Ein Kabarettabend zwischen Resignation und Revolution in Detmold

Detmold. Wenn ein Kabarettist es sich zur Aufgabe macht, in Zeiten von Krieg, Krisen und Klimawandel für Optimismus zu werben, dann betreibt er Hochseilartistik ohne Sicherungsnetz. Christoph Sieber, bekannt aus der WDR-Satire &bdquo;Mitternachtsspitzen“, stellte sich am Freitagabend genau dieser Herausforderung im Detmolder Kreishaus, als er in der Reihe &bdquo;Kunst im Kreishaus“ in den bis auf den letzten Platz besetzten Saal trat. Sein Credo des Abends: &bdquo;Lachen, ohne den Blick auf die Realität abzuwenden.“

Eine Reise durch die &bdquo;Gesellschaftlichen Untiefen“ Mit seinem aktuellen Programm &bdquo;Weitermachen“ möchte Christoph Sieber in Zeiten, die von Katastrophenmeldungen und Untergangsszenarien dominiert werden, nicht ins Leere rufen, sondern ein klares Plädoyer für Aktion und Zusammenhalt setzen. Und so begann der Abend dort, wo viele von uns täglich stranden: in der Flut der schlechten Nachrichten, der Ohnmacht von den globalen Problemen, die so gigantisch scheinen, dass jede individuelle Anstrengung sinnlos erscheint. Sieber fängt diese kollektive Resignation auf, indem er sie sprachlich seziert. Mit seiner typischen, leicht melancholischen, aber ungemein präzisen Vortragsweise nahm der das Publikum mit auf eine Reise durch die &bdquo;Gesellschaftlichen Untiefen“.

&bdquo;Ja“ zur Moral – aber bitte ohne erhobenen Zeigefinger Pointiert und ohne Rücksicht auf politische Korrektheit deckte Sieber die Absurditäten des modernen Lebens auf. Die Digitalisierung, die angeblich verbindet, aber eigentlich in die Isolation führt; der Konsumrausch, der uns das Klima kostet; und die Politiker, die oft hilflos wirken im Angesicht der globalen Unordnung. Den Moralapostel mit dem gehobenen Zeigefinger spielt Christoph Sieber dabei allerdings nicht. Er hält nur den Spiegel vor und bezeichnet sich selbst als Beobachter, der auch ein Teil des Problems ist. Besonders an Siebers Ansatz ist die Balance: Getreu seinem Motto &bdquo;Das Leben ist zu ernst, um nicht darüber zu lachen“, kratzt er nicht nur an der Oberfläche, sondern bohrt tief, um das Publikum dann kurz vor dem drohenden Absturz in Resignation mit Humor wieder aufzufangen.

Demokratie in Gefahr Christoph Sieber, der seit 25 Jahren auf der Bühne steht, gab zu, &bdquo;selten so ratlos“ gewesen zu sein. In der heutigen Zeit seien es eben nicht mehr die Fakten, die zählen würden, sondern die angeblichen Wahrheiten derer, die am lautesten schreien. &bdquo;Die Lüge hat der Wahrheit den Rang abgelaufen“, resümierte er und setzte dem Ganzen noch ein I-Tüpfelchen oben drauf: &bdquo;Der Abschied von den Fakten ist der Abschied der Demokratie“. Auch wenn es profan klingen würde, sei &bdquo;die Demokratie das Beste, was uns passieren kann“.

&bdquo;Auf die Freiheit“ Das Detmolder Publikum erlebte einen vielseitigen Abend, garniert mit Gesang, Tanz, Lesung und einem Reigen skurriler Figuren, der nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Nachdenken anregte. Den Humor setzte Christoph Sieber dabei als seine Waffe ein und verteidigte damit seine Freiheit, sich auch besonders in diesen Zeiten öffentlich kritisch äußern zu dürfen. Eine Freiheit, die er selbst in Gefahr sieht. Mit der Erkenntnis &bdquo;Aufgeben ist keine Option“ und den Worten &bdquo;Der Weltuntergang fällt aus, ich schick euch jetzt nach Haus“, entließ er das mitgerissene Publikum in die Nacht.

Die Veranstaltungsreihe &bdquo;Kunst im Kreishaus“ hat mit diesem Auftritt einmal mehr bewiesen, dass sie hochkarätiges Kabarett nach Detmold holt und den Sitzungssaal in eine lebendige Kulturbühne verwandelt.

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