Lost-Place: Alte Schießanlage in Hiddesen war nicht nur harmloses Übungsgelände

Detmold-Hiddesen. Wer zum Hochmoor Hiddeser Bent – dem letzten lebenden Hangmoor im Teutoburger Wald – wandert und sich dabei auf dem Smartphone mit den Karten von Open Street Map orientiert, wird sich vielleicht über die vielen parallelen Linien in direkter Nähe der Moor-Aussichtsplattform wundern. Dort versteckt sich ein sogenannter &bdquo;Lost Place" – ein aufgegebener, nicht erschlossener Ort, von dem deshalb nur bei genauerem Hinsehen noch Hinterlassenschaften zu finden sind. Erdwälle als Kugelfang: Wer genauer hinschaut, entdeckt neben dem Wanderweg mehrere parallele Erdwälle, überwuchert von Bäumen und Gestrüpp. Was heute unscheinbar aussieht und von Hufspuren des nahen Reiterhofs durchzogen ist, war früher eine Schießanlage des Militärs. Die sechs langen Schießbahnen lagen zwischen den Erdwällen, die als Kugelfang für Querschläger dienten. Nutzung bereits im Kaiserreich: Für das Schießtraining sei die Anlage bereits im Kaiserreich vom Detmolder Bataillon des 55er Regiments genutzt worden, sagt Hiddesens Ortsbürgermeister Wilfried Mellies. &bdquo;Damals marschierte die ganze Kompanie von der Detmolder Kaserne am Zollhaus vorbei nach Hiddesen zum Hiddeser Bent." In den 30er Jahren – die ursprüngliche Anlage aus dem Jahr 1880 war 1933 für die Wehrmacht erweitert worden – wurden die Soldaten im Mannschaftswagen dorthin transportiert. Es gibt nur wenige Fotos: Mellies hat für seine umfangreichen Sammlung ein paar Fotos vom Schießbetrieb aus dem Jahr 1936 auftreiben können. &bdquo;Vermutlich sind sie von einem der höheren Dienstgrade der abgebildeten Soldaten in Auftrag gegeben worden, denn sonst finden sich eigentlich keine Fotos von dort." Andreas Ruppert, ehemaliger Detmolder Stadtarchivar weiß: &bdquo;Im Stadtarchiv gibt es auch einige wenige Fotos. Es gibt auch eine kleine, nur etwa eine Minute lange, aber beeindruckende Filmsequenz, in der Soldaten des Infanterieregiments 18 aus der Langen Straße kommen und in die Neustadt abbiegen – höchstwahrscheinlich auf dem Weg zum Schießstand." Ungeeignet fürs Militär: Eigentlich sei das Hiddeser Bent von Anfang an ungeeignet für die militärische Nutzung gewesen, wundert sich Ruppert. In dem Buch &bdquo;Militär und Rüstung in der Region. Lippe 1914-1945.", das er gemeinsam mit Hansjörg Riechert geschrieben hat, ist die Problematik beschrieben: &bdquo;Der früher vom Heer gepachtete Exerzierplatz auf der Jerxer Heide war [1921] von der Stadt inzwischen als Kleingartengelände zur Selbstversorgung der Bevölkerung abgegeben worden. Für einen neuen Exerzierplatz bot die Stadt ein problematisches Gelände neben dem bisherigen Schießstand am Hiddeser Bent an. Das Bent, ein Hochmoor mit einzigartiger Flora und Fauna, hätte für eine militärische Nutzung entwässert und weitgehend zerstört werden müssen." Dagegen liefen damals viele Detmolder Sturm. Eine militärische Nutzung hätten sie nicht verhindern können, doch sei diese kleiner ausgefallen, schreibt Ruppert. Und so richtig glücklich sei das Militär mit dem Gelände nie geworden. &bdquo;Das Gelände war zu klein und bei schlechtem Wetter überhaupt nicht zu benutzen. Die Klagen über diesen Mangel wiederholten sich durch die Jahre, bis die Reichswehr nach mehreren Besichtigungen eine weitere Nutzung des Platzes mit Ausnahme des Schießstandes überhaupt ablehnte." Standrechtliche Erschießung: Bei einem Geburtstagsbesuch, den Mellies als Ortsbürgermeister vor Jahren machte, erfuhr er, dass im Hiddeser Bent 1944, kurz vor Kriegsende, auch ein oder zwei fahnenflüchtige junge Burschen standrechtlich erschossen worden waren – zur Abschreckung möglicher Nachahmer. Drei Zeitzeugen haben Mellies das inzwischen bestätigt. &bdquo;Dort war also nicht nur harmloses Übungsgelände", sagt Mellies. &bdquo;Und bis heute habe ich darüber nirgendwo eine Abhandlung gelesen." Kennen Sie auch einen &bdquo;Lost Place" in Detmold oder Umgebung? Dann schreiben Sie eine E-Mail an detmold@lz.de

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