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Lemgoer Musiker schlägt Alarm: Viele Solo-Selbstständige kurz vor dem Ruin

Katrin Kantelberg

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Claudia und Thorsten Kosakewitsch sind als als Duo C+T auf kleinen Bühnen unterwegs. - © Thorsten Kosakewitsch
Claudia und Thorsten Kosakewitsch sind als als Duo C+T auf kleinen Bühnen unterwegs. (© Thorsten Kosakewitsch)

Lemgo. Thorsten Kosakewitsch macht sich Sorgen – große Sorgen und ist zunehmend desillusioniert. Als freischaffender Musiker fühlt er sich von Staat und Politik allein gelassen. Seit März 2020 haben sich seine Einkünfte drastisch reduziert, auch seine Musiker-Ehefrau Claudia ist betroffen. Das Paar fürchtet um seine Existenz.

Schon seit Monaten schlägt er – wie Kulturschaffende und Solo-Selbstständige in ganz Deutschland – Alarm und im Spätherbst, so schien es zumindest, trafen die Proteste zunehmend auf Gehör in der Politik. Scheinbar, sagt der Lemgoer Musiker Thorsten Kosakewitsch, denn real komme bei den meisten nach wie vor kaum finanzielle Unterstützung an.

Der 54-Jährige ist Musikschullehrer und mit der Partyband Insane, der Jazz-Rock-Formation Mixed Society und mit seiner Frau als Duo C+T unterwegs. Er spielt Gitarre, Bass und Ukulele. Konzerte hat es für ihn in diesem Jahr kaum, und wenn, dann nur im ganz kleinen Rahmen gegeben. Damit fiel ein großer Bestandteil seiner Einnahmen weg. Musikunterricht gibt er auf Honorarbasis an Musikkolleg Lemgo und Musikschule Lage – auch da hat er aufgrund des Lockdowns deutlich weniger Geld verdient. Es ist existenzbedrohend, sagt der 54-Jährige, der derzeit keinen Hoffnungsschimmer für die Kultur- und Veranstaltungslandschaft hat.

Rückzahlungen mit verheerenden Folgen

Vom Land NRW und von der Gema habe er im vergangenen Jahr insgesamt 3000 Euro Unterstützung erhalten. 9000 Euro an Soforthilfe wurden ihm im Frühjahr 2020 versprochen. „Zunächst hieße es, das würde auch für den Lebensunterhalt gelten und nicht nur für berufliche Ausgaben", erzählt Thorsten Kosakewitsch. Dann kamen diverse Änderungen, jetzt stünden Rückzahlungen ins Haus. „Das wird viele Solo-Selbstständige in den Ruin treiben", ist der Musiker überzeugt.

Die November-Dezember-Hilfe, die der Staat für Solo-Selbstständige und Kulturschaffen initiierte – über die könnte Thorsten Kosakewitsch nur müde lachen, wenn ihm denn noch nach Lachen zumute wäre. „Wir fallen aus der Förderung raus, weil wir im November und Dezember ja noch unterrichten konnten", beschreibt er das Dilemma, „unser Betrieb war damit ja nicht geschlossen, auch wenn sämtliche Konzerteinnahmen weggebrochen sind". Zudem erzürnt ihn, dass Steuer- und Wirtschaftsberater die Unterlagen einreichen müssen, „da kommen erhebliche Kosten auf die Selbstständigen zu, ich habe von bis zu 1500 Euro gehört. Ob sich das dann rentiert, weiß keiner".

Kaum Hilfe von der Politik

In der Corona-Krise hat er sich zunehmend politisiert, verweist auch auf seinem Youtube-Kanal auf die Misere. Der Vorstoß von SPD-Politikern, Hartz IV zu beantragen, verärgert ihn. „Damit kommen wir nicht weiter, zumal wir nicht sagen können, was wir wann verdienen." Auch die Neustarthilfe käme für die meisten Kulturschaffenden nicht in Frage. Die Bemessungsgrenze sei viel zu hoch angesetzt. Sinnvoller sei da der Unternehmerlohn, wie ihn etwa Grünen-Politiker ins Gespräch gebracht hätten. Eine fixe Summe, die die Kulturschaffenden in der Not auch für ihren Lebensunterhalt nutzen dürften.

Doch von solch einem Beschluss sei die politische Mehrheit noch weit entfernt. Thorsten Kosakewitsch und seine Frau leben derzeit von Rücklagen und hoffen, dass es 2021 zumindest mit kleinen Konzerten weitergeht. An größere Veranstaltungen und damit auch mehr Einnahmen glaubt er 2021 noch nicht. Im kleinen Tonstudio im Haus nutzt er die Zeit, um ein neues Album aufzunehmen und hofft, dass die Politik „neben den Großkonzernen endlich auch die Kleinunternehmer entdeckt".

Den Youtube-Kanal von Thorsten Kosakewitsch gibts unter: https://www.youtube.com/channel/UCYPoICOjZ8lJRjOf7xehQdg

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