Forum offenes Detmold appelliert an Lippes Bürgermeister: „Bitte stellt Euch quer“

Kreis Lippe. Kommt sie, oder kommt sie nicht? Und wenn sie kommt, wann kommt sie dann? Wenn es um die Bezahlkarte für Asylbewerber in Nordrhein-Westfalen geht, sind das Fragen, die sich zurzeit sehr schwer beantworten lassen. Und hätten das Forum offenes Detmold oder diverse Wohlfahrtsverbände das Sagen, dann käme sie überhaupt nicht. Denn sie halten dieses Instrument nach wie vor für unwürdig gegenüber denen, die Schutz in unserem Land gesucht haben.

Die Geflüchteten sollen künftig statt Bargeld lediglich eine Debit-Karte ohne Kontobindung in die Hand bekommen, auf die in der Regel pro Person 50 Euro monatlich überwiesen werden sollen. Damit soll nach Auskunft des zuständigen Ministeriums der Verwaltungsaufwand für die einzelnen Kommunen gesenkt werden. Politisch argumentiert aber beispielsweise die AfD damit, dass damit ein wichtiger Faktor eliminiert werde, der Menschen nach Deutschland locke: Die Aussicht, Bargeld in die Finger zu bekommen.

&bdquo;Kein Mehrwert für Kommunen“ Das ist übrigens aus Sicht diverser Wohlfahrtsverbände Unsinn: &bdquo;Das bisschen, was die Menschen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bekommen, reicht kaum für sie, hier zu leben“, betonen Uwe Wiemann und Dieter Bökemeier vom Forum offenes Detmold.

Und auch Britta Langner vom Vorstand des Caritasverbandes für den Kreis Lippe und die Stadt Bad Pyrmont schüttelt nur mit dem Kopf: &bdquo;Der Verdacht, dass Schutzsuchende hier Geld kassieren, um es beispielsweise ins Ausland zu transferieren, ist falsch. Wenn solch ein Transfer stattfindet, dann von Migranten, die ihr eigenes Geld verdienen, weil sie hier arbeiten. Die schicken vielleicht mal Geld nach Hause.“

Im Übrigen warnt sie vor dem Aufwand, der mit der Bezahlkarte einhergehe: &bdquo;Die Verwaltungen vor Ort werden immer wieder die individuellen Beträge auf der Karte überprüfen müssen, denn der Betrag ist keineswegs bei allen Leistungsempfängern gleich. Sie hätten also nichts gewonnen.“

Der Flüchtlingsrat NRW verweist derweil auf Kommunen wie Bonn und Dortmund, die sich bereits gegen die Einführung einer Bezahlkarte positioniert haben.

Das Land NRW und 13 andere Bundesländer haben jedoch bereits Ende September einem Dienstleister-Konsortium einen Zuschlag für die Einführung erteilt, schreibt das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, auf Nachfrage der LZ.

Unklare Finanzregelung Doch wie das Ganze gehandhabt werden soll, ist noch unklar. Wenn das Landesparlament der dafür notwendigen Gesetzesänderung zustimmt, will das Ministerium die Bezahlkarte zunächst in einer Pilotphase an die Menschen verteilen, die in den 56 zentralen Aufnahmeeinrichtungen des Landes untergebracht sind. Das soll von Januar bis März kommenden Jahres stattfinden, schreibt das Ministerium der LZ, erst dann wären die 396 Kommunen im Land an der Reihe. &bdquo;Zusätzlich sind im Haushalt Mittel eingestellt, um auch die kommunale Einführung zu unterstützen.“

Dass die Menschen dann aus diesen Landesunterkünften ihre Bezahlkarten in die zugewiesene Kommune mitbringen, erleichtere die Sache vor Ort: &bdquo;Die Kommunen können dabei die bereits vorhandenen Datensätze übernehmen“, heißt es in der Stellungnahme auf Düsseldorf.

Aber keine Stadt oder Gemeinde wird gezwungen, sich darauf einzulassen: &bdquo;Opt-Out“ nennt das Ministerium die Möglichkeit, sich der Umstellung zu verweigern.

Bürgermeister noch unentschlossen Was also werden die lippischen Städte und Gemeinden tun? &bdquo;Wir wissen es noch nicht genau“, sagt Dirk Becker, Sprecher der lippischen Bürgermeister. &bdquo;Uns ist vor allem eine einheitliche Lösung wichtig.“ Das Ganze sei auch eine Frage des Geldes: &bdquo;Wenn das Land die Einführung will, dann muss das Land die Bezahlkarte auch bezahlen“, und so lange hier die Details nicht klar sind, wollen die Bürgermeister erst mal abwarten.

Das Forum offenes Detmold appelliert inständig an die lippischen Stadtoberhäupter, die Out-Option zu ziehen und das Spiel nicht mitzumachen. &bdquo;Bitte stellt Euch quer“, lautet der Appell. Denn ohne Bargeld könnten die Betroffenen beispielsweise weder bei Ebay noch auf Flohmärkten gebrauchte Dinge erstehen.

Derzeit seien 12 Millionen Euro für die Einführung der Bezahlkarte vorgesehen: &bdquo;Mit diesem Geld könnte man den Geflüchteten viel besser und sinnvoller helfen“, betonen Wiemann und Bökemeier.

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