Paderborner Paar bekommt digitale Wasseruhr - Verbrauch steigt um das Achtzehnfache

Paderborn. Gut achtmal der Wasserinhalt der Paderborner Schwimmoper - so viel Wasser sollen Klaus Mücke-Klein und Cornelia Klein im Jahr 2021 in ihrem Privathaushalt verbraucht haben. Laut Wasserwerken sollen sie deshalb 1509,50 Euro nachzahlen. Die beiden Rentner weigern sich und werden von den Wasserwerken verklagt. Sie sind sich sicher, dass es ein Problem mit der mittlerweile ausgetauschten digitalen Wasseruhr gegeben haben muss. Doch das vor Gericht zu beweisen, ist schwer.

An einem Samstag im Januar 2022 erhält Familie Mücke-Klein die Wasserabrechnung für das vergangene Jahr. Darin der angebliche Verbrauch von 1130 Kubikmetern Wasser und die Nachzahlungsforderung über 1509,50 Euro. "Das Wochenende war für uns gelaufen", sagt Klaus Mücke-Klein. Nicht nur ärgern sich die Rentner über die hohe Rechnung. Sie beginnen auch, sich Sorgen zu machen. Denn sollte tatsächlich so viel Wasser durch ihre Leitungen gelaufen sein, dann müsse es auch irgendwo geblieben sein, so Mücke-Klein. "Zum Beispiel aufgrund eines Lecks in den Wänden oder im Mauerwerk."

Kein plausibler Grund für den Verbrauch Also beginnen die beiden mit der Ursachenforschung. Als Erstes nehmen sie Kontakt zu ihrem Anbieter, den Stadt- und den Wasserwerken auf. Die bieten eine Prüfung der Wasseruhr auf Kosten der Familie Mücke-Klein an. "299 Euro auf unsere Kosten, das haben wir abgelehnt", sagt Klaus Mücke-Klein. Er und seine Frau beauftragen zunächst einen Heizungsinstallateur mit einer umfassenden Prüfung ihrer Wasserinstallationen. Es werden Toilettenspülungen und Wasserkräne geprüft, eine Druckprüfung der Wasserleitungen gemacht - ohne Befund. Um sicherzugehen, nimmt eine weitere Spezialfirma eine Rohrbruchortung vor. Die findet einen tropfenden Wasserhahn in der Garage. Der hat aber laut Experten nur einen Kubikmeter Verbrauch im Jahr verursacht und kann nicht der Grund für den gestiegenen Verbrauch sein.

Vor Cornelia Klein liegt auf dem Esstisch ein dicker Aktenordner. Sie zeigt eine Übersicht mit den durchschnittlichen Verbrauchswerten der Vorjahre. 62 Kubikmeter waren das, 2021 stieg ihr Verbrauch laut der Daten der digitalen Wasseruhr also mit 1130 Kubikmetern um das Achtzehnfache. "Wir sind Rentner, unser Garten ist klein, wir haben keinen Swimmingpool", sagt Cornelia Klein. "Wo soll denn das ganze Wasser geblieben sein?", fragt sie.

Einen Monat nach Eingang der Rechnung wird die digitale Wasseruhr der Mücke-Kleins ausgetauscht und vom Eichamt überprüft, auf Kosten der Wasserwerke. Doch die Uhr funktioniere, heißt es. Weil alle anderen Möglichkeiten bereits ausgeschlossen sind, vermuten die Mücke-Kleins einen Fehler beim Einbau der Uhr. Die Indizien dafür sind da: Nach dem Austausch der Uhr normalisiert sich der Verbrauch schlagartig. Die ersten sechs Wochen im Jahr 2022 mit der alten Uhr liegt der Verbrauch bei 60 Kubikmetern, dem durchschnittlichen Jahresverbrauch der Mücke-Kleins. Die restlichen 48 Wochen mit der neuen Uhr beträgt der Verbrauch 59 Kubikmeter.

Klaus Mücke-Klein schreibt einen Brief an den Bürgermeister Michael Dreier, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Wasserwerke ist. Doch der verweist auf die Prüfung der Wasseruhr beim Eichamt und bietet eine Ratenzahlung an.

Die Wasserwerke klagen Mittlerweile drohen die Wasserwerke mit Inkasso und Zwangsvollzug, die Mücke-Kleins schalten einen Rechtsanwalt ein. Ende 2022 kommt es zur Klage der Wasserwerke gegen Klaus Mücke-Klein. "Es wird langsam teuer", kommentiert Klaus Mücke-Klein das laufende Verfahren. Die Abwasserrechnung, die auf dem Wasserverbrauch basiert, war entsprechend hoch: 2500 Euro, die er auf Anraten seines Anwalts gezahlt hat. "Sollten wir den Prozess gewinnen, bekommen wir das Geld zurück", so Mücke-Klein.

Martin Strake, Rechtsanwalt von Klaus Mücke-Klein, hält die Aufklärung des Falls zugunsten seines Mandanten für schwierig, aber nicht für ausgeschlossen. Der Zähler sei zwar vom Eichamt überprüft und für fehlerfrei befunden worden, sagt er. "Wir gehen jedoch davon aus, dass die Wasseruhr nicht ordnungsgemäß eingebaut war", sagt Strake. Ein Indiz dafür, dass die Wasseruhr nicht voll funktionsfähig war, haben sie auch. Die digitale Wasseruhr wurde im Juni 2020 eingebaut. Die erste Übertragung der Messwerte Ende 2020, die per Bluetooth läuft, habe offenbar nicht richtig funktioniert. Die Werte waren bereits so hoch, dass die Wasserwerke vermutlich von einem Fehler ausgegangen sind und für das zweite Halbjahr 2020 einen Schätzwert anhand des vorherigen Durchschnittsverbrauchs angesetzt hätten. "Wenn das einmal nicht funktioniert hat, dann kann man auch von weiteren Fehlern ausgehen", so Strake.

Hinweis auf einen Messfehler bei der Wasseruhr Doch die Beweislast liegt beim Angeklagten. Zurzeit prüft ein Sachverständiger, ob die Wasseruhr nicht richtig eingebaut gewesen sein könnte. "Die Frage ist natürlich, ob er das jetzt im Nachhinein noch kann", so Strake. Wenn Mücke-Klein den Fall verliert, könne er immer noch Berufung beim Landgericht einlegen.

Michael Bernemann, technischer Leiter der Wasserwerke, möchte den Fall nicht bewerten. "Das müssen jetzt die Richter entscheiden", sagt er. Fakt sei, dass der Zähler in Ordnung war. "Wenn wir darauf eingehen, dann könnte ja theoretisch jeder kommen", so Bernemann. Es komme immer mal wieder vor, dass zu viel Wasser abgenommen worden sei. Das läge in der Regel an undichten Ventilen, Spülarmaturen oder laufenden Toilettenanlagen. Vorwerfen lassen müssen sich die Mücke-Kleins, dass sie ihren Zählerstand nie überprüft haben, so Bernemann. Jeder Kunde habe die Pflicht, das zu tun. "Das sollte man jeden Monat einmal machen, und zwar nicht nur beim Wasser, sondern auch bei Gas und Strom", sagt Bernemann.

Klaus Mücke-Klein und Cornelia Klein geht es letztlich nicht mehr um die Rechnung über 1509,50 Euro. "Es geht um Gerechtigkeit", sagt Cornelia Klein. "Und es geht auch um den ökologischen Aspekt", räumt ihr Ehemann ein. "Es müsste doch im Sinne des Anbieters liegen, dass wir sparsam mit der Ressource Wasser umgehen", sagt er. Auf seinen Vorschlag für ein Warnsystem bei auffällig hohen Verbräuchen sei bisher niemand von den Wasserwerken eingegangen.

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