Salzufler SPD kritisiert Informationspolitik der Verwaltung

Bad Salzuflen. Dass Opposition Mist sei, hat einst der Parteichef der SPD, Franz Müntefering, gesagt. Gilt das auch im Stadtrat? Mit 16 Sitzen ist die SPD nun seit gut einem Jahr die größte Oppositionspartei und muss sich gegen die Mehrheit der schwarz-grünen Koalition behaupten. Noch müsse sich die neu zusammengesetzte Ratsfraktion finden, sagt Fraktionsvorsitzender Ralf Wiebusch. Das gelte auch für den Vorstand, der sich als &bdquo;Team aus Vorsitzenden" begreife und zu dem neben Wiebusch auch Sigrid John und Robin Meier als Stellvertreter gehören. Im Gespräch erklären Wiebusch und Meier, warum man von der SPD in letzter Zeit nicht viel gehört hat und was bei der Rathaussanierung schief gelaufen ist.

Herr Wiebusch, Herr Meier, wie geht es der Bad Salzufler SPD?

Ralf Wiebusch: Gut (lacht).

Robin Meier: Ich glaube auch: insgesamt gut.

Wir haben uns schon ein bisschen Sorgen gemacht, weil man die SPD seit dem Wechsel in die Opposition unserem Empfinden nach kaum noch wahrnimmt.

Wiebusch: Das ist vielleicht auch dem Umstand geschuldet, dass der Sitzungsbetrieb kurz nach der Kommunalwahl aufgrund der Corona-Maßnahmen fast gegen Null gefahren worden ist. Wenn man die Rats- oder Ausschusssitzungen als Bühne bezeichnen möchte, war diese nicht mehr da. Nicht nur die SPD, auch andere Parteien sind da vielleicht öffentlich nicht mehr so wahrgenommen worden.

Wir erinnern uns noch an Ihren Vorgänger Eduard Böger, der uns regelmäßig mit Pressemitteilungen versorgt hat.

Wiebusch: Das ist auch eine Zeitfrage. Im Gegensatz zu Herrn Böger, der bereits pensioniert war, bin ich berufstätig. Für mich kommt erst die Sacharbeit, die notwendig ist, um das zu bewegen, was wir gerne machen wollen, und dann erst die Öffentlichkeitsarbeit.

Sie müssen das, was sie machen wollen aber doch den Bürgerinnen und Bürgern kommunizieren, damit Sie beim nächsten Mal gewählt werden...

Meier: Die vergangene Kommunalwahl hat für uns einiges verändert. Rund die Hälfte der Fraktionsmitglieder ist ausgeschieden, dafür haben wir viele neue Leute, die sich erst in ihre Arbeit einfinden müssen. Auch im Vorstand hat ein Generationenwechsel stattgefunden, auch wir müssen uns finden. Zudem hatten wir nach der Wahl nur eine richtige Ratssitzung, danach ist der Informationsfluss aus dem Rathaus ins Stocken gekommen. Wir als Politik haben keine neuen Vorlagen mehr bekommen und in den Sitzungen des Hauptausschusses wurden die Themen schnell durchgepeitscht, um die Infektionsgefahr gering zu halten. So etwas darf sich nicht einschleifen.

Haben Sie daraus Schlüsse gezogen?

Meier: Wir haben in der vergangenen Ratssitzung den Antrag gestellt, dass die Informations- und Beschlussvorlagen schon mit der Einladung zu den Sitzungen verschickt werden, damit wir genügend Zeit haben, uns darauf vorzubereiten.

Dann halten wir fest, dass es nicht so ist, dass Sie mit der Arbeit von Bürgermeister Dirk Tolkemitt so zufrieden sind, dass es keinen Grund mehr gibt, nachzuhaken...

Meier: Natürlich hatte er am Anfang eine Schonfrist, um sich ins Amt einzufinden. Aber es gibt schon einige Baustellen, beispielsweise beim angestrebten Gesundheitscampus, wo es viele Fragezeichen gibt und wo die Politik bislang nicht richtig mitgenommen wird.

Wie steht denn die SPD zum Gesundheitscampus?

Wiebusch: Wir sollten erst mal abwarten, was Dirk Tolkemitt tatsächlich unter einem Gesundheitscampus versteht. Wir sehen ja nur ansatzweise ein Gerüst, was er sich darunter vorstellt. Der neue Geschäftsführer des Staatsbads hat im Rat beispielsweise ganz andere Schlagworte genannt, als es um den Gesundheitscampus ging. Wir sind neugierig, was Dirk Tolkemitt bei der Sitzung des Gesundheits- und Touristikausschusses denn nun als seine Vision präsentiert hat. Unser Anspruch ist, zu schauen, was die Ideen sind und wo wir nachjustieren können. Wir wollen keine Fundamentalopposition sein, sondern konstruktive Sacharbeit leisten.

Opposition ist aber Mist, wie Ihr Parteifreund Franz Müntefering mal gesagt hat...

Wiebusch: (lacht) Nein, das würde ich nicht sagen. Natürlich kann man in der Ratsmehrheit mehr bewegen. Die Aufgabe der Opposition ist aber genauso wichtig: nämlich den Finger in die Wunde zu legen. Und ich habe schon den Eindruck, dass der Bürgermeister reinhört, was die SPD gut oder schlecht an seinen Ideen findet und gegebenenfalls auch nachjustiert. Daran sieht man auch, dass unsere Arbeit Früchte trägt.

Nennen Sie mal ein Beispiel.

Wiebusch: Stichwort Kostenexplosion bei der Rathaussanierung. Wir haben dafür gestimmt, dass die notwendigen Finanzmittel zwar bereit gestellt werden, um den Bau nicht zu unterbrechen. Wir haben aber auch durchgesetzt, dass das, was die Verwaltung an neuen Bausteinen vorgeschlagen hat, wie beispielsweise die Installation einer Photovoltaikanlage, erst mal im zuständigen Fachausschuss besprochen wird.

Der Aufreger Rathaussanierung wäre ja eigentlich eine Steilvorlage für die SPD. Dumm nur, dass wohl auch schon einiges unter Tolkemitts SPD-Vorgänger, Dr. Roland Thomas, schief gelaufen ist.

Wiebusch: Das weiß ich nicht. Die CDU macht sich einen schlanken Fuß, wenn sie sagt, da ist der alte Bürgermeister schuld. Da sehe ich nicht nur den Bürgermeister, sondern auch den Vorgänger des heutigen technischen Beigeordneten und den Vorsitzenden des Bauausschusses in der Verantwortung.

Meier: Auch die anderen Fraktionen waren damals bereits in der Verantwortung. Der Rat hat ja nicht nur die Aufgabe, Maßnahmen zu initiieren, sondern auch zu überwachen. Jeder, der im Rathaus schon mal auf der Toilette war, wusste, wie es um das Gebäude bestellt ist. Aber man muss auch sagen: In dem Zeitraum, seit dem die Fassadenelemente runtergenommen worden sind und das Ausmaß der tatsächlich notwendigen Sanierung bekannt wurde, war Herr Tolkemitt länger Bürgermeister als sein Vorgänger. Dennoch sind wir erst sehr spät informiert worden. Transparenz sieht anders aus.

Wiebusch: Die aktualisierte Kostenschätzung ist innerhalb der Verwaltung wohl im Juni kommuniziert worden, wie man dem LZ-Interview mit dem Technischen Beigeordneten entnehmen konnte. Wir haben es aber erst am 15. September erfahren. Das ist ein Ungleichgewicht. Um vernünftige Entscheidungen treffen zu können, muss die Politik zeitnah informiert werden.

Kommen wir zu einem anderen Thema. Bezahlbarer Wohnraum wird gebraucht, passiert ist bisher nicht so viel. Wäre das nicht ein klassisches SPD-Thema, mit dem Sie sich profilieren könnten?

Wiebusch: Nach wie vor sind wir der Ansicht, dass die Stadt das Areal um die Königsberger Straße (die ehemalige Britensiedlung, d. Red.) komplett kaufen und selbst vermarkten sollte, um Einfluss auf die Wohnzusammensetzung zu nehmen und dort keinen sozialen Brennpunkt entstehen zu lassen. Aber der Antrag ist abgeschmettert worden. Ansonsten versuchen wir, auf Bebauungspläne, die in der Mache sind, einen roten Stempel zu setzen. Etwa im Südfeld muss im Bebauungsplan verankert werden, dass dort nicht nur Einfamilien-, sondern auch Mehrfamilienhäuser gebaut werden.

Am Anfang hatte es von Union und Grünen geheißen, man wolle konstruktiv mit den anderen Parteien zusammenarbeiten. Wie stellt sich das aus Ihrer Sicht bisher dar?

Wiebusch: Wir sind insbesondere mit den Grünen im Kontakt. Zur CDU hat sich das Klima nach dem Bruch unserer Koalition im Jahr 2019 etwas abgekühlt. Aber die Arbeit an den Sachthemen läuft ja jetzt auch erst an. Insgesamt ist die Zusammenarbeit ausbaufähig, könnte man sagen.

Persönlich Ralf Wiebusch ist seit mehr als 20 Jahren Mitglied der SPD. Ausschlaggebend für seinen Eintritt in die Partei sei ein Praktikum im EU-Parlament in Straßburg gewesen, erzählt er. Wiebusch ist 47 Jahre alt, verheiratet, hat drei Kinder und arbeitet als Jurist für die Sparkasse. Robin Meier ist bereits mit 16 Jahren in die SPD eingetreten. Seit der vergangenen Kommunalwahl sitzt der heute 27-Jährige im Stadtrat. Zuvor war er bereits in der Kreispolitik aktiv. Derzeit promoviert der Jurist in Bielefeld. Sein Schwerpunkt ist das öffentliche Recht. ?

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