Interview: Bad Salzuflen bekommt einen Online-Bürgerrat

Bad Salzuflen-Schötmar. Wie verschafft man sich als Kommunalpolitiker ohne die Anbindung an eine Partei in der Corona-Krise Gehör? Fast sämtliche Ausschusssitzungen sind seit der Kommunalwahl im September ausgefallen. Dr. Johann Malcher, parteiloses Ratsmitglied, hat einen &bdquo;Online-Bürgerrat" ins Leben gerufen, um seine Themen zur Diskussion zu stellen. Was er damit bezweckt, erzählt er im Interview.

Herr Malcher , Sie planen für das kommende Jahr weitere Ausgaben des Online-Bürgerrats. Was genau muss man darunter verstehen?

Dr. Johann Malcher : Mir schwebt vor, eine Art Beratungsgremium für meine Ratsarbeit zu schaffen, so dass 15 bis 20 Bürgerinnen und Bürger meine Arbeit kritisch und konstruktiv begleiten können. Die Ergebnisse sollen dann in einem zweiten Schritt der Öffentlichkeit online vorgestellt werden.

An der Premiere im Dezember, die öffentlich zugänglich war, haben gut 20 Menschen teilgenommen. Im Vorfeld hatten sie mehrere Hundert Flyer verteilt. Haben Sie das Interesse überschätzt?

Malcher : Bei vielen gibt es noch eine hohe Hürde, sich bei einer Videokonferenz zuzuschalten. Dabei bietet das den Vorteil, dass Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich einfach einloggen können, ohne eine Veranstaltung besuchen zu müssen. Das ist mit Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Aber für viele Seniorinnen und Senioren gestaltet sich das vielleicht auch schwierig.

Gleichwohl hatten Sie bei der Erstausgabe durchaus interessante Gäste, neben Bürgermeister Dirk Tolkemitt war auch Jens Cüppers , Projektleiter des Masterplans Schötmar , dabei. Wer soll Sie denn in Zukunft dort besuchen?

Malcher : Mir geht es darum, ein kommunales Forum zu schaffen, in dem sich interessierte Bürgerinnen und Bürger regelmäßig informieren und austauschen können. Der Bürgermeister ist natürlich immer willkommen, aber auch andere Ratsmitglieder können mitmachen.

Es soll aber kein Neben-Ortsausschuss werden, oder?

Malcher : Nein! Ich sehe das als Teil des Projekts, den Ortsausschuss zu stärken. Aus meiner Sicht sind solche Formate geeignet, die Arbeit des Ortsausschusses zu begleiten und zu unterstützen.

Aufgrund von Corona ist auch die Sitzung des Ortsaussschusses Schötmar abgesagt worden, in dem der Masterplan diskutiert werden sollte. Was sind Ihre Erwartungen, wie es mit dem Masterplan weitergehen soll?

Malcher : Ich hoffe, dass noch mal eine kritische Bestandsaufnahme erfolgt: Was hat man bisher erreicht und wo steht man? Das Quartiersmanagement ist ja nun auch schon ein halbes Jahr am Werk, aber ist aus meiner Sicht noch zu wenig sichtbar. Aufgrund der hohen Erwartungen, die geweckt worden sind, ist es jetzt wichtig zu sagen, was auf Schötmar zukommt.

Zum Masterplan gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen. Beispielsweise finden es einige gut, dass mit Sitzgelegenheiten die Aufenthaltsqualität am Kirchplatz gesteigert werden soll. Andere befürchten, dass es dadurch zu weiteren nächtlichen Ruhestörungen kommt...

Malcher : Das ist wirklich eine schwierige Gemengelage. Ich halte es für blauäugig, wenn man meint, durch neue Sitzmöbel die sozialen Probleme der Stadt lösen zu können.

Wie kann man sie lösen?

Malcher : Ich werde noch mal das Konzept Nachtbürgermeister angehen, das aus Baden-Württemberg stammt. Er würde in der Nacht die Ruhestörer bitten, leise zu sein und ansonsten die Polizei rufen. Wichtig ist aber auch, dass das Quartiersmanagement den Dialog mit den betreffenden Gruppen sucht, die die Ruhe stören.

Die Stadt hat die Festhalle Schötmar zum Verkauf angeboten. Die Turngemeinde hat Interesse bekundet. Wie sollte die Halle genutzt werden?

Malcher : Ich hoffe, dass die Festhalle ein Ort wird, zu dem viele Vereine und Akteure Zugang haben und dass so Leben in die Festhalle kommt. Ich bin gespannt, welche Nutzungskonzepte vorgelegt werden, die dann im Ortsausschuss bewertet werden. Zuletzt wird nach aktueller Zuständigleit der Rat entscheiden, was die beste Lösung für Schötmar ist.

Sie haben in einem Papier angeregt, die Ortsausschüsse zu stärken und ihnen unter anderem auch finanziell ein paar Entscheidungsspielräume zu geben...

Malcher : Die Spielräume der Ortsausschüsse sind in Bad Salzuflen im Vergleich zu anderen Städten sehr gering. Das Problem wird auch von anderen Fraktionen gesehen. In Gremien, die nichts zu sagen haben, kommt schnell Frust auf.

Bisher entscheiden die Fachausschüsse. Nun ist Bad Salzuflen ja keine Großstadt. Befürchten Sie nicht Kleinstaaterei?

Malcher : Nehmen wir als Beispiel die Festhalle Schötmar, die vor 90 Jahren von Schötmaranern erbaut und genutzt wurde. Warum soll nicht der Ortsausschuss verbindlich entscheiden, welches Nutzungskonzept das Beste ist. Es gibt sicher Ratsmitglieder aus anderen Stadtteilen, die gar nicht wissen, was die Festhalle bedeutet.

Sie sind in den Rat der Stadt gewählt worden. Fühlen Sie sich der Stadt als Ganzes verpflichtet oder eher Schötmar ?

Malcher : Wenn wir Schötmaraner Probleme gut lösen, tun wir auch etwas für die Stadt Bad Salzuflen. Ich mache mir über die gesamte Stadt Gedanken, mein Fokus liegt auf Schötmar.

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