer Ratsfraktionen sowie öffentliche Reaktionen von Privatpersonen hätten völliges Unverständnis über diese Entscheidung gezeigt. &bdquo;Das versteht ja kein Mensch.“

Ausweichstrecke durch die Innenstadt ist nicht vorgesehen

Eine Ausweichstrecke durch die Innenstadt sei nicht vorgesehen. &bdquo;Unsere Kunden wollen ja genau in den zurzeit geschmückten Teil der Fußgängerzone. Wir folgen grundsätzlich den Wünschen der Senioren“, so Jakobi. Die Rikscha zu schieben sei, vor allem, wenn sie von zwei Personen besetzt sei, wegen des hohen Gewichts nicht möglich. Alleine die Riksche wiege 100 Kilo.

Rainer Jakobi stört sich weiterhin an der Gleichsetzung mit Radfahrern und E-Scooter-Fahrern. Ihm ist das zu formalistisch begründet. &bdquo;Wir sind Fahrer von Senioren- und Behinderten-Transportmitteln. Das ist aus meiner Sicht Paragraphenreiterei.“ Das Thema wird die Öffentlichkeit also noch weiter beschäftigen.

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