Entscheidung um Lemgoer Regenstor-Tankstelle gefallen

Lemgo. Die Zeiten der alten Tankstelle am Regenstor sind gezählt – zumindest die des Schwingendachs. Das wird abgerissen. Zeitnah, denn aufgrund von Gutachten bestehe akute Einsturzgefahr. Das hat der Haupt- und Finanzausschuss mit großer Mehrheit beschlossen.

Vorausgegangen war einmal mehr eine intensive Diskussion, der vor allem auch ein modifizierter Antrag des Vereins Alt Lemgo zugrunde lag. Für den hatte Thomas Menking noch einmal das Wort ergriffen, auf das große öffentliche Interesse und den stadtbildprägenden Charakter der alten BP-Tankstelle hingewiesen. In Kooperation mit dem Automobilclub Lemgo sei der Verein bereit, die Kosten für das Abstützen des Daches, die Absperrung und ein neues Gutachten zu übernehmen. Dafür aber benötige man noch etwas Zeit, so Thomas Menking und sprach von zwei bis drei Monaten. Sollte das Gutachten ergeben, dass das Dach nicht für maximal 50.000 Euro zu sanieren ist, so könne abgerissen und eine dem Original ähnelnde Rekonstruktion aufgebaut werden.

Für Bürgermeister Markus Baier ein illusorisches Vorhaben. Schließlich hätten zwei Gutachten bereits ergeben, dass die Sanierung weit über 50.000 Euro kosten würde, wie auch Fachbereichsleiter Karl Wessel bestätigte, der zudem vorrechnete, dass allein Gutachten, Absichern und Abzäunung mit rund 12.000 Euro für Verein und Automobilclub zu Buche schlügen.

Zwei Gutachter sehen Einsturzgefahr

Lasse Huxoll (SPD) fragte an, warum Alt Lemgo überhaupt die Gutachten in Frage stelle, zumal ja noch ein zweites in Auftrag gegeben worden war. Laut Thomas Menking erhoffe man sich vor allem Erkenntnisse darüber, ob neue Bauteile für die Sanierung nötig oder auch Absicherungen möglich seien. Überdies, so sein Einwand, würde ein Gutachter, der nicht von der Stadt beauftragt sei, den Sanierungsfall vielleicht doch noch anders bewerten. Ein Einwand, den Bürgermeister Baier verneinte, schließlich stehe jeder Gutachter mit seinem Namen für die Expertise. Auf den Einwand von Alt Lemgo, der neue Pächter des Campingplatzes könnte durchaus von einer öffentlich genutzten Anlage profitieren, reagierte Wolfgang Sieweke (BfL). So habe von den drei noch verbleibenden Bewerbern keiner Interesse an der Tankstelle bekundet. Zudem, so Bürgermeister Baier, sei in der Campingplatz-Ausschreibung die Tankstelle inkludiert, sie könne jetzt nicht einfach gesondert betrachtet werden.

Wolfgang Sieweke hatte ebenso wie Christian Steinmeier (CDU/Aufbruch C), Udo Golabeck ( eSL ) und Alexander Baer (SPD) keinen weiteren Beratungsbedarf. &bdquo;Auch das zweite Gutachten hält das Dach für einsturzgefährdet. Daran wird sich nichts ändern", so Baer . Barbara Schiek-Hübenthal (FDP) sprach sich hingegen dafür aus, den Antrag zu verschieben, zumal der Gemeinsame Betriebsausschuss vergangene Woche keine Dringlichkeit gesehen und den Beschluss verschoben habe. Dr. Burkhard Pohl (Grüne) beantragte, die Abstimmung auf den Rat kommenden Montag zu verschieben, was in namentlicher Abstimmung abgelehnt wurde. Namentlich deshalb, weil Carsten Steinmeier (CDU) angesichts der Gutachten auf die Haftungspflicht der einzelnen Ausschuss-Mitglieder hingewiesen hatte. &bdquo;Das Dach kann von jetzt auf gleich umkippen", stellte der Christdemokrat klar, &bdquo;wir können uns nicht wegducken und verschieben".

Eingangsbereich des Campingplatzes aufwerten

Im Anschluss wurde dann zügig die Vorlage abgestimmt, die bereits im Betriebsausschuss Thema war und dort verschoben wurde: Demnach wird das Dach der alten Tankstelle abgerissen und ein möglicher Wiederaufbau mit dem neuen Pächter des Campingplatzes abgesprochen. Dem stimmten alle Fraktionen bei Enthaltung von Grünen und einer BfL-Stimme zu. Ein Votum, das auf gespaltenes Echo stößt. Sven-Eric Bierhenke , der sich als erster für den Erhalt der Tankstelle eingesetzt hatte, zeigt sich auf Nachfrage enttäuscht. &bdquo;Ich wollte der Stadt ein Kleinod auch für die kommenden Generationen schenken. Das hat die Verwaltung so nicht erkannt", so Bierhenke , &bdquo;Das ist ein großer Verlust für die Stadt. Für die TH OWL, die sich dort auf eine Bildungsstätte gefreut hätte, für die Liebhaber historischer Automobile und auch für die vielen Bürger, die sich sehr emotional für den Erhalt der Tankstelle eingesetzt haben."

Versöhnliche Worte gibt es von Hans-Otto Pollmann, Vorsitzender Alt Lemgo. &bdquo;Sehr schade, aber natürlich akzeptieren wir die Entscheidung." Der Verein wolle sich jetzt gemeinsam mit Stadt und dem neuen Campingplatz-Pächter dafür einsetzen, den derzeit etwas &bdquo;unscheinbaren Eingangsbereich" aufzuwerten und dabei an die Tankstelle erinnern. Dabei könne durchaus auch das Tankstellen-Gebäude eingebunden werden, sollte es dann noch existieren.

Viele Meinungen

Die BP-Tankstelle am Regenstor wurde 1955/56 erbaut und war bis Mitte der 80er Jahre in Betrieb. Vor allem in den 70er Jahren wurde das Tankstellengebäude umgebaut, so dass der Original-Charakter nur noch in Teilen erhalten ist.

Im vergangenen Jahr stellte das Bauamt fest, dass das Schwingendach einsturzgefährdet sei. Zwei Gutachten wurden dafür in Auftrag gegeben.

Sven-Eric Bierhenke sprach sich als erster für den Erhalt der Tankstelle aus. Der passionierte Automobilfreund investierte in eigene Gutachten und wollte für die Sanierung 160.000 Euro investieren. Sein Plan: eine &bdquo;Wissens-Tankstelle" in Kooperation mit der TH OWL.

Das Denkmalamt vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hält die Anlage für nicht erhaltenswert im Sinne der Denkmalpflege. Es hätte zu viele bauliche Veränderungen gegeben.

Der Lippische Heimatbund widerspricht dem LWL. Die Anlage sei eine mustergültige BP-Typentankstelle der 60er Jahre und sei unbedingt erhaltenswert.

Alt Lemgo und der Automobilclub Lemgo kämpfen für die Tanke, verweisen auf die Historie und sehen sie als Ort für Gastronomie und Veranstaltungen. Sie wollen ein eigenes Gutachten.

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