Wie Schweinepest und Vogelgrippe die Existenz von Landwirten bedrohen

Bielefeld/Potsdam. Zwei Tierseuchen bedrohen aktuell die Gesundheit von Wild- und Nutztieren in Deutschland und damit auch die Existenz von Landwirten. Die Schweinebauern befürchten einen erheblichen Schaden, falls die afrikanische Schweinepest nach Deutschland kommen sollte. Der deutsche Bauernverband rechnet mindestens mit einem hohen dreistelligen Millionenbetrag. In Sorge sind auch die Geflügelhalter, denn die Vogelgrippe hat Deutschland bereits erreicht. In Brandenburg wurde die Geflügelpest bei einem Wildvogel nachgewiesen. Der Fall weckt Erinnerungen an die bislang schwerste Vogelgrippe-Epidemie in Europa, die 2016 auch OWL erreichte. Die Kreisveterinärämter rufen Tierhalter zu Schutzmaßnahmen auf und fordern auch Hobbytierhalter dazu auf, auch kleine Tierbestände und ungewöhnliche Krankheits- und Todesfälle zu melden.

Die afrikanische Schweinepest grassiert seit 2014 in Europa, ausgehend von Osteuropa. Zuletzt war in Polen 21 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt ein infiziertes Wildschwein gefunden worden. Doch auch in Belgien wütet das Virus unweit der deutschen Grenze. "So nah wie jetzt war die afrikanische Schweinepest noch nie an Deutschland dran. Die Gefahr ist größer als je zuvor", sagt der Vorsitzende des landwirtschaftlichen Bezirksverbands OWL, Hubertus Beringmeier. "Bei den Landwirten stehen alle Lampen auf rot."

Export von Schweinefleisch außerhalb der EU würde zum Erliegen kommen Beim ersten Nachweis der afrikanischen Schweinepest bei einem Wild- oder Hausschwein würde Deutschland den Status als "seuchenfrei" verlieren. Der internationale Export von Schweinefleisch außerhalb der EU würde zum Erliegen kommen und auch nationale Handelsbeschränkungen in der Landwirtschaft wären möglich. Nach derzeitiger Rechtslage würde China den Import sofort einstellen, wenn das erste infizierte Wildschwein in Deutschland gefunden wird.

Das Bundesagrarministerium bemüht sich jedoch um eine weniger strenge Regelung. In Verhandlungen mit China will Deutschland eine Differenzierung erreichen, je nachdem, ob ein Wild- oder ein Hausschwein betroffen ist. Zudem soll der Importstopp nur Tiere aus der belasteten Region und nicht ganz Deutschland betreffen. "Wir sind hoffnungsvoll, dass die Regeln gelockert werden", sagt Beringmeier. "Doch sobald die Seuche in einem Stall nachgewiesen wurde, gelten die Restriktionen für ganz Deutschland."

Deutsche Schweinehalter profitieren von steigenden Exporten nach China Die deutschen Schweinehalter profitieren derzeit von steigenden Exporten nach China, das von der afrikanischen Schweinepest bereits befallen ist. Der Preis für ein Kilo Schwein ist nach Angaben der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands von 1,37 Euro vor einem Jahr auf 1,82 Euro gestiegen.

Um eine Ausbreitung der Schweinepest nach Deutschland zu vermeiden hat Brandenburg bereits auf einer Länge von 120 Kilometern mobile Wildschutzzäune installiert. Ähnliche Pläne haben auch Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt. Dänemark hat bereits einen Wildschweinzaun entlang der Grenze zu Deutschland fertiggestellt.

Geflügelpest wurde am 20. Januar erstmals wieder nachgewiesen Bislang gibt es keinen Nachweis der afrikanischen Schweinepest in Deutschland. Für die Geflügelpest hingegen schon. Am Montag wurde bekannt, dass in Brandenburg der Geflügelpest-Erreger H5N8 bei einem Wildvogel nachgewiesen wurde. Der erste Nachweis der Saison in Deutschland. "Grund zur Panik gibt es noch nicht, auch wenn die Erinnerungen an den schweren Ausbruch der Geflügelpest 2016 natürlich sofort aufkommen", sagt Beringmeier. "Im Winter sind Geflügelhalter sowieso sehr wachsam, weil die Aktivitäten von Zugvögeln immer ein Risiko sind. Da es aber bereits einen bestätigten Fall in Deutschland gibt, müssen die Landwirte jetzt umso strenger auf die Sicherheit achten." Das Friedrich-Loeffler-Institut bewertet das Risiko einer Übertragung von Wild- auf Nutztiere derzeit als mäßig ein. Eine Stallpflicht für Geflügel ist in Deutschland deshalb noch nicht nötig.

Die entscheidende Rolle beim Schutz vor einer Ausbreitung der Tierseuchen haben nach Angaben der Kreisveterinärämter Landwirte. "Am wichtigsten ist jetzt die Einhaltung der Biosicherheit. Das gilt für Geflügel- und Schweinehalter", sagt Johanna Neudecker vom Kreisveterinäramt Gütersloh. Zu den Sicherheitsmaßnahmen zählen unter anderem Schutzkleidung für Beschäftigte, Einwegkleidung für Besucher, die Reinigung und Desinfektion von Kleidung, Schuhen, Ställen und Fahrzeugrädern, die Absicherung von Ställen gegen unbefugten Zutritt, Hunde und Katzen sowie Ausbrüche, die Bekämpfung von Mäusen und Ratten, die Sicherung von Futter und Einstreu vor Wildtieren, die Fütterung in geschlossenen Ställen und die Absicherung des Geländes als Schutz vor Wildtieren.

Auch Hobbytierhalter müssen all ihre Bestände melden Tierhalter müssen zudem alle Bestände bei der Tierseuchenkasse melden und auffällige Todes- und Krankheitsfälle in ihren Beständen abklären lassen. "Dazu sind alle Tierhalter gesetzlich verpflichtet, auch Hobbyhalter. Selbst dann, wenn es sich nur um eine Gans handelt, die Teil der Familie ist", sagt Neudecker. "Das ist wichtig, damit die Behörden im Krisenfall alle Bestände kennen, denn allein im Kreis Gütersloh gibt es 1.800 Geflügelbestände." Die Frist für die Meldung der Tierbestände endet am 31. Januar. Der einfachste Weg ist laut Tierseuchenkasse das Portal: www.tierzahlenmeldung-nrw.de.

"Jeder Tierhalter trägt Verantwortung und muss sich bewusst machen, dass Unachtsamkeit verheerende Folgen haben kann, die mitunter eine ganze Region oder das ganze Land betreffen können", erklärt Beringmeier. Deshalb sensibilisieren Verbände bei jeder Gelegenheit Landwirte und auch Jäger, die nicht nur die Biosicherheitsmaßnahmen einhalten, sondern auch lebende oder tote Wildtiere mit auffälligen Symptomen an die Veterinärämter melden müssen.

Reisende und Berufspendler dürfen keine infizierten Lebensmittel einführen Wichtig ist nach Angaben von Beringmeier und Neudecker auch, dass Reisende und Berufspendler kein infiziertes Fleisch oder Wurst nach Deutschland einführen oder unachtsam entsorgen. "Wenn infizierte Lebensmittel zum Beispiel von Reisenden an Autobahnraststätten nicht richtig entsorgt werden und von Wildschweinen gefressen werden, kann das Virus so auch über Hunderte Kilometer weiter getragen werden", erklärt Neudecker. "Diese Wurtsbrot-Theorie enthält zwar viele Unwägbarkeiten, ist aber möglich."

Menschen können die afrikanische Schweinepest verbreiten, sich aber nicht anstecken. Unter Wild- und Hausschweinen ist die hochansteckende virusbedingte Infektionskrankheit meist tödlich. Die Geflügelpest wurde nach Angaben des FLI wahrscheinlich durch Zugvögel eingeschleppt. Nachgewiesen wurde der Geflügelpest-Erreger H5N8 bei einer Blessgans. Übergänge von H5N8 auf den Menschen sind laut FLI bislang nicht bekannt.

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