Salzuflens Klimaschutzmanager: "Es braucht Einschränkungen für den Autoverkehr"

Bad Salzuflen . Passend zum Thema kommt Lukas Menne mit dem Rad zum Interviewtermin. Seit ziemlich genau einem Jahr ist er Klimaschutzmanager der Stadt Bad Salzuflen. Was er in dieser Position genau macht und wo er die Stadt in Sachen Klimaschutz hinbringen will, das verrät er im Interview.

Die Politik hat entschieden: Ihre geförderte Stelle bei der Stadt wird verlängert, und Sie dürfen vorerst bis mindestens Ende 2023 Klimaschutzmanager bleiben. Glückwunsch! Brauchen Sie die Zeit denn?

Lukas Menne : Eindeutig. Denn das alles kann nur der Anfang sein, darauf aufbauend müssen wir kontinuierlich am Klimaschutz weiterarbeiten.

Mal ehrlich: Wie steht Bad Salzuflen in Sachen Klimaschutz aktuell da?

Es passiert schon einiges. Bei der Sanierung des Rathauses oder anderen Bauprojekten wird Klimaschutz mitgedacht, auch die Stadtwerke sind bei dem Thema Vorreiter. Aber natürlich geht immer mehr – es muss darum gehen, Klimaschutz als ganzheitliche Aufgabe in der Verwaltung zu etablieren.

Wo sehen Sie Nachholbedarf?

Vor allem im Verkehr. In Bad Salzuflen werden 70 Prozent der Wege mit dem Auto zurückgelegt. Ich würde daher gerne erreichen, dass sich die Verkehrsmittelwahl deutlich ändert, und das fängt schon bei kurzen Wegen an. Ich selbst erlebe es als befreiend, mehr Fahrrad zu fahren. Es tut mir auch körperlich gut, und diese Erfahrung wünsche ich jedem.

Ihre Kernaufgabe ist die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Klimaschutzteilkonzept Klimafreundliche Mobilität (KSTK). Was ist in Ihrem ersten Jahr bei der Stadt bereits passiert?

Wir sind mit der Stadt zum Beispiel dem &bdquo;Zukunftsnetzwerk Mobilität NRW" beigetreten. Da stehe ich in engem Austausch – genauso wie mit anderen Klimaschutzmanagern aus Lippe und OWL.

Ihre Stelle wird gefördert, der Eigenanteil der Stadt liegt pro Jahr aktuell bei rund 35.000 Euro, für 2023 dann bei 63.000 Euro. Warum braucht Bad Salzuflen überhaupt einen Klimaschutzmanager?

Klimaschutz ist ein sehr wichtiges Thema, und es muss daher zu Kommunikation, Austausch und Koordination zwischen den verschiedenen Fachbereichen innerhalb der Verwaltung, aber auch zwischen Rathaus und Stadtgesellschaft kommen. Und genau in dieser Schnittstelle sehe ich mich. Damit Klimaschutz und Mobilität bei allen Themen mitgedacht werden, dafür braucht es jemanden.

Jüngst hat die Verwaltung eine Übersicht über den Umsetzungsstand laufender Projekte aus dem KSTK Mobilität vorgelegt. Demnach sind lediglich zwei Projekte inzwischen abgeschlossen – der Verkehrsversuch in der Innenstadt und der genannte Beitritt zum Zukunftsnetzwerk. Klingt erstmal wenig...

Von außen sieht das natürlich so aus, aber Veränderungen im Bereich Mobilität sind ein Marathon und kein Sprint. Vieles läuft über Kommunikation oder bauliche Maßnahmen, und die brauchen eben ihre Zeit. Insgesamt werden die Bedarfe von Fußgängern, Radlern und ÖPNV inzwischen schon an vielen Stellen berücksichtigt.

Auf welchen Projekten liegt aktuell Ihr Fokus?

Eine Kernaufgabe ist das Mobilitätsmanagement für verschiedene Zielgruppen. Zum einen bin ich dabei, die Schulwegpläne zu überarbeiten. Zum anderen stehe ich bei dem Thema Betriebe beratend zur Seite. Und auch verwaltungsintern tut sich dazu etwas: Mitarbeiter haben inzwischen die Möglichkeit, ein Dienstrad zu leasen, und es ist ein Jobticket angedacht, um den ÖPNV vergünstigt zu nutzen.

Als ein laufendes Projekt wird das Thema Parkraum genannt. Der könnte zugunsten anderer Verkehrsteilnehmer unter anderem an Beet- oder Salzufler Straße wegfallen. Ein heikles Thema.

Wir subventionieren seit Jahrzehnten immer nur das Auto. Das muss sich ändern: Wir brauchen Platz für Fahrradfahrer und Fußgänger und den können wir nur dem Auto nehmen. Gerade Parkraum bietet sich hierfür an.

Ich höre die Autofahrer schon protestieren...

In Sachen Klimawandel ist es fünf nach Zwölf – wir hätten schon längst viel mehr ändern müssen, schließlich kommen 20 Prozent der CO2-Emisionen vom Verkehr. Die Menschen werden nicht weniger Auto fahren, wenn wir nur die Situation für Fahrradfahrer und Fußgänger verbessern. Es muss auch zu Einschränkungen für den Pkw-Verkehr kommen, ohne wird es nicht gehen. Das muss man so ehrlich sagen.

Zeit für die Politik, Farbe zu bekennen?

Ich sehe die Politik in der Pflicht. Eines unserer strategischen Stadtziele ist, dass Bad Salzuflen bis 2030 klimaneutral sein will. Wenn man das erreichen und den Radverkehr fördern will, dann muss man einsehen, dass das nur geht, wenn wir den Autoverkehr einschränken. Und das muss man auch so vertreten.

Wie können da Aktionen wie &bdquo;Park statt Parken" helfen?

Bei der Aktion soll für zwei bis drei Wochen ein Parkplatz an der Krummen Weide umgestaltet und gezeigt werden, wie Parkräume auch anders genutzt werden können. Gemeinsam mit dem Verein &bdquo;Pro Regio" bauen wir mit Jugendlichen Möbel aus Paletten und wollen uns mit ihnen mit Klimaschutz und Verkehrswende auseinandersetzen. Auch der Verkehrsversuch in der Innenstadt zeigt doch: Da geht man jetzt gerne spazieren. Das Auto außen vor zu lassen, schafft reine Aufenthaltsqualität.

Sie beschäftigen sich auch mit der geplanten Mobilitätsstation am Bahnhof, dem barrierefreien Umbau des ZOB und sogar mit autonomen Shuttles – klingt futuristisch.

Spruchreif ist da noch gar nichts, aber die Entwicklung geht rasant voran. In verschiedenen Städten gibt es Pilotprojekte, wo kein Fahrer mehr im Fahrzeug sitzt. Das wäre auch für Bad Salzuflen denkbar. Zum Beispiel als Verbindung zwischen Bahnhof und Innenstadt oder als Art Stadtrundfahrt. Auch Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, hätten so wieder mehr Möglichkeiten.

Bis 2030 will Bad Salzuflen klimaneutral sein. Ist das realistisch?

Das ist sehr ambitioniert, aber auch ein Ziel, auf das man hinarbeiten kann. Als Konzern Stadt ist das machbar, bedeutet aber große Veränderungen. Politik und Verwaltung müssen sich das klar machen. Denn die nötigen Schritte dahin sind nur mit Veränderungen möglich, die auch mal als Einschränkungen wahrgenommen werden können.

Persönlich

Lukas Menne ist 38 Jahre alt und lebt in Bielefeld. Dort hat er Umweltwissenschaften und Biologie studiert, eine Weiterbildung zum Koordinator für Klimaschutz und Ressourcenmanagement gemacht und ist ausgebildeter Berater für Klima-Anpassungsprozesse. Seit März 2021 ist Menne bei der Stadt Bad Salzuflen als Klimaschutzmanager tätig. Privat fährt er gerne Rad und spielt Fußball.

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