Amazon-Bau: Alles hängt jetzt an den Ausgleichsflächen

Horn-Bad Meinberg/Belle . Auf dem Weg zum Bau eines Amazon-Logistikstandorts in Belle müsste als nächstes ein neuer Bebauungsplan für den Industriepark Lippe beschlossen werden. Das geht aber erst, wenn vorher Ausgleichsmaßnahmen für den Naturschutz dauerhaft sichergestellt sind. Deshalb soll der Horn-Bad Meinberger Rat am Donnerstag den Entwurf von Verträgen mit den Landwirten über Kompensationsmaßnahmen absegnen. Bisher ist man sich mit den Landwirten noch nicht einig geworden.

Bei einem Bauvorhaben ist die Stadt letztendlich dafür verantwortlich, dass gemäß der Rechtslage ein ökologischer Ausgleich für die Versiegelung des Bodens, die Veränderung des Landschaftsbilds und die Verdrängung von vorkommenden Tierarten geschaffen wird. Das passiert in der Regel durch den Erwerb und die ökologische Aufwertung von Ersatzgrundstücken. Das soll auch im Fall Amazon passieren – aber nicht nur.

Stadt will Amazon Ausgleichsfläche zur Verfügung stellen Im Detail: Auf den Tagesordnungen des Stadtentwicklungsausschusses am Mittwoch und des Rates am Donnerstag stehen auch die Abstimmungen über einen Vertrag mit Amazon über Ausgleichsmaßnahmen auf dem Industriepark-Gelände. Der muss vor Amazons Grundstückskauf unterzeichnet sein, ist aber keine Voraussetzung für den Beschluss des Bebauungsplans. Der Vertragsentwurf sieht vor, dass die Stadt Amazon ein Grundstück an der südlichen Grenze des Industrieparks zum Niederbeller Bach kostenlos für Ausgleichsmaßnahmen zur Verfügung stellt. Die Kosten für eine ökologische Aufwertung ähnlich dem südlichen Teilstück des bisherigen Industriepark-Geländes werden auf 215.000 Euro geschätzt. Davon will die Stadt zwei Drittel tragen. Amazon würde das restliche Drittel bezahlen.

Als Ausgleichsfläche für den Bereich des Bebauungsplans möchte die Stadt gerne ein Arrangement fortführen, das sie für die bisherige Industriepark-Fläche mit fünf Landwirten hatte. Diese hatten sich vertraglich verpflichtet, bei der Bewirtschaftung ihrer Äcker Umweltschutzmaßnahmen vorzusehen wie einen doppelten Reihenabstand im Getreide, das Brachliegenlassen von Ackerflächen, die Anlage von Blüh- oder Grasstreifen und das Einplanen von Fehlstellen auf Äckern als Lerchenfenster.

Ausgleichszahlungen für Landwirte Dafür bekamen sie von der Stadt im Gegenzug Geld für den Ernteausfall. Der Vorteil für die Stadt: Es mussten keine Ausgleichsflächen erworben werden. (Dafür hätten in unmittelbarer Umgebung des Industrieparks auch erstmal welche zum Verkauf stehen müssen.) Der Vorteil für die Landwirte: Es wurden nicht dauerhaft Flächen aus der Bewirtschaftung genommen.

Der Nachteil für alle: Um Spielmasse zu haben, wird insgesamt wesentlich mehr Fläche benötigt. Statt der minimal benötigten 45 Hektar Acker- und 8,9 Hektar Grünfläche, die bei einer festen Ausgleichsfläche nötig wären, plant die Stadt mit 247 Hektar Acker- und 11,3 Hektar Grünfläche. Außerdem ist der Koordinationsaufwand ungleich höher. Bisher seien die Pläne für die Ausgleichsmaßnahmen nach Auskunft der Landwirte untereinander ausgemacht und beim Kreis als Unterer Naturschutzbehörde eingereicht worden. So würden das die Landwirte auch gerne weiter handhaben. &bdquo;Die Maßnahmen für 2021 sind bereits festgelegt", schreibt Sebastian Vogt, Pressesprecher der Stadt. Bei der Abstimmung der Landwirte untereinander gehe es &bdquo;nur um eine jährliche Auswahl der bereits festgelegten, möglichen Maßnahmen mit einem entsprechenden Mindestumfang."

&bdquo;Einen Wald anzulegen wäre einfacher" Allerdings müssen solche Ausgleichsmaßnahmen so lange fortgeführt werden, wie das Gebäude besteht. Und eine derart langfristige, auch ins Grundbuch einzutragende, quasi ewige Verpflichtung ist den Landwirten unangenehm. Denn, so sagen sie: Unter sich möglicherweise künftig ändernden Rahmenbedingungen könnten sie die Maßnahmen für die Ausgleichszahlungen vielleicht nicht mehr wirtschaftlich umsetzen.

Der Kreisverband Lippe des Naturschutzbunds (Nabu) sieht diese zwar rechtlich möglichen so genannten &bdquo;produktionsintegrierten Maßnahmen" kritisch, weil das dauerhafte Engagement schlecht überprüfbar sei. Man habe damit schlechte Erfahrungen gemacht, sagt Vorsitzender Bernd Milde. &bdquo;Sie müssen ja auch immer ein Monitoring machen: War denn die Feldlerche da und hat gebrütet?"

Das will, laut Vogt, die Stadt sicherstellen. Sinnvoll möglich sei das eigentlich nur, sagt Milde, wenn die Stadt jemanden für die Koordination und Überwachung einstelle. Und bezahlen müsse das alles eigentlich Amazon. &bdquo;Einen Wald anzulegen wäre einfacher", sagt auch Daniel Telaar, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises. Der sei dauerhaft geschützt und man müsse sich später nicht mehr kümmern.

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