Verkehrsverbund Ostwestfalen-Lippe: Es ist Zeit für die Mobilitätswende

Kreis Lippe. Kurt Kalkreuter, lang gedienter Kreistagspolitiker der SPD und stellvertretender Landrat, wird auch in den kommenden fünf Jahren der Verbandsversammlung des Verkehrsverbundes Ostwestfalen-Lippe (VVOWL) vorsitzen. Ziel des VVOWL ist es, mehr Bürger zum Fahren mit Bus und Bahn zu bewegen – siehe Stichwort.

Da steht ja auch in Lippe einiges auf der Agenda, Herr Kalkreuter.

Kurt Kalkreuter: Es geht auf allen Ebenen um die Mobilitätswende – vor, während und nach Corona. Dabei steht immer der Fahrgast im Mittelpunkt. Wo sollen wir anfangen? Bei den Bahnhofsplänen für Horn? Bei der Reaktivierung der Begatalbahn? Dem zweigleisigen Ausbau Bad Salzuflen – Lage? Dem Halbstundentakt Lage-Lemgo...

Sie dürfen es sich aussuchen!

Kalkreuter : Bahnhof Horn. Für den 12. April habe ich zum Ortstermin eingeladen: Die Stadt, die &bdquo;Station und Service" der Deutschen Bahn als für den Bahnhof Verantwortliche, &bdquo;Pro Bahn", die Zuschussgeber vom NWL. An dem Thema &bdquo;Modernisierung des Bahnhofs" kann man sehr schön sehen, wie kompliziert das Geschäft insgesamt ist. Jeder glaubt, die Schaffnermütze aufzuhaben.

Woran scheitert es, dass es mit dem unansehnlichen Gebäude seit Jahren nicht vorangeht?

Kalkreuter: Es gibt einfach sehr viele Mitspieler. &bdquo;Pro Bahn" etwa möchte längere und höhere Bahnsteige und einen Übergang über die Gleise – nicht so eine Lösung, wie wir sie in Asemissen haben und ein Zug erst fahren kann, wenn der, der von der anderen Seite kommt, durch ist. Dann geht es darum, wo die Mobilitätsstation für Horn-Bad Meinberg hinkommt, wo sich also Bus und Bahn treffen, E-Bikes geladen werden können. An den Bahnhof Horn? Nach Bad Meinberg, ohne direkte Bahnbegegnung? Für beide Standorte gibt es gute Gründe. Davon hängen auch Zuschussgelder ab. Und &bdquo;DB Station & Service" muss sagen, wie der Bahnhof aussehen soll und zum Beispiel auch, wer reinigt. Da gibt es 1000 Fragen.

Wenn Sie sagen, der Fahrgast stehe im Mittelpunkt, sollte man doch allmählich zu Potte kommen und eine gemeinsame Linie finden?

Kalkreuter: Ich setze auf den Ortstermin.

Noch länger reden wir über die Reaktivierung der Begatalbahn.

Kalkreuter: Nach 20 Jahren Diskussion im Kreistag waren im Herbst im Wahlkampf auf einmal fast alle dafür, nicht mehr nur die Bahninteressierten. Auch Lemgo und Dörentrup sind offener für das Thema, und nun gibt es den erneuten Auftrag für eine Machbarkeitsstudie. Was kostet der Bau der Strecke, wie wären die Züge ausgelastet? Welche Betriebskosten entstehen? Sie müssen auch sehen: Da gibt es unterschiedliche Gefechtslagen im VVOWL, und die Mehrheiten im Verband hatte die Reaktivierung der Linie Verl-Harsewinkel priorisiert. Diese kommt 2025.

Wann rollt denn die erste Bahn von Lemgo nach Dörentrup?

Kalkreuter : Ich werde das in meiner politischen Laufbahn nicht mehr erleben.

Eine professionell-diplomatische Antwort.

Kalkreuter : Der VVWOL hat in seiner Rolle als Gesellschafter des Zweckverbandes Nahverkehr Westfalen-Lippe diesen immerhin aufgefordert, alles zu tun, damit die Begatalbahn klappt.

&bdquo;Hat aufgefordert" – mit Verlaub, das klingt etwas zahnlos.

Kalkreuter: Für die Schiene ist seit mehr als zehn Jahren der NWL zuständig! Unsere Aufgabe als VVOWL: Die Mobilitätswende zu koordinieren und zu forcieren. Und ich darf sagen: Das Geld beim VVOWL ist da. Anders sieht es bei den coronabedingten Einnahmeausfällen aus.

Wie sieht denn diese Mobilitätswende sonst aus?

Kalkreuter : Es gilt zum Beispiel, den Radverkehr zu stärken – nicht nur den touristischen. Die meisten nutzen ihr Rad für den Weg zur Arbeit oder in die Stadt. Da wollen wir als SPD im Kreistag die Lippe Tourismus und Marketing (LTM) mit ins Boot holen – ebenso für die Idee, den Detmolder Bahnhof zum &bdquo;Wanderbahnhof" zu machen. Dann gilt es, die Schnellbuslinien auszubauen. Oder das Tarifsystem zu vereinfachen – auch vor dem Hintergrund, dass die Bahn im kommenden Jahr wohl keine Fahrkarten mehr drucken will.

Bezahle ich dann ausschließlich per App?

Kalkreuter : Ja. Sie würden sich beim Ein- und Aussteigen zweimal einloggen und zahlen für gefahrene Kilometer. Eine Vorlage für Lippe wird in den nächsten Verkehrsausschuss eingebracht. Die Verkehrsträger rechnen das untereinander ab.

Lieschen Müller ist es ohnehin egal, ob der Bus von den Stadtwerken, den Stadtbusgesellschaften, der KVG oder sonst wem eingesetzt wird. Sie will von A nach B, und das ist kommunenübergreifend zuweilen kompliziert und oft zu teuer.

Kalkreuter : Stimmt. Unser schöner Westfalentarif wäre allerdings hinfällig.

Und was macht der, der kein Smartphone besitzt?

Kalkreuter : Das muss geklärt werden. Sie sehen, es ist alles im Fluss. Und wenn ich dann noch an die Corona-Konsequenzen denke...

Welche denn?

Kalkreuter: Viele werden auch künftig im Homeoffice arbeiten. Wie verändern sich die Zahlen der Bus- und Bahnfahrer? Werden wir Takte zusammenstreichen müssen? Da ist unglaublich viel in Bewegung.

Und Sie haben Bock, diesen schweren Tanker Verkehrswende mit seinen unzähligen Kapitänen mitzubewegen?

Kalkreuter: Ja. Aber zwei Antworten auf Ihre erste Frage stehen noch aus. Der Halbstundentakt Lemgo-Lage kommt, bis dahin bezahlt der VVOWL dort einen ins System eingebundenen Bus. Und ob Salzuflen-Lage zweigleisig wird: Wenn die Deutsche Bahn das plant und baut, bin ich dabei.

Persönlich Kurt Kalkreuter (68) ist seit 1984 Kommunalpolitiker – zunächst im Rat Lage, seit 1994 im Kreistag. Seit 1997 ist der Sozialdemokrat ordentliches Mitglied der Verbandsversammlung des VVOWL; seit 2007 ihr Vorsitzender. Kalkreuter ist auch Mitglied in der Zweckverbandsversammlung des Nahverkehr Westfalen Lippe, NWL. Der stellvertretende Landrat war bis 2017 Lehrer am Hanse-Berufskolleg.

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