Bad Salzuflen. Weil es immer weniger Wahrheit gibt, gibt es auch immer mehr Menschen, die sich auf der Suche nach ihr verirren. Wer unerschrocken war, konnte bei Uli Masuth in der Konzerthalle fündig werden. Der Kabarettist aus Weimar, geboren in Duisburg, also einer, der spät „rübergemacht“ hat, scheute jedenfalls in keiner Minute die unerfreuliche Nachricht. Das ambitionierte Polit-Kabarett wollten aber nur rund 70 Gäste sehen und hören. Er hätte mehr verdient gehabt.
Was für den einen noch die halbe Wahrheit ist, ist für den andern schon die ganze Lüge. Masuth jedenfalls ist ein Kabarettist, der auch mal damit rechnet, dass Besucher mitten im Programm den Saal verlassen - wenn er die falschen Schwerpunkte setzt. „Bei Putin oder Impfquote kann es eng werden“, ließ er das Salzufler Publikum wissen. Für ihn ein Grund, den Angriff Russlands auf die Ukraine besser nicht zu thematisieren? Denkste: Masuth hielt sich mindestens zehn Minuten mit dem nunmehr zwei Jahre andauernden Krieg auf. Sein Fazit: Nach Krieg komme immer Frieden. Da das feststehe, könne man den Krieg auch gleich weglassen.
Auch „Linke“ bekommen „auf die Fresse“
Was hier wie ein Mix von Konfuzius und Goethe daherkommt, hatte natürlich ein politisches Vorspiel. Während früher die politischen Kabarettisten in der Regel die Linken geschont haben, um die Rechten zu malträtieren, also früher ein Franz-Josef Strauß viel häufiger im Kabarett „auf die Fresse“ bekam als ein Helmut Schmidt, ist heute die Gleichberechtigung eingezogen. Auch Grüne wie Harbeck oder Baerbock können nicht hoffen, mit einem „blauen Auge“ davon zu kommen.
Bevor Masuth den Salzuflern mal ein paar offene Geheimnisse aus der Politik verraten wollte, zog er daher die aktuelle Außenministerin einmal quer durch den Morast. Um gute Pointen zu finden, so der „Wahl-Ossi“, müsse man die Schwierigkeit meistern, die Höhe der Gürtellinie zu skalieren. Masuth: „Manche tragen diese auf dem Kinn, andere in der Kniekehle.“
Kabarett nicht so gut wie die Realität
So manchem Gast in der Konzerthalle dürften die Haare zu Berge gestanden haben, als Masuth kurzerhand mal einen Witz über die Ausgaben der „Ampel“ für Fotografen, Friseure und Visagisten laut und breit im Saal streute. Denn rund 1,5 Millionen Euro hätten die Politiker von SPD, FDP und Grüne in einem Jahr dafür ausgegeben. Das seien nach Angaben des Bundes der Steuerzahler fast 80 Prozent mehr als im Vergleich zu 2021, wo überwiegend noch die Große Koalition unter Angela Merkel regierte. Den Vogel abgeschossen hätte dabei Baerbock, die 137.000 Euro an Steuergeldern für Make-up und Frisur ausgegeben hätte. Die Zahlen sind nicht mal geheim, der Kabarettist musste nur eine sogenannte „Kleine Anfrage“ im Bundestag nachlesen, die Summe nannte das Ministerium selbst. Ein Raunen ging durch Bad Salzuflen. Kein Wunder, dass Masuth trocken feststellte, dass man als Kabarettist bisweilen nicht so gut sein könne wie die Realität.
Ansonsten spielte Masuth während der Wortbeiträge übrigens auch Klavier. Die Stimmung glich mal der in den späten Abendstunden in der Bar eines Kreuzfahrtschiffes, dann wieder stärker der eines Keith-Jarrett-Konzerts. Alles in allem also leise Klänge, leise Töne, wenig Getöse und eher Politik als Erotik oder Draufgekloppe auf die Bahn. Die musste nur einmal herhalten. Mittlerweile ist aber bekannt, dass in der ganzen Republik kein Kabarettist ohne Bahnschelte sein Programm bestreitet. In einem Land, in dem Schulden neuerdings einfach „Sondervermögen“ heißen, quasi ein Teil der Normalität.