Ausgesetzt und stehen gelassen: Warum die Verkehrswende in Hörste eine Baustelle ist

Lage. Das Auto muss in der Garage bleiben, der Fuß steckt nach einer OP in einem Entlastungsschuh - da bleibt nur, auf Bus und Limo zu setzen, wenn Pressetermine anstehen. Doch die Erfahrung ist durchwachsen. Zusammengefasst bleibt eine Feststellung: Es gibt noch sehr viel Luft nach oben, wenn das eine echte Mobilitäts-Alternative für die Bewohner von Lages Ortsteilen sein soll. Und die LZ-Nachfrage zeigt: Die Verantwortlichen der Kommunalen Verkehrsgesellschaft Lippe (KVG) sind sich dessen wohl bewusst. An einigen Lösungen wird bereits gearbeitet.

Vier Wochen ohne Auto - eigentlich ja mal ganz schön. Braucht man nicht selber zu fahren, sondern lässt sich chauffieren. Also ist der Busfahrplan das Maß der Dinge. In Hörste ist das ein kleines Ding, der Bus kommt einmal in der Stunde an der Haltestelle Eschenbrede in Stapelage vorbei. Doch der erste Versuch geht grandios daneben. Es kommt kein Bus, laut App fährt er, in der Mobilitätszentrale heißt es, dass er kommen muss, aber weil die Realität eine andere ist, wird daraus: &bdquo;Wir können nicht sagen, wo der Bus ist. Es ist ein Subunternehmen, das da heute fährt.“

Mobilitätsgarantie läuft ins Leere Die Limo, also das Fahrzeug, das ÖPNV-Nutzer anfordern können, sei ausgebucht, frühestens in 40 Minuten frei - was dann bedeuten würde, dass der reguläre Bus kommen müsste. Vielleicht jedenfalls. Die freundliche Mitarbeiterin bietet die Mobilitätsgarantie an. &bdquo;Sie bekommen bis zu 30 Euro für ein Taxi.“ Allerdings hilft das auch nicht, denn zwei Lagenser Taxiunternehmen haben keinen Wagen frei. Da bleibt nur eins: Ab zum Nachbarn, der das Auto anschmeißt und netterweise aushilft. Zumindest die Rückfahrt klappt dann mit dem Bus.

Ebenso kommt auch die Limo pünktlich, als es anderntags zum Pressegespräch in der Notunterkunft geht. Auf der Teutoburger-Wald-Straße ist zu der Zeit eine Baustelle auf einer Straßenseite, da rauschen wir vorbei. Von der Notunterkunft aus fährt die Limo Richtung Augustdorf weiter. Das hätte stutzig machen sollen, aber beide Fahrten haben sich problemlos in der App buchen lassen und sind auch entsprechend bestätigt worden. Allerdings: Zur gebuchten Abholzeit kommt keine Limo, es regnet sanft vor sich hin - und der freundliche Mitarbeiter der Mobilitätsauskunft belehrt, dass direkt vor mir auf der Straße eine Baustelle sei, mithin die Limo überhaupt nicht fahren könne.

&bdquo;Laufen Sie ins Dorf“ Den Einwand, dass keine Baustelle an dieser Stelle ist, sondern ein ganzes Stück straßenabwärts, lässt er nicht gelten. &bdquo;Es wird keine Limo dorthin kommen. Laufen Sie bis Hörste Markt.“ Auf die Frage, warum denn dann überhaupt so eine Fahrt buchbar sei, könne er auch keine Antwort geben. &bdquo;Eigentlich hätte der Fahrer das sagen müssen.“ Wer hilft diesmal? Der Pressesprecher der Bezirksregierung springt ein und übernimmt die Fahrt.

Auch die dritte Tour hat es in sich. Der Bus kommt nicht, wieder weiß keiner in der Mobilitätszentrale, warum das so ist, es hilft nur ein Zwischensprint ins Dorf, an der nächsten Haltestelle vorbei, wo fünf Fahrgäste warten. Sechs rennen, eine humpelt Richtung Hörster Krug, um die 706 nach Detmold zu bekommen. Kaum biegt die auf den Hörster Bruch ab, da fällt einem meiner Sprintkollegen auf, dass das die 951 ist, also der Bus, der sich offensichtlich die Schleife Stapelage gespart hat.

Die Beispiele, wo die viel beschworene Verkehrswende auf dem Land endet, hören sich der Geschäftsführer der KVG Lippe, Achim Oberwöhrmeier, und Planer Dennis Brinkmann an. &bdquo;Die Zuverlässigkeit muss Priorität haben“, sagt Oberwöhrmeier. Im System der Limo sei es möglich, Haltestellen zu sperren. &bdquo;Wenn wir länger dauernde Baustellen haben, dann machen wir das. Bei kürzeren Bauzeiten allerdings nicht, denn es ist aufwendiger, das von unserem Dienstleister ins System einpflegen zu lassen“, sagt Brinkmann. In dem Fall vertraue man auf die Ortskenntnis der Fahrer.

Busfahrer kürzt die Strecke ab &bdquo;Wenn Sie per Telefon buchen, sollten Sie darauf hingewiesen werden.“ Allerdings sehe das bei Buchungen per App anders aus. &bdquo;In dem Fall kam noch hinzu, dass es eine Einbahnstraßenregel gab. Der Fahrer hätte darauf hinweisen müssen, dass die Limo dann nicht den Rücktransport übernimmt.“

Die Zeiten seien für die Fahrzeuge eng getaktet, die Limo sei beliebt. 700 bis 800 Buchungen gebe es pro Monat für jedes der drei Fahrzeuge. &bdquo;Eines der Probleme ist allerdings, dass Fahrten für mehrere Zeiten hintereinander von einem Fahrgast gebucht werden, weil man noch nicht ganz sicher ist, was passend ist, aber die überzähligen Fahrten nicht storniert werden“, erklärt Oberwöhrmeier. Angegeben würden verschiedene Mailadressen, &bdquo;damit wir das nicht mitkriegen.“

Und der Bus? Die Linie 951 sei &bdquo;verspätungsanfällig, weil sie einen großen Radius hat“, Müssen und Billinghausen ebenfalls anfährt. &bdquo;Wenn sich da eine Verspätung aufbaut, dann kann ich mir das nur so erklären, dass der Fahrer entschieden hat, die Strecke abzukürzen. Dass das nicht richtig ist, ist klar, und das werden wir auch so weitergeben“, stellt der Geschäftsführer der KVG Lippe fest.

Und warum weiß man nicht, wo ein Bus zu jederzeit auf der Strecke unterwegs ist? Die BVO habe die Ausschreibung des Linienbündels für sich entschieden, und bei deren Bussen seien die Fahrten auch elektronisch nachvollziehbar. &bdquo;Da kann man sehen, wo der Bus gerade fährt. Aber die engagieren Subunternehmer und deren Busse sind nicht in dem System eingepflegt“, sagt Oberwöhrmeier.

Hinzu komme, dass die KVG Lippe keinen Einblick in die Betriebssteuerung habe. &bdquo;Wir sind von Dritten abhängig, um Informationen zu bekommen, und das wollen wir ändern.“ &bdquo;Wir“, das sei der Verkehrsverbund Ostwestfalen-Lippe (VVOWL), denn auch andere Verkehrsgesellschaften hätten diese Probleme. Bis zum Herbst soll es ein Konzept geben. &bdquo;Wir wollen die Informationen schneller an unsere Kunden übermitteln, denn das gehört zur Zuverlässigkeit dazu“, sagt Oberwöhrmeier.

Ausgesetzt und stehen gelassen: Warum die Verkehrswende in Hörste eine Baustelle ist

Busverkehr in Augustdorf: „Stundentakt ist doch nicht schlecht“

On-Demand-Verkehr „Limo“ feiert fünf Jahre in Lippe

Auf einem Gleis von A nach B: Wie viele Lipper das Monocab nutzen könnten

Das sind die neuen Busse in Lippe: Rein elektrisch

Lipper können bald keine Vierfahrtenkarten mehr kaufen

Schnellbus von Detmold über Lemgo nach Kalletal ist gestartet

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

Weiterlesen mit LZplus

0,99 € im ersten Monat

Angebot: Jahresabo nur 99 €