Museumseisenbahner stemmen Riesen-Projekt

Extertal-Bösingfeld. Die E-Lok 22 der historischen Eisenbahn Lippe fährt wieder bis zum Bahnhof Barntrup. 18 Jahre mussten Eisenbahnfans auf diesen Moment warten. Am Dienstag war Premierenfahrt für die &bdquo;Geldverteiler" der Bezirksregierung Detmold, denn ohne die Landesmittel wäre die Zugfahrt nicht möglich gewesen. Rund 250.000 Euro Investitionen vom Projektantrag bis zur Fertigstellung flossen. Den &bdquo;Löwenanteil" an der Realisierung des als &bdquo;Vision" von den Eisenbahnfreunden der LEL beschriebenen Großprojekts hatten aber die Eisenbahner selbst. Sie leisteten mehr als 4000 ehrenamtliche Arbeitsstunden – &bdquo;alles für diesen Moment", freuen sich die beiden Projektleiter Raphael Kahlert, der auch die Ehre hatte, die Lok auf ihrer Präsentationsfahrt zu steuern, sowie Jan-Philipp Tönebön.

Vorarbeiten dauern drei Jahre Welcher Aufwand nötig war, damit die rote Elektro-Lok, die ursprünglich im Jahr 1927 als elektrische Kleinbahn ihren Dienst aufnahm, nun wieder von Bösingfeld bis Barntrup rollen kann und nicht auf halber Strecke kehrt machen muss, beschreiben die beiden jungen Projektleiter selbst. &bdquo;19 Masten neu bauen, 40 Masten sandstrahlen und neu lackieren, 30 Fundamente sanieren, 50 Ausleger aufbereiten, vier Elektromotoren überholen, mehr als 4000 Meter Oberleitung ziehen und 1001 Fahrleitungsklemme montieren", so lautet die Aufzählung von Kahlert zu den Arbeiten, die in den vergangenen drei Jahren von den Vereinsmitgliedern geleistet wurden – weitestgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit.

&bdquo;Vielleicht hat der eine oder andere in den vergangenen Wochen zusätzlich zu unseren roten Loks ein Spezialfahrzeug mit Arbeitsbühne und Trommelwagen auf der Strecke fahren sehen", mutmaßen die beiden. Dies war das Arbeitsgerät von &bdquo;Elektroline", einer Spezialfirma aus Prag, mit deren Hilfe nach den Vorarbeiten der Vereinsmitglieder und örtlicher Firmen die Leitung gezogen wurde. Zehn Tage waren die Facharbeiter vor Ort. &bdquo;Sie richteten die Halterung aus, spannten dann das Tragseil und zogen zuletzt die Fahrleitung ein. Diese aufwendigen Arbeiten hätte der Verein nie alleine stemmen können", so Kahlert.

Für die Feinarbeiten rückten dann wieder ehrenamtliche Eisenbahner an. Fünf LEL-Mitglieder hatten sich eine Woche Urlaub genommen, um mit dem eigenen Arbeitswagen die Fahrleitung in der Höhe zu justieren. &bdquo;Insbesondere in den engen Bögen galt es, die Zick-Zack-Lage des Drahtes abzustimmen", so die Projektleiter. Damit den Fahrgästen der nicht klimatisierten historischen Bahn bei offenen Fenstern keine Gefahr durch neben der Strecke wachsende Büsche droht, wurden außerdem umfangreiche Grünschnitt-Arbeiten erledigt. Voller Freude können Kahlert und das rund 15-köpfige Aktiven-Team, das überwiegend zwischen 15 und 30 Jahre jung ist, jetzt wieder die Fahrten Bösingfeld-Barntrup in das sogenannte Staffelbuch der historischen Eisenbahn eintragen.

Ein Stück Kulturgeschichte &bdquo;Es ist toll, wenn Menschen sich ehrenamtlich zusammenfinden und ein Stück unserer Kulturgeschichte erhalten", lobt Uwe Rafflenbeul, bei der Bezirksregierung Detmold zuständig für Denkmalförderung, das Engagement der Landeseisenbahner anlässlich der Präsentationsfahrt. Zudem sei die historische Eisenbahn etwas ganz Besonderes im Bereich der Denkmalpflege, da es sich &bdquo;einmal nicht um ein Gebäude handelt, dessen Erhalt wir fördern können, sondern eine bewegliche Sache", erklärt sein Kollege Dr. Volker Trüggelmann.

Weil der Fördertopf &bdquo;Verkehrshistorische Kulturgüter" mit rund 500.000 Euro von der NRW-Landesregierung relativ schlecht ausgestattet ist, empfahlen die Vertreter der Bezirksregierung den Eisenbahnern, Beratungsangebote für weitere Fördermittel zu nutzen. LEL-Mitglied Stefan Tönebön bedankt sich ausdrücklich dafür, dass die Fördermittel unverzüglich zur Verfügung standen. Sven Oehlmann, Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Extertal, deren Streckensystem und Infrastruktur die Eisenbahner nutzen, lobt ebenfalls das Engagement der Ehrenamtlichen: &bdquo;Zusätzlich zum Erhalt der Strecke haben sie dieses Riesen-Projekt gestemmt." Das Geheimrezept für den Erfolg verrät Raphael Kahlert: &bdquo;Es sind 50 Prozent Spaß an Eisenbahn und Technik, dazu 50 Prozent soziales Miteinander."

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