Lemgoer Haushaltsanträge: Jusos wollen Gratis-Tampons auf dem Schulklo

Lemgo. Mit ihren Haushaltsanträgen versuchen die Ratsfraktionen Jahr um Jahr dem städtischen Etat ihren politischen Stempel aufzudrücken. Dieses Jahr geht es um &bdquo;Schottergärten", oder vielmehr ihr Gegenteil, Kosten für die Verlässliche Grundschule, freie Stadtbus-Fahrten für Kindergartenkinder und Gratis-Tampons.

Da soll einer sagen, Lipper dächten provinziell. Denn parallel zu Lemgo stimmt das Stadtparlament Frankfurt am Main über einen solchen Vorstoß in Sachen Damenhygiene ab. Doch der Reihe nach: die Ideen für 2022 im Überblick.

CDU/Aufbruch C

Die Christdemokraten wollen, dass die Gebühren für Offene Ganztagsschule (OGS) sowie Verlässliche Grundschule, die sogenannte VG, die nach Mittag endet, angeglichen werden. Für Carsten Steinmeier, Fraktionschef der CDU/Aufbruch–C-Fraktion, heißt das: Die Betreuung bis 13 Uhr darf nicht, wie unter Umständen heute, teurer sein als die bis 16 Uhr. Knackpunkt ist die Geschwister-Regel. Sie besagt, dass bei mehreren Kindern in Kita oder OGS nur eine Gebühr gilt. VG-Preise werden dagegen auf jeden Fall fällig, auch wenn eine Familie für ein weiteres Kind schon zahlt. Bei 130 fraglichen Kindern müsste die Stadt eine mittlere fünfstellige Summe in die Hand nehmen, wie Bürgermeister Markus Baier schon hat durchkalkulieren lassen.

Zweite Anregung der CDU: Für 5000 Euro soll Lemgo ein Konzept für den flächendeckenden Breitbandausbau erarbeiten lassen. Dies ist nach Meinung der Christdemokraten &bdquo;unerlässlich für eine hohe Wohnqualität gerade in den Ortsteilen". Die Corona-Pandemie mit den Homeoffice-Phasen habe doch die ein oder andere Lücke offenbart.

SPD

Die Sozialdemokraten halten den Verkehrsentwicklungsplan für überarbeitungsreif beziehungsweise zu sehr auf das Automobil zugeschnitten. Eine Neufassung, die die SPD beantragt, solle &bdquo;alle Verkehrsarten berücksichtigen und deren Ausbau gleichermaßen fördern" – ein Plädoyer unter anderem fürs Radfahren. Auch Sperrungen und Baustellen könnten in dem Zuge besser koordiniert werden, das gelte auch für die Ampelschaltungen.

Den Finanzpolitikern unter den Genossen geht es laut Lasse Huxoll zudem um Transparenz. Um besser planen und Lemgos Finanzen sichern zu können, wollen sie die zahlentechnisch derzeit &bdquo;ausgelagerten" Eigenbetriebe (zum Beispiel Straßen/Entwässerung) zurückholen. Das formulierte Ziel: &bdquo;bessere Transparenz für die Politiker und Bürger".

Im Musikerviertel plant die SPD, den alten, geschlossenen Spielplatz wiederzubeleben. In dem Quartier, das durch Zuzüge junger Familien aufblühe, fehle es am sozialen Treffpunkt für Kinder: ein Mangel, den Eltern seit Jahren bekrittelten, so die SPD-Fraktion.

Auch für Schulen in der Mainmetropole wird diskutiert, was in Lemgo der SPD-Nachwuchs, die Jusos, fordert: Damenbinden und Tampons auf den Schultoiletten gratis anzubieten. Dazu sollten in einer zweijährigen Probephase &bdquo;vandalismussichere Spender" montiert werden. Hintergrund sei, dass ein natürlicher biologischer Prozess Mädchen benachteiligen könnte, wenn sie entsprechende Artikel vor einem wichtigen Referat oder Sportunterricht benötigten, aber nicht griffbereit hätten. Entweder gehe das ans Taschengeld – oder sie müssten auf Toilettenpapier oder Stoffreste zurückgreifen, berichten mit Verweis auf Lemgoer Lehrer und Sozialarbeiter die Jusos und wollen mit dem diskreten Angebot auf dem WC &bdquo;einen Beitrag zur Enttabuisierung des Themas Menstruation leisten und Frauen und Mädchen im Alltag stärken".

Die Grünen

Quantitativ liegen die Grünen bei den Haushaltsanträgen mit einer runden Zehn vorne. Sie wollen 10.000 Euro im Jahr extra für Artenschutz ausgeben, angefangen mit einem Projekt zugunsten des Kammmolchs. Auch einen Biotop-Pfad mit QR-Codes hält die Fraktion für denkbar. Dazu passt eine Biodiversitätsstrategie wie schon auf Kreisebene existent, die etwa bei Ausgleichsflächen alle Beteiligten vom Imker über Jäger und Landwirt bis hin zum Naturschützer an einen Tisch holen würde, formuliert es Fraktionschef Dr. Burkhard Pohl.

Um den städtischen CO 2 -Ausstoß besser kontrollieren zu können, schwebt den Grünen ein öffentliches Signal vor – das könnte eine CO 2 -Uhr am Marktplatz sein. Für den Klimaschutz zu Hause wollen die Grünen 50.000 Euro bereit stellen – wer auf Fernwärme umsteigt, könnte sich 1000 Euro sichern.

Vor allem in Wohngebieten mit Mehrfamilienhäusern planen die Grünen öffentliche Ladepunkte für E-Autos. Für die Ratsarbeit schlägt die Truppe um Burkhard Pohl vor, dass die Stadtverwaltung bei jeder Vorlage auch die Auswirkungen in Sachen Klimaschutz benennt.

Für Menschen mit Beeinträchtigungen soll ein ehrenamtlicher Beauftragter ernannt werden, der an allen Sitzungen teilnimmt. Die bereits aufgestockte Schulsozialarbeit soll eine weitere Stelle bekommen. Kindergartengruppen können derzeit schon ein Mal im Quartal kostenlos mit dem Stadtbus fahren – diese Begrenzung möchten die Grünen ersatzlos streichen. &bdquo;Angesichts der geringen Kosten überflüssig", heißt es. Zu guter Letzt soll ein Projekt, vielleicht sogar ein Treffpunkt, die Kultur für junge Menschen fördern. Leader-Fördergeld sei hier gut aufgehoben, meint die Grüne Katharina Kleine-Vennekate.

Bürger für Lemgo

Am Waisenhausplatz schlägt die BfL eine Kombination von Radständer und E-Bike-Ladestation vor, um den Trend zum Fahrradfahren zu fördern. Des Weiteren nimmt Fraktionschef Wolfgang Sieweke &bdquo;Schottergärten" aufs Korn – nicht mit Verboten, sondern durch Positivbeispiele. Ein Wettbewerb &bdquo;Naturnaher Garten" könnte das entsprechende Engagement von Lemgoern prämieren.

Ebenfalls auf die Energiewenden schielt die BfL mit ihrem Vorschlag zu steckerfertigen Photovoltaik-Anlagen, die etwa auf Balkonen selbst angebracht werden können. Hier schweben den &bdquo;Bürgern für Lemgo" kleine Zuschüsse von 150 oder 200 Euro für Haushalte vor. Dann sollen nach dem Motto &bdquo;Jeden Tag ein Baum" Lemgoer mit 20 Euro je Baum unterstützt werden, die 2022 einen heimischen Obst- oder Laubbaum setzen.

Im Zuge der Digitalisierung will die BfL Schilder und Wegweiser mit QR-Codes ausstatten. Per Smartphone kämen die Nutzer direkt zu den gewünschten Infos, die in den meisten Fällen schon vorlägen. Für das Grundstück neben dem Waldorfkindergarten an der Liebigstraße, schwebt den &bdquo;Bürgern für Lemgo" Wohnbebauung vor. Derzeit sei sie als Reservefläche für ein Parkhaus vorgesehen, aber dafür &bdquo;viel zu schade". Stattdessen könne der Grund als ideales Bauland entwickelt werden.

AfD

Von der Fraktion selbst nicht als Haushaltsantrag formuliert, aber von der Stadtverwaltung als solcher aufgeführt, erscheint eine Gegenrede der AfD bezüglich der Schottergärten (siehe BfL). Hierzu fordert die AfD, das Versagen der Stadt nicht zu kaschieren, sondern einfach Baurecht durchzusetzen, das vorsehe &bdquo;nicht mehr als 40 Prozent der Areale der Natur zu entziehen". Illegale Versiegelungen seien bereits untersagt und müssten nur unterbunden werden, wogegen die Stadt aber &bdquo;Personalmangel" ins Feld führe. AfD-Fraktionschef Rolf Dieter Oertel formuliert: Es seien &bdquo;Maßnahmen einzuleiten, um gravierende Zuwiderhandlungen zu ahnden", per Luftbilder seien Verstöße festzustellen.

Weitere Anträge liegen derzeit nicht vor, in der FDP etwa laufen die Haushaltsberatungen noch. Eine entsprechende Berichterstattung folgt.

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