Die TBV-Eismänner wollen in Berlin "cool" bleiben

Lemgo . Be cool, TBV Lemgo Lippe. Obwohl die Spielfrequenz mit der siebenten Partie binnen 23 Tagen in den roten Bereich hochschnellt und die Qualität der Gegner spürbar steigt, tritt der lippische Handball-Bundesligist am Donnerstag um 19 Uhr entspannt und gelassen in der Max-Schmeling-Halle bei den Füchsen Berlin an.

Jetzt, in der heißen Phase der Saison, kommt dem TBV eine im vergangenen September von der Reha Lemgo getätigte Anschaffung besonders zugute: die Kryosauna . Wobei das Wort etwas irreführend ist. Schweißperlen stiegen jedenfalls keinem der TBV-Handballer auf die Stirn, als sie nur wenige Stunden nach dem Kiel-Spiel – lediglich mit Unterhose, Plüschpuschen und Handschuhen bekleidet – in das fassähnliche Objekt stiegen. Kryo heißt Kälte. Und die eisigen Anwendungen sollen den Handballern angesichts der dauerhaft hohen Belastungen helfen, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern sowie die Regeneration zu fördern und Entzündungen vorzubeugen.

Obwohl die Teilnahme freiwillig ist, setzen sich fast alle TBV-Spieler drei Minuten lang den bizarr klingenden Minustemperaturen von -150 Grad aus. Nur Peter Johannesson muss sich jedes Mal überwinden: &bdquo;Ich bin eher ein Mann der Sonne", sagt der TBV-Keeper , der gegenüber den spanischen &bdquo;Sonnenscheinen" Isaias und Gedeon Guardiola nicht zurückstecken möchte. &bdquo;Die Kryosauna hilft bei der Regeneration und macht viel Sinn. Die Jungs genießen es", freut sich auch Florian Kehrmann über ein weiteres Plus an Professionalität.

Jörg Zereike erkundigte sich auch bei Arminia Bielefeld

Gemeinsam mit Geschäftsführer Jörg Zereike hat der TBV-Coach im vergangenen Sommer persönlich die Wirksamkeit des Mega-Kühlschranks getestet. &bdquo;Man muss mit der Zeit gehen. Im Profisport werden Kälteanwendungen sehr häufig genutzt", sagt Jörg Zereike , der sich auch bei den Bundesligakickern vom DSC Arminia Bielefeld erkundigte.

Als einer der Ersten im deutschen Sport hat Jürgen Klinsmann im Vorfeld der Fußball-WM 2006 intensiv mit Kälte gearbeitet. Richtig populär wurde die Therapie durch das berühmte Eistonnen-Bad von Per Mertesacker 2014 im Campo Bahia. &bdquo;Doch mit einer Eistonne ist unsere Ganzkörpertherapie nicht vergleichbar", legt Bennet Risch Wert auf die Feinheiten. Die Kryosauna ist mit Stickstoff bestückt. Für den Tank wurde eigens draußen ein kleines Häuschen errichtet. Der wertvolle Stickstoff wird einmal pro Woche aus Kassel zur Reha Lemgo geliefert. &bdquo;220 Liter Stickstoff reichen für 35 Anwendungen", sagt Bennet Risch, der die Therapie auch Nichtsportlern empfiehlt. Positive Wirkung erziele die Kryosauna zudem bei rheumatischen Erkrankungen, Arthritis, Arthrose, Neurodermitis, Gelenkerkrankungen, sowie Schlafstörungen oder chronischen Schmerzzuständen, so Risch.

Die TBV-Profis nutzen das Angebot angesichts der zahlreichen Einsätze ein- bis zweimal wöchentlich und sind von der Wirkung angetan. &bdquo;Bei den Füchsen hatten wir so etwas nicht", sagt Frederik Simak , der bei der emotionalen Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte besonders &bdquo;cool" bleiben will. In jedem Fall geht er ausgeschlafen in das Berlin-Spiel: &bdquo;Nach der Kryosauna bin ich immer total müde und genieße ein Mittagsschläfchen." Ähnliche Empfindungen hat auch Bobby Schagen : &bdquo;Aber nach der Müdigkeit gehts mir am nächsten Tag viel besser."

Lukas Zerbe hat nach dem wohligen Gefühl der Entspannung noch eine weitere Reaktion beobachtet: &bdquo;Ich habe anschließend immer einen Mordskohldampf und kann Essen ohne Ende." Alles zusammen sind das gute Voraussetzungen, damit sich der TBV in Berlin nicht &bdquo;kaltmachen" lässt.

Die Füchse stehen unter Druck

Ein Blick auf die Tabelle verblüfft: lediglich drei Pünktchen liegen nach 29 Partien zwischen den Füchsen Berlin und dem TBV Lemgo Lippe. Der Hauptstadtklub droht somit das europäische Geschäft zu verpassen und darf sich in den restlichen neun Partien keinen Ausrutscher mehr erlauben. Groß war der Frust nach dem 25:28 gegen den SC Magdeburg im Finale der European League, als die Füchse bereits in der ersten Hälfte (8:15) alles verspielten. Im Halbfinale hatten sie tags zuvor Gastgeber Rhein-Neckar Löwen mit 35:32 das Fell über die Ohren gezogen. Allein elf Tore erzielte Lasse Andersson . &bdquo;Das erste Spiel war überragend", beobachtete Florian Kehrmann, der das verlorene Endspiel als &bdquo;Weckruf" bezeichnete. Hoffnung machen ihm die zuletzt sehr konstanten Leistungen des TBV-Teams : &bdquo;Ich hoffe, dass wir mit ein, zwei Fehlern weniger als gegen Kiel das Spiel eng halten."

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